- Helgoland-Sansibar-Vertrag
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Der Vertrag zwischen Deutschland und England über die Kolonien und Helgoland vom 1. Juli 1890 regelte die Beziehungen zwischen Gebiets- und Hoheitsansprüchen des Deutschen Reiches und Großbritanniens im kolonialisierten Afrika.
Inhaltsverzeichnis
Umgangssprachliche Bezeichnung
Aufgrund des ungenauen umgangssprachlichen Namens Helgoland-Sansibar-Vertrag wird oft fälschlicherweise ein Tausch von Sansibar gegen Helgoland angenommen. Diese Deutung geht auf den entlassenen Reichskanzler Otto von Bismarck zurück, der damit das umfangreiche Vertragswerk seines Nachfolgers, Graf Leo von Caprivi, abwerten wollte. Caprivi war auf einen Ausgleich mit Großbritannien aus.
Deutschland verzichtete in dem am 1. Juli 1890 geschlossenen Vertrag jedoch lediglich auf Gebietsansprüche, die es nach der Kongokonferenz wegen des Effektivitätsprinzips ohnehin nicht hätte stellen können, da die Briten längst vor den Deutschen auf Sansibar Fuß gefasst hatten.
So gesehen kann von einem Tausch oder Verlust Sansibars nicht die Rede sein.
Bedeutung Helgolands
Das deutsche Interesse an Helgoland bezog sich vor allem auf die damaligen Pläne zum Ausbau der deutschen Seemacht. Helgoland galt als strategisch bedeutsam für eine mögliche Kontrolle der Mündungen von Weser und Elbe sowie des 1887 begonnenen Kaiser-Wilhelm-Kanals. Wilhelm II. persönlich äußerte Interesse an einem Erwerb Helgolands, um sein politisches Lieblingskind Flottenbau strategisch zu sichern.
In Großbritannien hingegen sah man den militärischen Wert als gering an, da die Deutschen (bzw. die damals noch feindlichen Franzosen) in viel kürzerer Zeit die Insel hätten besetzen können als es möglich gewesen wäre, eine Hilfsflotte vor Ort zu bringen. Eine Sicherung wäre nur durch äußerst aufwendige Befestigungen machbar gewesen.
Inhalt des Vertrages
- Art. I: Begrenzung der deutschen Interessensphäre auf das Gebiet des späteren Deutsch-Ostafrika.
- Art. II: Übertragung der Schutzherrschaft über Witu von Deutschland auf Großbritannien. Verzicht auf deutsche Ansprüche nördlich davon.
- Art. III: Begrenzung der deutschen Interessensphäre in Südwestafrika. Zugang zum Sambesi über den Caprivi-Zipfel.
- Art. IV: Grenzfestlegung zwischen Togo und Goldküste, Kamerun und Nigeria.
- Art. V: Freier Handel und Verkehr im Tschadsee-Gebiet.
- Art. VI: Vorbehalt künftiger Grenzberichtigungen.
- Art. VII: Definition der Interessensphären.
- Art. VIII: Vorbehalt des Freihandels gemäß der Generalakte der Berliner Konferenz von 1885.
- Art. IX: Gegenseitige Anerkennung von Rechten von Privatpersonen und Gesellschaften.
- Art. X: Freiheit der Mission.
- Art. XI: Großbritannien verpflichtet sich, beim Sultan von Sansibar auf die Abtretung der von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft gepachteten festländischen Küste Deutsch-Ostafrikas zu dringen: „Deutschland verpflichtet sich, die Schutzherrschaft Großbritanniens anzuerkennen über die verbleibenden Besitzungen des Sultans von Sansibar mit Einschluss der Inseln Sansibar und Pemba sowie über die Besitzungen des Sultans von Witu und das benachbarte Gebiet bis Kismayu, von wo die deutsche Schutzherrschaft zurückgezogen wird.“
- Art. XII: Abtretung Helgolands an Deutschland.
Literatur
- A. Birken: Der Helgoland-Sansibar-Vertrag von 1890, in: Intern. Handb. f. Geschichts- u. Geographie-Unterricht, Bd. XV, S. 194 ff., Braunschweig 1974.
Siehe auch
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