African National Congress

African National Congress
Flagge des African National Congress

Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) ist eine südafrikanische Partei. Sie ging 1923 aus dem am 8. Januar 1912 in Bloemfontein gegründeten South African Native National Congress (SANNC) hervor. Der ANC verstand und versteht sich als Interessenvertretung der schwarzen und farbigen Bevölkerungsgruppen Südafrikas. Im Kalten Krieg stand der ANC auf Seiten der realsozialistischen Staaten. Nach deren Zusammenbruch legte er diese Ausrichtung jedoch wieder ab. Der ANC ist heute Mitglied in der Sozialistischen Internationale, dem weltweiten Verbund sozialistischer und sozialdemokratischer Parteien.

Am 8. April 1960 wurde die Organisation verboten. In der Folge wurde der bewaffnete Arm des ANC, der den Namen Umkhonto We Sizwe („Speer der Nation“) trug, von Nelson Mandela, einem späteren Präsidenten Südafrikas, gegründet. Da er sich gegen das südafrikanische Apartheidregime wandte, wurden viele seiner Aktivisten verhaftet oder mussten ins Ausland flüchten. Das Verbot des ANC wurde 1990 wieder aufgehoben.

Seit dem 9. Mai 1994, dem Ende des Apartheid-Regimes, stellt der ANC die Regierung der Republik Südafrika.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des ANC

Repräsentanten des South African Native National Congress 1914 in England, wo sie eine Protestnote gegen das Landgesetz von 1913 einreichten

Bereits 1912, nur gerade zwei Jahre nach der Errichtung der Südafrikanischen Union, gründeten der Anwalt P. Seme, die Geistlichen J. L. Dube, W. Rubusana sowie der Autor Sol Plaatje den South African Native National Congress (SANNC). Obwohl von Männern aus der höheren Bildungsschicht gegründet, verstand sich der ANC durchaus nicht als elitäre Organisation. Er stand grundsätzlich allen offen, egal welcher Hautfarbe, und akzeptierte sowohl das Christentum als auch die englische Sprache. Der ANC verstand sich als schwarze Widerstandspartei, die volle Bürgerrechte für alle Südafrikaner forderte. Lange Zeit opponierte er friedfertig durch Boykotte und Streiks. So organisierte er in den 1920er-Jahren Streiks der Minenarbeiter, um die schlechten Arbeitsbedingungen der Schwarzen zu verbessern.

Der ANC wurde immer mehr zur Massenorganisation. Hunderttausende befolgten die Aufrufe zu Demonstrationen oder Streiks. Beispielsweise im Jahre 1946, zwei Jahre vor dem Beginn der Apartheid, streikten rund 70.000 schwarze Minenarbeiter. Insbesondere gegen die so genannten Passgesetze (Pass laws), wonach die städtischen Schwarzen jederzeit einen Pass mit sich tragen mussten, um sich als Arbeitnehmer ausweisen zu können, protestierte der ANC durch Demonstrationen und durch das Verbrennen der umstrittenen Pässe. Trotzdem standen keineswegs alle Nicht-Weißen, nicht einmal alle Schwarzen, hinter dem ANC. Etliche Schwarze sahen die Homeland-Politik der Regierung als Chance, den Rassismus endlich zu beenden und ihre Traditionen wieder zu leben.

In späteren Jahren sollten diese Meinungsverschiedenheiten insbesondere zwischen städtischen und ländlichen Schwarzen zu bewaffneten Auseinandersetzungen führen. So forderten Unruhen bei Pietermaritzburg zwischen 1987 und 1990 rund 4.000 Todesopfer. Bei diesem Konflikt handelte es sich um Streitigkeiten innerhalb der Zulu. Städtische Zulu vertraten andere Ansichten als die in der Inkatha Freedom Party vereinigten ländlichen Zulu. In den frühen 1990er-Jahren, also bereits nach dem offiziellen Ende der Apartheid, wendeten sich die Inkatha-Anhänger dann im Besonderen gegen die Xhosa. Zahlreiche Zulu und Xhosa verloren dabei ihr Leben.

Die Regierung versuchte, die Menschenrechtskämpfer des ANC immer wieder an ihrer Arbeit zu hindern, indem sie diese bannten. Gebannte waren eingeschränkt in ihrer Bewegungsfreiheit, sie durften ein genau definiertes Territorium nicht verlassen. Des Weiteren löste die Regierung häufig Treffen des ANC auf.

Abspaltung des Pan Africanist Congress (PAC) 1959 und Verbot 1960

Einigen Mitgliedern gingen die meist friedlichen Aktionen des ANC nicht weit genug. Sie gründeten 1959 eine weitere Widerstandsorganisation, den Pan Africanist Congress (PAC). Im Gegensatz zum ANC verwarf der PAC die offene Haltung gegenüber allen Rassen. Er positionierte sich als reine Schwarzen-Organisation und lehnte jegliche Zusammenarbeit mit den Weißen ab.

