Helen Ernst

Helen Ernst
Helen Ernst

Helen Ernst (* 10. März 1904 in Athen, Griechenland; † 26. März 1948 in Schwerin) war eine deutsche kommunistische bildende Künstlerin (Zeichnerin).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Helen (eigentlich Helene) Ernst war das uneheliche Kind des kaiserlichen Konsulatssekretärs Otto Ernst und dessen Hausangestellten Bernhardine Ebermann. Der Vater adoptierte die Tochter, verstieß aber die Mutter aus Standesgründen. Das Kind wuchs fortan ohne sie auf.

Nach dem Schulbesuch in Zürich, Stuttgart und Berlin begann sie 1921 ein Studium an den Berliner Kunstakademie und schloss es 1924 mit der Prüfung zur Zeichenlehrerin ab. Um 1926 nebenberufliches Studium an der Berliner Reimann-Schule in den Fächern Modezeichnen und Kostümentwurf.[1] Tätigkeit in Berlin als Zeichenlehrerin für Mode, Pressezeichnerin, Grafikerin sowie Kostüm- und Modeberaterin. 1928–30 intensive freiberufliche Mitwirkung in den Kostümwerkstätten der Schule Reimann unter Erna Schmidt-Caroll. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise und nach der Bekanntschaft ihrer verarmten Mutter erwachte Helens politisches Interesse. 1931 wurde sie Mitglied der KPD und der ASSO. Sie engagierte sich bei der Roten Hilfe und zeichnete viel für die Rote Fahne sowie für die Illustrierte Rote Post. Auf einer Reise in die Schweiz und nach Frankreich freundete sie sich mit dem Graphiker-Ehepaar Lea und Hans Grundig an. Sie zeichnete auch für kurze Zeit für die Zeitschrift Fontana Martina im Tessin. Sie lernte Hans Baluschek, Joachim Ringelnatz und Ernst Jünger kennen, ihr künstlerisches Vorbild wurde Käthe Kollwitz.

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde Helen Ernst als Kommunistin verhaftet und im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße in so genannte „Schutzhaft“ genommen. Ihr Besitz samt aller Zeichnungen wurde entweder beschlagnahmt oder zerstört. Im Juni 1933 wurde sie entlassen, nach der Beteiligung an einer Flugblattaktion denunziert, erneut inhaftiert und wenige Wochen später freigelassen. 1934 emigrierte sie in die Niederlande. Hier arbeitete sie als Zeichenlehrerin, engagierte sich aber weiterhin stark gegen die Nazis, unter anderem sogar durch heimliche Reisen nach Deutschland, zu Widerstandskämpfern der Gruppe um Karl Otto Paetel. Zusammen mit Eva Raedt-de Canter schrieb sie 1935 das Buch Vrouwengevangenis über ihre Erlebnisse in deutschen Gefängnissen. Sie wurde Mitglied der Künstlergruppe De Onafhankelijken und beteiligte sich in Amsterdam an einer Protestausstellung gegen die Olympischen Spiele 1936 in Berlin.

1938 wurde Helen Ernst die deutsche Staatsbürgerschaft wegen „Verstoß gegen die Belange des Deutschtums im Ausland“ aberkannt. Mit der Besetzung der Niederlande 1940 wurde sie verhaftet und nach Deutschland deportiert. Sie verbrachte über vier Jahre im Konzentrationslager Ravensbrück und später im Außenlager Barth, Mecklenburg, ehe sie am 1. Mai 1945 von Truppen der Roten Armee befreit wurde. In etlichen unter Lebensgefahr entstandenen Bleistiftzeichnungen hat sie die Jahre im Lager für die Nachwelt festgehalten.

Sie ging nach Schwerin und arbeitete dort beim Landesausschusses für die Opfer des Faschismus (OdF), dessen Leiter Paul Beckmann sie 1946 heiratete. Ehemalige Lagermithäftlinge bezichtigten Helen Ernst der Spitzeltätigkeit im Konzentrationslager, worauf ihr der OdF-Status samt Rente aberkannt wurde. Erst zwei Jahre später, kurz vor ihrem Tod, wurde sie von dem Vorwurf freigesprochen.

Helen Ernst starb an Tuberkulose als Spätfolge ihrer jahrelangen Lagerhaft. Sie wurde auf eigenen Wunsch in Groß Zicker auf der Insel Rügen beigesetzt. 2007 wurde eine kleine Straße in der Nähe des Berliner Ostbahnhofs nach ihr benannt.[2]

Literatur

  • Hans Hübner: Ein zerbrechliches Menschenskind – Helen Ernst (1904–1948). Biographie einer antifaschistischen Künstlerin zwischen Athen, Zürich, Berlin, Amsterdam, Ravensbrück und Schwerin. trafo, Berlin 2002.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Swantje Kuhfuss-Wickenheiser: Die Reimann-Schule in Berlin und London 1902–1943. Ein jüdisches Unternehmen zur Kunst- und Designausbildung internationaler Prägung bis zur Vernichtung durch das Hitlerregime, Aachen 2009, ISBN 978-3-86858-475-2, S. 128–130, 524 f.
  2. Helen-Ernst-Straße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)

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