- Gortyn
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Gortys (altgr. Gortyn Γορτύν oder Gortyna Γορτύνα, neugr. auch Gortys Γόρτυς) war eine antike Stadt im zentralen Südkreta, etwa 40 Kilometer südlich von Iraklio bei Agii Deka in der Messara-Ebene.
Bekannt ist die Ausgrabungsstätte von Gortys für die „Große Inschrift“, den bislang ältesten aufgefundenen Gesetzescodex Europas.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die unterschiedlichen Gründungsmythen verweisen alle auf den legendären König Minos. Tatsächlich reichen Spuren erster Besiedlung bis zum Neolithikum; eine minoische Siedlung befand sich im südwestlichen Bereich der Fläche. In der von Homer überlieferten Ilias wird Gortyn im Zweiten Gesang, Zeile 646, erwähnt:
„Kretas Volke gebot Idomeneus, kundig der Lanze:
Alle, die Gnossos bewohnt, und die festummauerte Gortyn,
Lyktos auch, und Miletos, und rings die weiße Lykastos,
Phästos und Rhythios auch, die volkdurchwimmelten Städte,
Auch die sonst noch Kreta in hundert Städten bewohnet:
Diesen herrschte voran Idomeneus, kundig der Lanze,
Auch Meriones, gleich dem männermordenden Ares.“– Homer: Ilias, Übersetzung von Johann Heinrich Voß[1]
Zur Zeit der Dorischen Einwanderung wurde Gortys vor Phaistos die wichtigste Stadt der Messara – eine ummauerte Akropolis stammt aus dieser Phase. Seit dem 8. Jahrhundert dehnte sich die Stadt auf die Gebiete in der Ebene vor dem Hügel der Akropolis aus. In der archaischen Zeit befand sich der Stadtkern bereits dort mit einer Agora (Marktplatz) und einem Tempel des Apollon Pythios. Während der Blütezeit der Stadtstaaten in Klassik und Hellenismus gehört Gortys mit Knossos, Eleftherna, Kydonia und Lyktos zu den wichtigsten und mit 40.000 bis 80.000 Einwohnern bevölkerungsreichsten Städten der Insel.
Im 3. Jahrhundert v. Chr. dominierte die Stadt das südliche Zentralkreta uneingeschränkt. 189 v. Chr. fand Hannibal hier Asyl. Als sich Gortys im Konflikt mit Rom auf dessen Seite gegen Knossos engagierte, wurde es zur 69 v. Chr. Hauptstadt der römischen Provinz Creta et Cyrene, wofür beispielsweise das Prätorium, Amtssitz und Wohnhaus des prokonsularischen Statthalters, errichtet wurde.
Die Stadt war früh ein Zentrum der Christianisierung: 59 n. Chr. predigte hier der Apostel Paulus. 250 n. Chr. sollen in der Nähe die sogenannten Zehn Heiligen Bischöfe den Märtyrertod gefunden haben. Der Name der Stadt Agii Deka geht auf dieses Ereignis zurück. In einer mittelalterlichen Quelle wird Gortys bereits für das 2. Jahrhundert neben Knossos als Bischofssitz bezeichnet, erster Bischof soll der heilige Titus, ein Schüler des Apostels Paulus, gewesen sein.
Nach der Teilung des Römischen Reiches im Jahre 395 wurde Gortys Byzanz zugeschlagen und fristete in der Folgezeit eher ein Schattendasein. Es wurde ein Freibeuternest, denn von Kreta aus ließ es sich mehr oder weniger unbehelligt operieren. Gortys verfügte über mehrere frühbyzantinische Kirchen und blieb nach der Eroberung durch die aus Spanien geflohenen Araber unter Abu Hafs Omar (824 oder 828) von seinen Bewohnern verlassen noch eine Weile als einziger Bischofssitz Kretas in kirchlicher Hinsicht bedeutend. Erst 961 konnte der byzantinische Feldherr Nikephoros Phokas die Pirateninsel und damit Gortys zurückerobern.
Seit 1884 wurde die antike Stadt von italienischen Archäologen ausgegraben.
Bauwerke
- Titus-Basilika: Ruine einer frühchristlichen Basilika aus dem 6. Jahrhundert. Den Namen erhielt die Kirche aufgrund der örtlichen Überlieferung durch seine Ausgräber im 19. Jahrhundert. Da bei späteren Ausgrabungen im Ort Mitropolis eine weitere, ältere Kirche entdeckt wurde, gilt er inzwischen als fraglich.
- Odeion
- Gesetzescodex (die Große Inschrift von Gortyn): Eine umfangreiche, in einem dorischen Dialekt abwechselnd von links nach rechts und rechts nach links geschriebene, Inschrift aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., die sich an der Nordwand des Odeions befindet, gilt als ältester Gesetzescodex Europas. Erstaunlich liberal enthält er alle für das Gemeinleben wichtige Bestimmungen, wie z. B. ein Ehe- und Familienrecht.
- Prätorium
- Apollon-Tempel
- Theater
- Amphitheater
- Circus
Literatur
- Dr. Antonis Vasilakis: Gortyn, Vasilis Kouvidis - Vasilis Manouras Editions, Iraklio 2000, ISBN 960-86623-3-8
- Anselm C. Hagedorn: Between Moses and Plato, Individual and Society in Deuteronomy and Ancient Greek Law, FRLANT 204, Göttingen 2004, ISBN 352553888X
Einzelnachweise
Weblinks
- Seite des griechischen Kulturministeriums (englisch)
- Auswahl aus den Gesetzestexten (englisch)
- Die „Labyrinth“ genannte Höhle bei Gortys
35.06214124.946957Koordinaten: 35° 3′ 44″ N, 24° 56′ 49″ O
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