Hans Weiss

Hans Weiss
Hans Weiss

Hans Weiss (* 1950 in Hittisau, Vorarlberg) ist ein österreichischer Journalist, Sachbuchautor und Fotograf.

Weiss studierte Psychologie, Philosophie und Pädagogik an der Universität Innsbruck und promovierte dort 1976 zum Dr. phil.. Im Rahmen der Dissertation arbeitete er mehrere Monate als Pfleger im Landeskrankenhaus Rankweil in Vorarlberg. Sein in der Zeitschrift profil veröffentlichtes „Tagebuch eines Irrenwärters“ führte dazu, dass der Direktor der Anstalt gehen musste und die Anstalt von Grund auf reformiert wurde. 1978 schloss er am Wiener Institut für Höhere Studien eine Postgraduierten-Ausbildung in Medizinsoziologie ab. 1978/79 erhielt er ein Forschungsstipendium des British Council, mit Aufenthalten an den Universitäten Cambridge und London.

1980 arbeitete er als Pharmaberater für die Konzerne Sandoz und Bayer AG, um aus journalistischen Gründen Material über die Geschäftspraktiken der Pharma-Industrie zu sammeln. Auf Grundlage seiner Recherchen verfasste er Anfang der 1980er Jahre gemeinsam mit Kurt Langbein, Hans-Peter Martin und Roland Werner (alias Peter Sichrovsky) die Bücher Gesunde Geschäfte und Bittere Pillen, die seinerzeit großes Aufsehen erregten. Mit inzwischen mehr als 2,8 Millionen verkauften Exemplaren wurde das Buch Bittere Pillen einer der größten deutschsprachigen Bucherfolge. Hans Weiss ist seit 1998 allein verantwortlicher Autor der seither erschienenen Neuausgaben.

In seinen Sachbüchern befasst er sich vor allem mit den Themen Globalisierung (Schwarzbuch Markenfirmen), anrüchigen Geschäftspraktiken internationaler Konzerne (Asoziale Marktwirtschaft) und Medizin (Korrupte Medizin). So wie der deutsche Journalist Günter Wallraff schlüpft er bei seinen Recherchen auch in andere Rollen und spielte unter anderem Pharmavertreter, Pharma-Consultant, Export-Import-Händler, Arzt, Erbe eines reichen Vaters, Gefängnispsychologe, Patient. Seine Bücher wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt, mit einer Gesamtauflage von mehr als fünf Millionen. In seinen schriftstellerischen Arbeiten verbindet Hans Weiss persönliche Erfahrungen mit historischen Tatsachen, etwa im 2005 erschienenen Buch „Mein Vater, der Krieg und ich“.

Seine journalistischen Reportagen, Kommentare und Berichte für die Medien Stern, Spiegel, Die Zeit, profil, ORF und Standard – etwa über großzügige Naturalrabatte von Pharmakonzernen an Ärzte [1] oder über Altenpflege – verursachten immer wieder großes Aufsehen. Für die ORF-Fernsehdokumentation „Irre Welt – Psychiatrie 81“ erhielt er gemeinsam mit Kurt Langbein den Fernsehpreis der österreichischen Volksbildung. Während des Nationalrats-Wahlkampfs im Sommer 2006 veröffentlichte er in der Wiener Tageszeitung „Der Standard“ einen Leserbrief, der nach Ansicht politischer Beobachter wesentlich dazu beitrug, dass die herrschende Österreichische Volkspartei (ÖVP) die Wahl verlor: „Bundeskanzler Wolfgang Schüssel weiß persönlich vermutlich sehr genau, wovon er redet, wenn er sagt, dass man bei der Pflege alter Menschen nicht immer nach dem Staat rufen soll. Seine 94 Jahre alte Schwiegermutter war im vergangenen Jahr mehrere Monate lang pflegebedürftig. Und was lag da näher, als rund um die Uhr eine slowakische Pflegerin zu beschäftigen? Gut und freundlich war diese und billig außerdem (rund 2 Euro die Stunde). Nicht ganz legal vielleicht, aber, naja, Schwamm drüber.“ [2]

In der darauf folgenden öffentlichen Debatte vermittelte Hans Weiss dem österreichischen Magazin NEWS den Kontakt zu einer Pflegerin, die angeblich in der Familie Schüssel tätig gewesen war - in Wirklichkeit handelte es sich jedoch um eine Bekannte des Autors, der damit aufzeigen wollte, wie schlampig manche Medien recherchieren. Die Familie Schüssel musste zugeben, tatsächlich zwei illegale Pflegerinnen beschäftigt zu haben und erklärte treuherzig, nicht gewusst zu haben, dass dies illegal war. Ein von NEWS gegen Hans Weiss angestrengtes Strafverfahren wurde vom Gericht eingestellt, ein Zivilrechtsverfahren endete mit einem Vergleich, bei dem NEWS die gesamten Gerichtskosten übernahm. Kommentar in der „ZEIT“[3] und Interview im Magazin „Datum“.[4]