Eine vom PAC organisierte Demonstration im Township Sharpeville endete in einem von der Polizei angerichteten Blutbad. 69 Afrikaner fanden dabei den Tod. Dieses Ereignis löste nationale Unruhen aus, welche die südafrikanische Regierung mit Härte bekämpfte. Rund 20.000 Demonstranten wurden verhaftet. Am 8. April 1960 wurden sowohl der PAC wie auch der ANC auf der Grundlage des Unlawful Organizations Act (Act No. 34 / 1960) von der Südafrikanischen Regierung verboten.[1]

Militanter Widerstand 1961–1990

Porträt Nelson Mandelas auf einer sowjetischen Briefmarke des Jahres 1988

1961 gründete der ANC einen bewaffneten Flügel. Nelson Mandela selbst leitete diesen Flügel mit dem Namen Umkhonto We Sizwe, was übersetzt soviel wie Speer der Nation bedeutet. Umkhonto we Sizwe tat sich in den folgenden Jahren insbesondere durch Sabotageakte gegen die Infrastruktur (beispielsweise Stromversorgung und Telekommunikation), militärische Einrichtungen und Polizeistationen hervor. Der ANC wurde von der US-Regierung bis zum Juli 2008 als terroristische Organisation eingestuft.[2]

Der ANC operierte fortan aus dem Untergrund. Führende opponierende Politiker wie Nelson Mandela und Walter Sisulu wurden 1964 im sogenannten Rivonia-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht warf ihnen vor allem Beteiligung an Sabotageakten vor. Die ranghöchsten ANC-Mitglieder wurden nach dem Schuldspruch auf der Gefängnisinsel Robben Island inhaftiert.

1990 beendete der ANC die Strategie des bewaffneten Widerstands und nahm Verhandlungen mit der Apartheidsregierung auf. Nach den ersten demokratischen Wahlen 1994 wurde der militärische Flügel in die neu gegründete South African National Defence Force (SANDF) integriert und die Führung des neuen südafrikanischen Verteidigungsministeriums an zwei Umkhonto-we-Sizwe-Veteranen übertragen: Joe Modise als erster schwarzer südafrikanischer Verteidigungsminister und Ronnie Kasrils als stellvertretender Verteidigungsminister.

Neues Selbstbewusstsein

In den späten 1960er-Jahren entstand in Kirchen und Schulen, beeinflusst durch die Black-Power-Bewegung in den USA, die so genannte Black-Consciousness-Bewegung. Steve Biko gilt als Begründer dieser Bewegung. Hervorgerufen durch das neue Selbstbewusstsein der Schwarzen sahen sie die Kultur der Weißen nicht mehr als übermächtig, die zu kopieren sie versucht waren. Vielmehr verdammten sie die weiße Kultur nun; ihre eigenen Werte hingegen hoben sie heraus. Künstler wie Miriam Makeba engagierten sich für einen weltweiten Boykott des Apartheid-Regimes. Die Folgen des neuen Bewusstseins waren zum Teil heftige Studentenunruhen. Am 16. Juni 1976 boykottierten Schüler in Soweto den Unterricht. Dies stand im Zusammenhang mit der versuchten zwangsweisen Einführung der bei Schwarzen verhassten Sprache Afrikaans. Durch brutale Polizeieinsätze verloren in wenigen Tagen 160 bis 1000 Schwarze ihr Leben und viele Kinder und Jugendliche wurden inhaftiert. Weltbekannt ist das Foto des sterbenden 12-jährigen Hector Pieterson in den Armen eines Mitschülers. Danach nahm der bewaffnete Widerstand sprunghaft zu. Die in den nächsten zwei Jahren folgenden Unruhen verunsicherten das Land. Hunderte von Schwarzen wurden von der Polizei getötet. Die Studenten fanden Unterstützung bei Hunderttausenden von schwarzen Arbeitern. Für die südafrikanische Wirtschaft nahm dies verheerende Ausmaße an. Einige unbedeutendere Gesetze der Apartheid wurden gelockert, um dem Unmut der Schwarzen zu begegnen.

Eine besondere Form des politischen und kulturellen Selbstbewusstseins war die Heranbildung von Führungskräften des ANC an der Universität Fort Hare, die aus einer Schule der Lovedale Mission des 19. Jahrhunderts hervorging und bereits durch ihren zweiten Principal James Stewart und der Leiterin ihrer Frauenabteilung Jane Elizabeth Waterston eine überregional bedeutende Tradition für den Black-Consciousness-Gedanken besaß.

Mit der Zunahme der staatlichen Repressionsmaßnahmen auf der Grundlage des Internal Security Act von 1976 schuf der ANC in Tansania eine Bildungseinrichtung, die dadurch außerhalb des Einflussbereiches des südafrikanischen Apartheidssystems lag. Das Solomon Mahlangu Freedom College ermöglichte eine unabhängige Ausbildung für ANC-Mitglieder und weitere aktive Personen sowie deren Kinder mittels eines international zusammengesetzten Lehrkörpers. Das College existierte von 1978 bis 1992.

Abspaltung des Congress of the People (COPE) 2008

Im Verlauf des Jahres 2008 nahm die Kritik an der Führung des ANC zu. Korruptionsvorwürfe und die Art und Weise, wie der frühere Präsident Thabo Mbeki abdanken musste, werden als Gründe für die Abspaltung angeführt. Zur Zeit befinden sich im Führungsgremium NEC (National Executive Committee) von 80 Mitgliedern sieben vorbestrafte Mitglieder und gegen weitere sieben laufen Ermittlungen.[3] Unter Leitung des früheren Verteidigungsministers Mosioua Lekota hat sich in Johannesburg eine Gruppe gebildet, die eine neue Partei mit dem Namen Congress of the People (COPE) gründete.[4] Sie wurde bei den Parlamentswahlen 2009 drittstärkste Kraft und gewann 30 Sitze.

Bekannte Politiker sowie Mitglieder des ANC

Siehe auch

Weblinks

 Commons: African National Congress – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Anthony S. Mathews: Law, order and liberty in South Africa. Cape Town (Juta) 1971 S. 69
  2. http://lexikon.meyers.de/wissen/African+National+Congress+(Sachartikel)
  3. Adriaan Basson: Liste von NEC Mitgliedern mit Vorstrafen oder Korruptionsskandalen. Mail and Guardian Online Artikel Januar 2008
  4. Thomas Knemeyer: ANC-Rebellen-spalten-die-Regierungspartei. Welt Online Artikel November 2008

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