Hans Ehrenberg (Mineraloge)

Hans Ehrenberg (Mineraloge)

Hans Ehrenberg (* 16. Juni 1894 in Höntrop; † 2. April 1977 in Bad Godesberg), war ein deutscher Professor für Mineralogie und Lagerstättenlehre sowie Rektor der RWTH Aachen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Nach seinem Abitur im Jahr 1913 studierte Ehrenberg Bergbau und Mineralogie, absolvierte 1920 sein Bergreferendarexamen und promovierte im Jahr 1926. Vier Jahre später folgte er einem Ruf an die RWTH, wo er sich zunächst habilitierte und von 1930 bis zu seiner Entlassung 1945 als ordentlicher Professor den Lehrstuhl für Mineralogie und Lagerstättenlehre übernahm. Im Jahr 1939 wurde Ehrenberg zum Kriegsdienst eingezogen und er übertrug die Leitung des Instituts der bisherigen Privatdozentin Doris Schachner. Zwei Jahre später wurde er vom Kriegsdienst freigestellt und leitete nunmehr ab 1941 als Nachfolger von Alfred Buntru die RWTH auch als deren Rektor. Gleichzeitig ließ er die Forschung und Lehre am Institut für Mineralogie und Lagerstättenkunde mangels personeller und organisatorischer Möglichkeiten einstellen. Im Jahr 1958 wurde Ehrenberg offiziell emeritiert.

Sein Sohn Hans Ehrenberg, junior (13. September 1922 in Bonn – 19. November 2004 in Mainz), wurde ein anerkannter Professor der Physik und Direktor des Instituts für Kernphysik an der Universität Mainz, wo er zu den Vorbereitern der Einführung des Mainzer Mikrotron[1] zählte.

Ehrenbergs Rolle im nationalsozialistischen Staat

Die Wahl Hans Ehrenbergs senior als Rektor der Technischen Hochschule Aachen war eine logische Entwicklung einerseits seines konsequenten und überzeugten Eintritts bereits als Dozentenbundführer für den Nationalsozialismus sowie seiner Mitgliedschaft in der NSDAP und im Rang eines Hauptsturmführers der SS sowie andererseits auf Grund der immer zahlreicheren Ablösungen von bisherigen noch in der Weimarer Republik ernannten Hochschullehrern durch eine neue Generation von politisch geschulten und speziell ausgesuchten Kräften. Mit dieser Wahl übernahm er gleichzeitig auch die Aufgaben eines Abwehrbeauftragten und war dadurch unter anderem befugt, sämtliche Publikationen vor ihrer Veröffentlichung zu sichten. Auch achtete er bei der Auswahl neu einzustellender Dekane weitestgehend auf regimetreue Gesinnung. Ferner baute er die von Otto Gruber begründete geheime Organisation „Mittelstelle für Heimatschutz“ aus, die in Belgien und den Niederlanden die NS-Agitationen unterstützte. Mit dieser Gruppierung wollte er seine Polemik gegen den Friedensvertrag von Versailles verknüpfen und die Zuständigkeiten der Aachener Hochschule für die westlichen und mittlerweile besetzten dem deutschen Reich angeschlossenen Nachbarländer ausweiten.

Doch mit zunehmender Dauer des Zweiten Weltkrieges war Ehrenberg durch die ab 1943 immer heftiger werdenden alliierten Luftangriffe und später auch auf Grund des Anmarsches der Alliierten Truppen auf Aachen dazu gezwungen, den Lehrbetrieb immer wieder zu unterbrechen, sein Personal zu Brandschutz- und Reparaturmaßnahmen anzuhalten sowie letztendlich verschiedene Institute in weniger gefährdete Gebiete auszulagern. Nachdem die TH bereits zu fast 70 % zerstört worden war, erfolgte am 11. September 1944 auf Anordnung des Kreisleiters Rudolf Schmeer und des Reichsverteidigungskommissars Josef Grohé die endgültige Evakuierung nach Dillenburg. Mehrere Kollegen, wie beispielsweise Walter Rogowski, die sich diesen Anordnungen widersetzten und lieber ins benachbarte Belgien ausweichen wollten, ließ Ehrenberg noch vor ihrer Flucht verhaften.

In Dillenburg blieb Ehrenberg bis zum Einmarsch der amerikanischen Truppen ein regimetreuer und unverbesserlicher Rektor, floh aber schließlich am 23. März 1945 nach Wachenhausen bei Hannover. Vier Wochen nach Kriegsende tauchte Ehrenberg wieder in Dillenburg auf, bezeichnete sich als nicht mehr im Amt befindlich und bestätigte noch die Wahl seines Nachfolgers und Interimsrektors Gustav Plessow. Im Gegensatz zu Buntru, Gruber und anderen erhielt Ehrenberg keine Entlastungsschreiben für sein Entnazifizierungsverfahren und wurde auch von ehemaligen „Mitläufern“ für die Politisierung der Hochschule mitverantwortlich gemacht und spielte fortan als Wissenschaftler keine nennenswerte Rolle mehr.

Im Rahmen ihrer aktuellen Aufarbeitungen der Tätigkeiten ihrer Hochschulangehörigen während des Nationalsozialismus setzt sich das Historische Institut der RWTH Aachen in diesem Zusammenhang in mehreren Schriften auch intensiv mit dem Wirken von Hans Ehrenberg auseinander.

Werke (Auswahl)

  • Sedimentpetrographische Untersuchungen an Nebengesteinen der Aachener Steinkohlenvorkommen, - Berlin: Preußische Geologische Landesanstalt, 1928. - S. 33 – 58 : Ill.; in der Reihe: Jahrbuch der Preußischen Geologischen Landesanstalt zu Berlin; 49, Zugelassen: Aachen, Technische Hochschule, Dissertation, 1927

Literatur

  • Ulrich Kalkmann: Die Technische Hochschule Aachen im Dritten Reich (1933–1945). Verlag Mainz, Aachen 2003, ISBN 3-86130-181-4, (Aachener Studien zu Technik und Gesellschaft 4), (Zugleich: Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2003), S. 110 ff. und öfter, [1].
  • Burkhard Dietz, Helmut Gabel, Ulrich Tiedau (Hrsg.): Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919–1960). Waxmann-Verlag, Münster u. a. 2003, ISBN 3-8309-1144-0, (Studien zur Geschichte und Kultur Nordwesteuropas 6).

Einzelnachweise

  1. Geschichte des Instituts für Kernphysik

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