Generaloberst-Beck-Kaserne

Generaloberst-Beck-Kaserne
Generaloberst-Beck-Kaserne
Sonthofen vom Mittag (Berg)

Die Generaloberst-Beck-Kaserne ist eine Kaserne der Bundeswehr in Sonthofen im Oberallgäu. Ursprünglich war das Bauwerk eine von zwölf in ganz Deutschland verteilten Adolf-Hitler-Schulen zur Ausbildung von nationalsozialistischen Parteikadern. Neben Krössinsee und Vogelsang in der Eifel war sie eine von drei NS-Ordensburgen während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Kaserne ist nach dem ehemaligen Chef des Generalstabs des Heeres und hingerichtetem Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, Generaloberst Ludwig Beck, benannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Modell der NS-Ordensburg Sonthofen (ca. 1934)
Innenhof (1939)
Bundesverteidigungsminister Theodor Blank (r.) und der bayrische Ministerpräsident Dr. Wilhelm Hoegner (m.) besuchen 1956 den ersten Offizierlehrgang der Bundeswehr in der soeben umbenannten Beck-Kaserne

Am 24. August 1934 besichtigte Robert Ley, der Leiter der Deutschen Arbeitsfront, den Bauplatz. Der Komplex wurde im Herbst 1934 als NSDAP-Ordensburg Sonthofen nach Plänen des Architekten Hermann Giesler von der Deutschen Arbeitsfront für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) errichtet und diente als Adolf-Hitler-Schule. Prominentester Schüler war der Schauspieler Hardy Krüger (1941 bis 1944). Kommandant der Ordensburg war von 1936 bis 1941 der Reichstagsabgeordnete Robert Bauer.

1937 wurde eine Adolf-Hitler-Schule (AHS) eingerichtet, eine Schule, die wie der Schüler Theo Sommer (August 1942 bis Mai 1945) berichtete, von einer Delegation der Eton Public School besichtigt wurde.[1] 1938 waren es 600, 1941 bereits 1500 Schüler.

Im letzten Kriegsjahr diente die Ordensburg auch als Krankenhaus (Lazarett).

Die Anlage liegt im Süden Sonthofens über dem Tal der Iller. Vom Turm an der Westseite bis zur östlichen Ecke des Hauptgebäudes ist der ganze Gebäudezug etwa 160 Meter lang. Die Länge der Seitenflügel beträgt etwa 85 Meter. Um im Sinne nationalsozialistischer Werbung zu wirken, wurde die Anlage mit gewaltigen Gebäuden und Ausdehnung geplant. In ihrem Glockenturm wurden für ein Glockenspiel 16 Glocken aus der Glockengießerei Franz Schilling in Apolda aufgehängt. Mit diesen Anleihen an eine christliche Kirche wollte der Nationalsozialismus seinen Anspruch als damals neue Religion des modernen Menschen herausstellen. In der NS-Zeit war die Schulungsburg zunächst für eine vorgesehene Nutzung von etwa 400 Personen geplant. Am 19. Oktober 1935 fand das erste Richtfest statt. Am 23. November 1937 besuchte Adolf Hitler die Ordensburg. Am 5. und 24. Mai sowie am 21. Juni 1944 hielt Heinrich Himmler Reden vor Offizieren des Chefs Heeresrüstungsamts und Befehlshabern des Ersatzheeres und Allgemeinen Heeresamtes, bei denen er sich offen über den Gesamtplan zur Judenvernichtung in Europa aussprach und gleichsam die Morde rechtfertigte.[2] Ebenso am 21. Juni 1944 hielt der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg eine politische Rede über das Thema Europa.[3]

Nach Kriegsende kam das westliche Allgäu zunächst unter französische Besatzung, deren Armeeführung die Burg übernahm. Ab Februar 1947 richteten die US-Streitkräfte dort die zentrale Schulungsstätte der Spezialeinheit US Constabulary ein.

1956 ging die Burg in den Besitz der neu gegründeten Bundeswehr über und wurde nach dem Widerstandskämpfer und ehemaligen Chef des Generalstabs des Heeres, Generaloberst Ludwig Beck, benannt. Unter anderem befand sich von 1964 bis 1972 die Heeresunteroffizierschule I (HUS I) in der Generaloberst-Beck-Kaserne.

