Hans Bürger-Prinz

Hans Bürger-Prinz

Hans Bürger-Prinz (* 16. November 1897 in Weinheim; † 29. Januar 1976 in Hamburg) war ein deutscher Psychiater.

Inhaltsverzeichnis

Leben und beruflicher Werdegang

Hans Bürger-Prinz wurde als Hans Bürger in Weinheim in Baden geboren, später adoptiert, so kam es zu dem Doppelnamen. Einer seiner Vorfahren war der Dichter Gottfried August Bürger. Er besuchte das Gymnasium in der Kreuzgasse in Köln, machte aber erst nach dem Ersten Weltkrieg das Abitur. Während des Krieges wurde er Leutnant der Infanterie und erhielt das Eiserne Kreuz I. Klasse. Nach dem Abitur studierte er Medizin an den Universitäten Bonn sowie Köln und absolvierte 1924 in Köln das Staatsexamen. Er promovierte bei Kurt Schneider mit einem psychopathologischen Thema. In seiner Ausbildung zum Psychiater und Neurologen – seine Lehrer waren Aschaffenburg, Wilmanns, Kurt Schneider, Meyer-Gross, Babinski, Guillain u. a.– arbeitete er von 1925 bis 1929 als Assistenzarzt an den Kliniken in Heidelberg und zwischenzeitlich in Paris. 1930 habilitierte er sich in Köln bei Prof. Aschaffenburg, war dort Oberarzt, und ging 1931 nach Leipzig an die Universitätsnervenklinik, ebenfalls als Oberarzt. 1936 kam er nach Hamburg und wurde, zunächst kommissarisch, Leiter der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik des Universitäts-Krankenhauses in Eppendorf bis 1965. Seit 1937 war er Ordinarius für Psychiatrie und Neurologie und blieb es bis zur Emeritierung 1965, unterbrochen von 1945 – 1947.[1][2]

Als Forscher hat er die Entwicklung der Psychiatrie stark beeinflusst. Neben der Arbeit in der Psychiatrie förderte er in diesem Fachgebiet Forschungen in der Biochemie, Neuropathologie, Humangenetik und Neuropsychologie, vor allem auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie, die „ohne Bürger-Prinz schwerer die allgemeine Anerkennung gewonnen“ hätte. Ebenso nahm er starken Einfluss auf die Reformen des Sexualstrafrechts und auf die forensische Psychiatrie, der er „zu Maßstäben mit hoher Qualität verholfen“ hat.[1] Er war an der Errichtung einer Forschungsstelle für menschliche Erb- und Konstitutionsbiologie beteiligt und seit 1950 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung. - Bürger-Prinz beeindruckte seine Zuhörer in Vorlesungen und Vorträgen mit seinem Einfallsreichtum in freier Rede. In einem Nachruf hieß es: „Er war einer der letzten Großen unseres Faches …, weil seine Zeit es … noch erlaubt hat, … Kräfte und Ausstrahlungen von Persönlichkeiten wachsen zu lassen, die ihre Welt bereicherten.“[1]

Zeit des Nationalsozialismus

Bürger-Prinz trat 1933 in die NSDAP und die SA ein und war zudem Mitglied im NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund und im NS-Dozentenbund sowie Mitglied einer Kommission der Reichsstelle für deutsches Schrifttum. In seiner Funktion als ehrenamtlicher Richter am Erbgesundheitsgericht entschied er über die Zwangssterilisation von vermeintlichen Erbkranken. Ab Oktober 1940 saß er im Senat der Kolonialärztlichen Akademie der NSDAP. Nach Kriegsende wurde er bis 1947 von der britischen Besatzungsmacht suspendiert. Während seiner Abwesenheit wurde er hauptsächlich von Hans Büssow vertreten. In seiner Rolle als Leiter der Psychiatrischen Klinik blieb bisher einiges unklar: „Die Rolle der Klinik und ihres ärztlichen Leiters Bürger-Prinz bei "Euthanasie" und Zwangssterilisation ist bis heute noch nicht restlos geklärt. Seine eigenen Aussagen dazu nach dem Krieg sind bezweifelbar. … Zur Zeit werden die vorhandenen Unterlagen und Sterbeurkunden untersucht.“[3] Während des Zweiten Weltkrieges war er im Range eines Oberfeldarztes Beratender Militärpsychiater im Wehrkreis X in Hamburg.

Werke

  • Ein Psychiater berichtet. Hoffmann und Campe, Hamburg 1971, ISBN 3-455-00740-6 (Autobiographie).

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 
  • Hans J. Bochnik: Hans Bürger-Prinz 1897 – 1976. In: Hamburger Ärzteblatt März 1976.
  • Volkmar Sigusch: Geschichte der Sexualwissenschaft. Campus Frankfurt am Main/New York 2008, ISBN 978-3-593-38575-4.
  • Volkmar Sigusch und Günter Grau (Hg.): Personenlexikon der Sexualforschung. Campus, Frankfurt am Main/New York 2009, ISBN 978-3-593-39049-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Hans J. Bochnik: Hans Bürger-Prinz 1897 – 1976 in: Hamburger Ärzteblatt März 1976
  2. Hans Bürger-Prinz auf www.munzinger.de
  3. Geschichte der Klinik, ohne Datum: Darstellung des Wirkens von u.a. Bürger-Prinz am UKE

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