Sein 2010 erschienenes „Schwarzbuch Landwirtschaft“ war wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ publizierte eine Titelgeschichte und einen mehrteiligen Vorabdruck [5]. Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch erklärte auf einer Pressekonferenz, er werde Hans Weiss in Grund und Boden klagen – was jedoch nie geschah. Darüber hinaus behauptete er, der Autor sei ein verurteilter Krimineller und das Buch ein Auftragswerk der SPÖ. Grillitsch wurde von Hans Weiss wegen Verleumdung verklagt und musste im Dezember 2010 seine Behauptungen zurückziehen und sich öffentlich entschuldigen. Die heftige öffentliche Diskussion um den Inhalt des Buches führte zu einer parlamentarischen Enquete über Bauernprivilegien und fragwürdige landwirtschaftliche Subventionen an Großbauern, internationale Konzerne und Multimillionäre. Reformen wurden jedoch, so wie in Österreich üblich, auf die lange Bank geschoben und die Transparenzdatenbank über EU-Förderungen, die eine wichtige Recherchegrundlage für das Schwarzbuch Landwirtschaft darstellte, geschlossen.[6]

1994/95 absolvierte Hans Weiss eine Ausbildung am International Center of Photography in New York und 1997/98 an der Schule für künstlerische Fotografie bei Friedl Kubelka in Wien. Er erhielt mehrere journalistische Preise, unter anderem den „Bruno Kreisky-Anerkennungspreis für das politische Buch“ (2004).

Werke

Einzelnachweise

  1. http://derstandard.at/?url=/?id=2129371
  2. Der Standard, Leserbrief, 19. August 2006
  3. http://www.zeit.de/2007/03/Oe-Pflegenotstand
  4. http://www.datum.at/artikel/letzte-fragen-an-hans-weiss/
  5. http://www.zeit.de/2010/35/A-Kasten-Schwarzbuch
  6. http://www.farmsubsidy.org/news/features/black-book/

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Weiss (Familienname) — Weiss ist ein Familienname. Herkunft und Bedeutung Weiss ist ein Übername (Eigenschaftsname) zu mittelhochdeutsch weise oder mittelniederdeutsch we(i)se mit den Bedeutungen „Waise, Waisenkind“. Für weitere Bedeutungen siehe Weiß (Familienname).… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Peter Martin — (* 11. August 1957 in Bregenz) ist ein österreichischer Politiker und Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Inhaltsverzeichnis 1 Berufliche Laufbahn 2 Politische Laufbahn 2.1 Spesen im EU Parlament …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Peter Martin — (* 11. August 1957 in Bregenz) ist ein österreichischer Journalist, Sachbuchautor, Politiker und Abgeordneter des Europäischen Parlaments sowie Gründer der Partei Liste Dr. Martin. Inhaltsverzeichnis 1 Berufliche Laufbahn 2 Politische Laufbahn …   Deutsch Wikipedia

  • Hans — 1. Allna groade kummt Hans int Wams. (Osnabrück.) – Bücking, 91; für Altmark: Danneil, 69. Nach und nach bringt einer was vor sich, wird begüterter. – Hans ist eine von den vielen Formen, in denen der Name Johannes in Deutschland vorkommt. Man… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Hans Georg Weiss — (* 9. Oktober 1927 in Monschau; † 20. Oktober 2008 ebenda) war Schriftsetzermeister, Unternehmer und Politiker (CDU). Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Politik 3 Familie …   Deutsch Wikipedia

  • Häns'che Weiss — 1972 in Mainz Häns’che Weiss (* 1951 in Berlin) ist ein deutscher Jazzmusiker (Gitarrist), Komponist und Interpret von Zigeunerjazz in der Tradition von Django Reinhardt. Im Dezember 1969 holte Schnuckenack Reinhardt den hervorragenden… …   Deutsch Wikipedia

  • Häns’che Weiss — (* 1951 in Berlin) ist ein deutscher Jazzmusiker (Gitarrist), Komponist und Interpret von Zigeunerjazz in der Tradition von Django Reinhardt. Weiss lernte Grundzüge des Gitarrenspiels in der Familie. Im Dezember 1969 holte Schnuckenack Reinhardt… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Martin Weiss — (* 30. Juni 1957 in Sulzbach Rosenberg[1]) ist ein deutscher Theologe und seit 2004 Regionalbischof im evangelischen Kirchenkreis Regensburg. Während seiner Karriere war er durchweg in Bayern beschäftigt; 1983 promovierte er an der Universität… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Magnus Enzensberger — Warschau, 20. Mai 2006 Hans Magnus Enzensberger (* 11. November 1929 in Kaufbeuren) ist ein deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber, Übersetzer und Redakteur. Er publizierte einz …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Przibram — Hans Leo Przibram [ˈpʃɪbram] (* 7. Juli 1874 in Lainz bei Wien; † 20. Mai 1944 im KZ Theresienstadt) war ein österreichischer Zoologe und der Begründer der experimentellen Biologie in Österreich. Przibram gründete die erste Station für… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”