- Gerberträger
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Der Gerberträger ist ein über mehrere Stützen durchlaufender Träger (Gelenkträger) ähnlich einem Durchlaufträger. Auslegerbrücken sind nach diesem Prinzip gebaut.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Beschreibung
Eine Auslegerbrücke ist eine Brücke mit Auslegern auf beiden Seiten, auf denen ein dritter, mittlerer Trägerbalken liegt (das ist im oberen Foto der Brückenbogen). Die Ausleger sind Balken, die von beiden Seiten des Hindernisses, das mit der Brücke überwunden werden soll, in die Lücke hineinragen. Im einfachsten Fall könnten es zwei eingespannte Baumstämme sein. In dem Bild sind die Ausleger die über die mittleren Stützpfeiler hinausragenden Teile der Balken, die in der anderen Richtung zur nächsten Stütze weitergehen. So braucht der Balken nicht wirklich eingespannt zu werden, sondern er wird durch die Verlängerung und sein eigenes Gegengewicht nach hinten festgehalten. Die Ausleger für sich genommen heißen auch Kragarme.
Diese Art Träger für Brücken nennt man auch Gerberträger. Hierbei braucht man nicht so lange Balken wie bei einer durchgehenden Brücke. Man überwindet das Hindernis mit drei kurzen Balken statt mit einem langen. Würde man einen längeren Balken über die beiden mittleren Auflager legen, hätte man die Lücke zwar auch überbrückt, aber man hätte eine größere Spannweite, und das heißt, der Mittelbalken müsste viel stärker ausgebildet werden, falls man überhaupt einen so langen Balken zur Verfügung hat. Jedenfalls kann die Spannweite einer Auslegerbrücke - bei gleicher Balkendicke - erheblich größer sein als bei einer normalen Balkenbrücke.
Technische Beschreibung
Ein Gerberträger ist ein über mehrere Auflager durchlaufender Träger, der durch die Anordnung von Momentengelenken so unterteilt wird, dass er statisch bestimmt wird. Auf diese Weise ergeben sich Kragträger und dazwischen eingehängte Träger. Der Vorteil der statischen Bestimmtheit ist, dass das Bauwerk unempfindlich gegenüber Zwangbeanspruchungen, wie z. B. Setzungen oder Temperaturbeanspruchung, wird. Außerdem können die Schnittgrößen bei einem statisch bestimmten Tragsystem einfacher berechnet werden.
Die Gelenke werden zweckmäßigerweise dort angeordnet, wo die Momentenlinie im Lastfall Eigengewicht bei einem (gelenklosen) Durchlaufträger einen Nulldurchgang aufweist. Das Prinzip ist zum Beispiel bei Brücken anwendbar. Zwischen zwei Auslegern ist ein Zwischenstück gelenkig eingesetzt. Dadurch wird die Feldweite vergrößert und man braucht geringere Bauteillängen als bei einer durchlaufenden Brücke. Als Nachteile sind die aufwändige Ausbildung und Wartung der Gelenke bzw. Fugen sowie die größeren Verformungen und geringeren Tragreserven als beim statisch unbestimmten Durchlaufträger zu nennen. Daher findet der Gerberträger heute praktisch nur noch wenig Anwendung.
Die Durchlaufwirkung über den mittleren Auflagern verschiebt die Momentenlinie nach oben. Es entsteht ein geringeres Feldmoment als bei einer Reihe von Einfeldträgern. Damit kann der Querschnitt über den gesamten Träger besser ausgenutzt werden.
Gelegentlich findet man den Gerberträger heute noch bei Stahlkonstruktionen als Dachpfetten. Hier liegt der wesentliche Vorteil gegenüber einer durchlaufenden Pfette im Verzicht auf die relativ aufwendigen biegesteifen Trägerstöße. Das Gelenk muss nur Querkräfte übertragen und kann daher vergleichsweise kostengünstig mit genagelten (Rillennägel) Steglaschen ausgeführt werden.
Der Erfinder
Der Träger ist nach dem deutschen Ingenieur Heinrich Gottfried Gerber (1832–1912) benannt, der darauf 1866 ein Patent bekam. Fertigteilträger werden noch nach diesem System verarbeitet.
Beispiele
Gerber wendete diese Konstruktion erstmals 1864 beim Bau der Mainbrücke in Haßfurt mit einem 38 Meter langen Träger an. Ein weiteres Beispiel für eine Konstruktion mit einem Gerberträger als Auslegerbrücke ist die Forth Bridge in Schottland von 1890. Dieser Bau verhalf dem Prinzip des Gerberträgers zum weltweiten Durchbruch. Das „Blaue Wunder“ in Dresden basiert ebenfalls auf diesem Konstruktionsprinzip.
Siehe auch
Weblinks
Commons: Gerberträger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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