Alfred Schönenberg

Alfred Schönenberg

Alfred Schönenberg (* 1921; † 2006) war ein SS-Angehöriger im Dritten Reich. Im Jahr 2005 wurde er zusammen mit Gerhard Sommer und Ludwig Sonntag für seine Taten im Zweiten Weltkrieg zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem die Akten über ihre Taten über sechzig Jahre lang in Italien unter Verschluss gehalten worden waren.

Inhaltsverzeichnis

Zweiter Weltkrieg

Alfred Schönenberg war im Sommer 1944 Untersturmführer der 16. SS-Panzergrenadier-Division "Reichsführer SS". Am 12. August 1944 hatte sich die Front in die italienische Toskana verlagert, während an den meisten anderen Fronten die Deutschen auf dem Rückzug waren. Etwa 300 SS-Soldaten stiegen in das weit hoch gelegene Bergdorf Sant'Anna di Stazzema bei Lucca in der Toskana auf. Das kleine italienische Dorf hatte mehrere Hundert Einwohner, zusätzlich gewährten die Dorfbewohner Hunderten weiteren Menschen Unterschlupf, die vor dem Krieg geflohen waren. Die SS-Soldaten sollten Partisanen bekämpfen. Strafen wegen zu harten Vorgehens mussten sie nicht befürchten. Partisanen wurden nicht gefunden, trotzdem wurden die Bewohner des Dorfes, hauptsächlich alte Menschen, Frauen und Kinder, zusammengetrieben und getötet. Die wenigen Überlebenden schilderten, die Soldaten hätten das Dorf von drei Seiten umzingelt und mit Maschinengewehrsalven angegriffen. Die Häuser des Dorfes wurden mitsamt den Leichen verbrannt. Nach nur vier Stunden existierte das Dorf nicht mehr. Es sollte auch nie wieder aufgebaut werden; insgesamt 560 Menschen wurden damals erschlagen, erschossen oder verbrannt.[1]

Verurteilung

Akten

Über 60 Jahre blieben die Akten über Schönenbergs Taten im Keller des Militärtribunals in Rom versteckt, bis diese Mitte der 1990er Jahre zufällig in einem mit den Türen zur Wand gestellten Schrank gefunden wurden. Dieser Schrank der Schande, wie er fortan nur noch genannt wurde, beinhaltete 695 Akten, die einen neuen Einblick in begangene Gräueltaten boten. Der Grund für die Geheimhaltung war der Kalte Krieg gegen die Sowjetunion. Die Aufarbeitung deutscher Kriegsverbrechen sollte die Wiederbewaffnung und Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO nicht gefährden.[2] Auf Grundlage dieser Funde wurden den Angeklagten Schönenberg, Sommer, Sonntag und sieben weiteren Verbrechern im April 2004 vor dem Militärgericht von La Spezia (Italien) der Prozess gemacht.

Prozess

Der Prozess wegen der begangenen Verbrechen in Sant'Anna di Stazzema begann im April 2004 gegen zehn Angeklagte. In dem Prozess, in dem mehrere ehemalige SS-Leute vernommen wurden, stellte sich heraus, dass der als Haupttäter geltende Gerhard Sommer vor Ort das Sagen gehabt hatte. Die Verteidigung hatte argumentiert, dass der Tatbeitrag der Angeklagten unsicher und die Partisanenbekämpfung durch die Haager Landkriegsordnung gedeckt sei. Außerdem seien besondere Grausamkeiten nicht ersichtlich. Der Argumentation, dieses Kriegsverbrechen sei lediglich eine „womöglich eskalierte, aber legitime Partisanenbekämpfung“, wurde vom Staatsanwalt Marco De Paolis vehement widersprochen. Das Urteil des Militärgerichtes in La Spezia wurde nach einer über einjährigen Verhandlung am 22. Juni 2005 verkündet. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Untersturmführer Schönenberg, Sommer und Sonntag eine bedeutende Funktion bei dem Massaker vom 12. August 1944 hatten. Sie wurden, wie die anderen sieben Angeklagten auch, zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt. Keiner der Angeklagten war vor Gericht anwesend.

Deutscher Prozess

Seit 2002 ermittelt die Staatsanwaltschaft in Stuttgart ebenfalls gegen neun der in Italien verurteilten Personen, zu denen noch weitere fünf kommen, die nicht in La Spezia angeklagt waren. Vertreter der Opfer fordern eine Verurteilung der Täter auch in Deutschland, jedoch ist es hier noch nicht zu einer Anklageerhebung gekommen.

Siehe auch

Weblinks

TRIAL WATCH
Artikel zum Prozessauftakt

Nachweise

  1. http://www.taz.de/pt/2004/04/20/a0317.1/text
  2. http://www.wsws.org/de/2004/sep2004/ita1-s03.shtml

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