- Heinz Zatschek
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Heinz Zatschek (* 27. Juni 1901 in Wien[1]; † 23. Mai 1965 in Friedrichshafen) war ein österreichischer Historiker, Mediävist und Diplomatiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Zatschek studierte an der Universität Wien. Von 1924 bis 1928 arbeitete er in der Diplomata-Abteilung der Monumenta Germaniae Historica. Nach seiner Habilitation 1928 wurde er 1929 außerplanmäßiger Professor für historische Hilfswissenschaften an der Prager Karls-Universität, wo er bereits 1927/28 hilfsweise unterrichtet hatte. 1934 wurde er daselbst ordentlicher Professor.[1]
Am 24. April 1938 trat Zatschek in die Sudetendeutsche Partei ein, ein Jahr später folgte der Eintritt in die NSDAP. In der Folge bemühte sich der als „aufrichtiger Parteigenosse“ eingeschätzte Zatschek um eine völkisch ausgerichtete Geschichtsschreibung, um zum Beispiel den Anteil der Deutschen am Machtapparat der Přemysliden zu bestimmen oder den Nachweis zu erbringen, dass es im Mittelalter keinen tschechischen „Volksboden“ gegeben habe. Zwischen 1938 und 1942 wechselte Zatscheck mehrfach zwischen Wien und Prag hin und her, um schließlich in Prag wieder seinen Lehrstuhl einzunehmen und dort an der Reinhard-Heydrich-Stiftung mitzuarbeiten,[1] in der er zusammen mit Anton Ernstberger das Landesgeschichtliche Institut für Böhmen und Mähren leitete.[2]
Um den ideologischen Anforderungen im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter Reinhard Heydrich zu genügen, arbeitete Zatschek auch mit dezidierten „Rasseforschern“ wie Karl Valentin Müller zusammen, mit dem er 1941 die Studie Das biologische Schicksal der Přemysliden. Ein Beispiel für aufartende Wirkung deutscher Erblinien in fremdvölkischen Blutskreisen veröffentlichte.[1] Damit wurde er zu einem Hauptträger der rassistischen Zuspitzung der Kulturträgertheorie.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden in der Sowjetischen Besatzungszone Zatscheks Schriften England und das Reich (Rohrer, Brünn 1942) und Das Europäische Gleichgewicht (Kraus, Reichenberg 1943) sowie das von ihm zusammen mit Wilhelm Weizsäcker und Gustav Pirchan herausgegebene Das Sudetendeutschtum (Rohrer, Brünn/Prag/Leipzig/Wien 1939) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[3][4][5]
Zatschek kehrte nach Österreich zurück und wurde 1955 Dozent an seiner Alma Mater in Wien.[6]
Zatschek hielt noch lange in der Nachkriegszeit an seiner Weltanschauung fest. So zeigte er sich in einem Brief an Theodor Mayer im Jahr 1962 darüber erbost, dass das Collegium Carolinum gebürtige Tschechen einstellte und empörte sich über Ferdinand Seibt, weil dieser den „Hussitismus“ als „Kulturepoche“ bezeichnet und damit den „völkischen Standpunkt“ verraten habe.[7]
Von 1957 bis zu seinem Ableben 1965 war Zatschek Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien. Aus der Wiederaufbauzeit des Museums stammt ein Zitat Zatscheks, in dem er die Bedeutung der noch jungen Zweiten Republik Österreich besonders unterstrich:
„Wenn nun, nicht ohne Zögern, der Beschluss gefasst wurde, das Heeresmuseum wieder aufzubauen, dann gehörte dazu bei der Direktion wie bei den Stellen, die den Wiederaufbau finanzieren mussten, ein unerschütterlicher Glaube an die Zukunft Österreichs, sonst hätte der kleine, vorerst um alle Hilfsquellen gebrachte Staat diese Bauvorhaben nicht in Angriff nehmen dürfen.[8]“
– Heinz Zatschek
Schriften
- Ein deutsches Vorbild für die mährische Urkundenschrift, in: Zeitschrift für sudetendeutsche Geschichte 2 (1938), S. 176-182
- Versuche slawischer Staatsbildungen, in: Das Böhmen und Mähren-Buch, Volkskampf und Reichsraum, Prag, Amsterdam. Berlin, Wien: Volk und Reich, 1943, S. 140-145
- Wie das erste Reich der Deutschen entstand. Staatsführung, Reichsgut und Ostsiedlung im Zeitalter der Karolinger, in: Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 16 bei: Verlag der Deutschen Geschichte der Wissenschaft und Künste Prag 1940.
Literatur
- Karel Hruza: Heinz Zatschek (1901–1965) – „Radikales Ordnungsdenken“ und „gründliche, zielgesteuerte Forschungsarbeit“. In: Karel Hruza (Hrsg.): Österreichische Historiker 1900–1945. Lebensläufe und Karrieren in Österreich, Deutschland und der Tschechoslowakei in wissenschaftsgeschichtlichen Porträts. Wien 2008, S. 677–792.
- Karel Hruza: Heinz Zatschek (1901–1965). In: Ingo Haar, Michael Fahlbusch, Matthias Berg (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen – Institutionen – Forschungsprogramme – Stiftungen. München 2008, S. 783–786.
- Karel Hruza: Der deutsche Insignien- und Archivalienraub aus der Prager Universität 1945. Mit einem Briefwechsel zwischen dem Universitätsarchivar Heinz Zatschek und dem Präsidenten der Monumenta Germaniae Historica Theodor Mayer. in: Bohemia. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der böhmischen Länder 48 (2008), S. 349–411.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Ota Konrád: „Die Geisteswissenschaft an der Prager Universität (1938/39-1945)“, in: Karen Bayer, Frank Sparing, Wolfgang Woelk (Hrsg.): Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, S. 244ff.
- ↑ Andreas Wiedemann: „Die Reinhard-Heydrich-Stiftung als Beispiel nationalsozialistischer Wissenschaftspolitik im Protektorat“, in: Christiane Brenner, Erik K. Franzen, K. Erik Franzen, Peter Haslinger, Robert Luft (Hrsg.): Geschichtsschreibung zu den böhmischen Ländern im 20. Jahrhundert. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, S. 162.
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1947-nslit-x.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-x.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-s.html
- ↑ Robert Luft: Deutsche und Tschechen in den böhmischen Ländern. Traditionen und Wandlungen eines Teilgebiets der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft, in: Christiane Brenner, Erik K. Franzen, K. Erik Franzen, Peter Haslinger, Robert Luft (Hrsg.): Geschichtsschreibung zu den böhmischen Ländern im 20. Jahrhundert. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, S. 417.
- ↑ Pavel Kolář: „Eine Brutstätte der Volksgeschichte? Überlegungen zur Geschichte der Prager deutschen Historiographie 1918-1938 im Gesamtkontext der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft“, in: Christiane Brenner, Erik K. Franzen, K. Erik Franzen, Peter Haslinger, Robert Luft (Hrsg.): Geschichtsschreibung zu den böhmischen Ländern im 20. Jahrhundert. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, S. 135.
- ↑ Heeresgeschichtliches Museum (Hrsg.): 100 Jahre Heeresgeschichtliches Museum. Bekanntes und Unbekanntes zu seiner Geschichte (für den Text verantwortlich: Franz Kaindl), Wien 1991, S. 18.
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