Georg Gotthart

Georg Gotthart

Georg Gotthart (auch Gotthard; * 1552?; † 23. März 1619 in Solothurn) war Eisenkrämer und Dichter; er verfasste drei Spiele (vereinzelt sind auch die Schreibweisen Gotthard und Gotthardt anzutreffen, die Werke Gottharts sind aber alle mit «Georg Gotthart» überschrieben).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Georg Gotthart leistete 1571 den Bürgereid in Solothurn; für das in der älteren Fachliteratur noch genannte Geburtsjahr 1552 konnte bislang kein Beleg mehr beigebracht werden. Tätig war er als «Jsenkraemer» (Metallhändler) und verfasste, ohne über eine akademische Ausbildung oder Lateinkenntnisse zu verfügen, drei Spiele, die unter grossem Aufwand in Solothurn zur Aufführung kamen. Die Spiele sind als Drucke aus der Zeit erhalten. Georg Gotthart verstarb am 23. März 1619. Gottharts Sohn ist der Theologe Johann Wilhelm Gotthard (auch Johannes Wilhelm Gotthart; 1592–1649).

Die Germanistik des 19. Jahrhunderts (und darüber hinaus) hat die Spiele Gottharts meist abwertend zur Kenntnis genommen; so schrieb beispielsweise Jakob Baechtold in der Allgemeinen Deutschen Biographie: «Namentlich die zwei letzten Stücke, deren Aufführung zwei Tage erheischte, gehören zu den umfangreichsten der Zeit. Sie sind durchwegs ohne Handlung, langweilig, fad moralisierend (…).» (Baechtold 1879).

Solche Urteile werden der Leistung Gottharts und seinen Spieltexten nicht gerecht. Eine besondere Bedeutung der Spiele liegt darin, dass sie die letzten öffentlich aufgeführten grossen Bürgerspiele Solothurns waren; davor waren Spiele gehalten worden, die sich vorwiegend an geistlichen Themen orientierten (z. B. die Spiele von Hanns Wagner alias 'Ioannes Carpentarius'), nach Gotthart folgte die Zeit des Jesuiten- und Schuldramas.

Werke

  • Histori vom Kampff zwüschen den Roemeren vnd denen von Alba (Kampf der Römer), 1584 aufgeführt und in Bern gedruckt. Der Stoff ist einer Übersetzung von Titus Livius 1,23ff. entnommen.
  • Zerstoerung der grossen vnd vesten Koeniglichen Statt Troia oder Jlio (Troia), 1598 aufgeführt, 1599 in Freiburg gedruckt. Das Spiel behandelt das Geschehen der Ilias, als Grundlage diente die Übertragung der Werke von Dares Phrygius und Dictys Cretensis durch Marcus Tatius (Tatius Alpinus).
  • Laeben deß frommen vnnd Goettsfoerchtigen Tobiæ (Tobias), 1617 aufgeführt, 1619 in Augsburg gedruckt. Das Spiel behandelt den Stoff des Buches Tobit.

Literatur

  • Jakob BaechtoldGotthart, Georg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 485.
  • Petra Fochler: Fiktion als Historie. Der Trojanische Krieg in der deutschen Literatur des 16. Jahrhunderts. Diss. Würzburg 1989. Wiesbaden 1990 (=Wissensliteratur im Mittelalter. Schriften des SFB 226 Würzburg/Eichstätt, 4), S. 130–156.
  • Ralf Junghanns: «Gut und nutzlich» – Theaterspiel als Bürgererziehung. Georg Gottharts Troia von 1598/99. In: Zeitschrift für pädagogische Historiographie 1/2005, S. 65–71.
  • Ralf Junghanns: «Vil der Spylen» – Georg Gotthart († 1619) und die Solothurner Spieltradition. In: Jahrbuch für Solothurnische Geschichte, 81/2008, S. 119–130.
  • Jürgen Kühnel: Der «Trojaroman» auf dem Theater des 15. und 16. Jahrhunderts. Jacques Milet (1450/52), Hans Sachs (1554), Georg Gotthart (1599). In: Der Trojanische Krieg. Europäische Mythen von Liebe, Leidenschaft, Untergang und Tod im (Musik-)Theater. Vorträge und Gespräche des Salzburger Symposions 2000. Hg.: Csobádi, Peter; Gruber, Gernot; Kühnel, Jürgen; Müller, Ulrich; Panagl, Oswald; Spechtler, Franz Viktor. Anif/Salzburg 2002 (=Wort und Musik. Salzburger akademische Beiträge, 51), S. 162–185.
  • Hellmut Thomke: Georg Gotthart: Ein schön lustiges Spil oder Tragedi: Von Zerstörung der grossen und vesten Königlichen Statt Troia oder Ilio. Der Trojanische Krieg als Spiegel des menschlichen Lebens. In: Der Trojanische Krieg. Europäische Mythen von Liebe, Leidenschaft, Untergang und Tod im (Musik-)Theater. Vorträge und Gespräche des Salzburger Symposions 2000. Hg.: Csobádi, Peter; Gruber, Gernot; Kühnel, Jürgen; Müller, Ulrich; Panagl, Oswald; Spechtler, Franz Viktor. Anif/Salzburg 2002 (=Wort und Musik. Salzburger akademische Beiträge, 51), S. 186–194.

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