Hamburger Kessel

Hamburger Kessel

Der Hamburger Kessel war ein rechtswidriger Polizeieinsatz am 8. Juni 1986 in Hamburg, der viel in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Auf dem Heiligengeistfeld sammelte sich eine Demonstration, die von der Polizei eingekesselt wurde. Über 800 Personen wurden bis zu 13 Stunden lang innerhalb von Absperrketten der Polizei festgehalten.

Die verhinderte Demonstration war eine Reaktion auf das Verhalten der Polizei am Vortag, als ein Zug Hamburger Demonstrationsteilnehmer zum Kernkraftwerk Brokdorf im schleswig-holsteinischen Kleve angehalten wurde.

Die Einkesselung der Demonstranten begann kurz nach 12 Uhr mittags und endete erst lange nach Mitternacht, als die letzten Menschen abtransportiert und auf Polizeiwachen in ganz Hamburg verteilt waren. Während der Einkesselung wurde zum Beispiel den Eingeschlossenen bis 17 Uhr der Gang zur Toilette verwehrt. Im weiteren Verlauf des Tages kam es rund um das Heiligengeistfeld zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Sympathisanten der Eingekesselten und der Polizei. Laut Innensenator Rolf Lange waren die Eingeschlossenen „Gewalttäter“, „polizeibekannte Sympathisanten der RAF“, „Leute aus der Hafenstraße und sogenannte Autonome“. Nach anderen Darstellungen handelte es sich um einen völlig wahllos herausgegriffenen Querschnitt durch die politische Landschaft, überwiegend aus dem „gemäßigten Spektrum“. Der Polizeibericht nannte insgesamt 838 Ingewahrsamnahmen und 22 Festnahmen, allerdings nur 15 eingeleitete Ermittlungsverfahren, sieben davon wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Das Verwaltungsgericht Hamburg erklärte den Einsatz später für rechtswidrig und sprach den Eingekesselten 200 DM Schadensersatz pro Person zu, obwohl die Forderung der Anwälte nur 100 DM betragen hatte (Az.: VG 2442/86, 30. Oktober 1986). Die vier verantwortlichen Polizeiführer wurden vom Landgericht Hamburg wegen 861-facher Freiheitsberaubung verwarnt. Die Verurteilung zur Geldstrafe blieb vorbehalten (Az.: 830 Js 182/86, 23. Oktober 1991).

Der Hamburger Kessel war Auslöser zur Gründung des „Hamburger Signals“, einer Vereinigung Hamburger Polizisten, die sich öffentlich gegen diesen Polizeieinsatz aussprachen. Aus dem Hamburger Signal ging die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten hervor.

Siehe auch

  • Hagenmarkt: der „Braunschweiger Kessel“ 2005

Literatur

  • Joachim Blau, Klaus Dammann: Der Hamburger Kessel. In: Demokratie und Recht. 1986, S. 365-371
  • Joachim Blau: Zur verwaltungs- und zivilgerichtlichen Aufarbeitung des „Hamburger Kessels“. In: Demokratie und Recht. 1987, S. 332-333
  • Jochen Hofmann: Zur Frage der Rechtswidrigkeit polizeilicher Maßnahmen - „Hamburger Kessel“. In: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht. 1987, S. 769-771
  • Hans W. Alberts: Die Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit. In: Verwaltungsrundschau. 1987, S. 298-301
  • Hans W. Alberts: Nochmals - der „Hamburger Kessel“. In: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht. 1988, S. 224-225

Weblinks


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