Gegenwärtige Nutzung

Die Generaloberst-Beck-Kaserne, von den hier stationierten Soldaten und den Einheimischen schlicht die Burg genannt, diente bis Juli 2009 der Aus- und Fortbildung, etwa in der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr oder in der Sportschule der Bundeswehr, Außenstelle Sonthofen.

Die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr wurde Mitte 2009 an den Standort Hannover in die Emmich-Cambrai-Kaserne verlegt. Nach Überlegungen des Bundesverteidigungsministeriums, die Burg aufzugeben und für eine neue, zivile Nutzung zu veräußern, gab Staatssekretär Christian Schmidt am 18. April 2008 in einer Pressekonferenz bekannt, dass sie weiterhin von der Bundeswehr genutzt wird. Das Bundesverteidigungsministerium wird nach Abzug der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr (SFJg/StDstBw) die beiden anderen Kasernen (Grünten- und Jägerkaserne) im Stadtgebiet auflösen und deren 900 Soldaten in die Burg umquartieren. Der Bund plant, bis 2013 rund 100 Mio. Euro (Stand: 1. April 2009) in die Grundsanierung der Burg und die Anpassung des Kasernengeländes zu investieren.

Die Burg steht heute unter Ensembleschutz.

Gerüchte über weitreichende Tunnelsysteme unterhalb der Kaserne entsprechen nicht der Realität. Es existiert nur ein Tunnel zu einem heute leer stehenden Haus unterhalb der Kaserne. Außerdem existieren nicht fertiggestellte Versorgungstunnel und unterirdische Schießanlagen, welche aber keiner Nutzung unterliegen. Die Ordensburg nutzt eine der ersten Fernwärmeanlagen.

Statt tiefgründige Fundamente bis auf tragende Schichten auszuheben, entschied man sich bei der Errichtung einiger Gebäude, das Erdreich bis zu den tragfähigen Lagen abzutragen und mehrere Kellergeschosse zu errichten. Örtliche Hilfsorganisationen (Feuerwehr, THW und Katastrophenschutz) verwenden die heute nicht mehr genutzten Bereiche gelegentlich für Notfallübungen.

In Folge der 2010 beschlossenen grundlegenden Bundeswehrreform stellte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am 26. Oktober 2011 im Bundeskabinett das Stationierungskonzept 2011 vor, nachdem der Standort Sonthofen mit seinen derzeit 1120 Dienststellen (Stand: 26. Oktober 2011) auf 590 verkleinert wird.[4]

Literatur

  • Hartmut Happel: Die Allgäuer Ordensburg in Sonthofen. Eberl, Immenstadt 1996, ISBN 3-920269-01-2.
  • Franz Albert Heinen: NS-Ordensburgen - Vogelsang, Sonthofen, Krössinsee, Ch. Links Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86153-618-5.
  • Gerhard Klein: Die NS-Ordensburg Sonthofen 1934 bis 1945. In: Paul Ciupke, Franz-Josef Jelich (Hrsg.): Weltanschauliche Erziehung in Ordensburgen des Nationalsozialismus. Zur Geschichte und Zukunft der Ordensburg Vogelsang. Klartext, Essen 2006, ISBN 3-89861-713-0, S. 65–84 (Geschichte und Erwachsenenbildung. Bd. 20).

Weblinks

 Commons: Ordensburg Sonthofen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Setzen, Sechs! Schulgeschichten aus Deutschland (1/3). Verlorene Kindheit. Dokumentarfilm von Dora Heinze im Auftrag des SWR. Deutsche Erstausstrahlung am 8. Dezember 2005
  2. Vgl. Peter Longerich, Der ungeschriebene Befehl, München 2001, S. 188 ff. (Angegebene Quelle: Institut für Zeitgeschichte München, Mikrofilm MA 315, 3945 ff, 3961.) und Bradley F. Smith u.a (Hrsg.), Heinrich Himmler, Frankfurt a.M. 1974, S. 28, 193 und 276. (Angegebene Quelle: T-175, Roll 93, Frames 3984-3985.)
  3. Vgl. auch Alfred Rosenberg, Letzte Aufzeichnungen, Göttingen 1955, S. 224.
  4. Die Auswirkungen des Stationierungskonzeptes im Bundesland Bayern. Bundesministerium der Verteidigung, 26. Oktober 2011, abgerufen am 26. Oktober 2011.
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