Freihandel

Freihandel

Als Freihandel bezeichnet man einen internationalen Handel, der nicht durch Handelshemmnisse wie Zölle oder Import-Kontingente eingeschränkt ist. Die Idee des Freihandels basiert auf dem klassischen Wirtschaftsliberalismus. Eine daraufhin ausgerichtete Wirtschaftspolitik bezeichnet man als Freihandelspolitik, eine dem Freihandel entgegengesetzte Politik als Protektionismus. Da Freihandel allein den internationalen Handel (Außenhandel) zwischen souveränen Staaten betrifft, bezeichnet man den freien Handel (Verkehr) mit Waren, Kapital u. a. innerhalb von Bundesstaaten u. Ä., die verfassungsmäßig einen Binnenmarkt haben (z. B. USA, EU, Deutschland u. a.) nicht als „Freihandel“, sondern als „Binnenhandel“.

Inhaltsverzeichnis

Theoretische Begründung

Hauptartikel: Außenhandelstheorie

Die meisten Außenhandelstheorien kommen zu dem Ergebnis, dass Freihandel der Wohlfahrt eines Landes mehr dient als Protektionismus. Zu den Vorteilen des Freihandels gehören beispielsweise eine erhöhte Effizienz (Zölle führen zu Produktions- und Konsumverzerrungen und somit zu Wohlfahrtsverlusten), ein schnelleres Erreichen von optimalen Betriebsgrößen durch internationalen Wettbewerb und durch den Wettbewerb beschleunigte Innovationen.

Freihandel und Wohlstand

Freihandel und Wohlstand in Entwicklungsländern
Stets geöffnete Länder BIP in US-Dollar (2006) Stets geschlossene Länder BIP in US-Dollar (2006)
Barbados 17.610 Algerien 7.189
Zypern 21.177 Angola 2.813
Hongkong 33.479 Bangladesch 2.011
Mauritius 12.895 Burkina Faso 1.285
Singapur 28.368 Burundi 700
Thailand 8.368 Zentralafrikanische Republik 1.128
Jemen 751 Tschad 1.519
China 2.001
Republik Kongo 1.369
Elfenbeinküste 1.600
Dominikanische Republik 7.627
Ägypten 4.317
Äthiopien 823
Gabun 7.055
Haiti 1.791
Iran 7.980
Irak 2.900
Madagaskar 900
Malawi 596
Mauretanien 2.535
Myanmar 1.379
Niger 872
Nigeria 1.188
Pakistan 2.653
Papua Neuguinea 2.418
Ruanda 1.380
Senegal 1.759
Sierra Leone 903
Somalia 600
Syrien 3.847
Tansania 723
Togo 1.675
Zaire 774
Simbabwe 2.607

In einer vielzitierten Studie (1995) teilten Jeffrey Sachs und Andrew Warner die Entwicklungsländer in drei Kategorien ein: Länder, die in ihrer Geschichte stets zum Freihandel tendierten; Länder, die in ihrer Geschichte vom Protektionismus zum Freihandel wechselten; und Länder, die in ihrer Geschichte stets stark protektionistisch agierten.[1] 2006 betrug das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt der ersten Kategorie 17.521; das der dritten 2.362 US-Dollar. Freihandelnde Entwicklungs- und Industrieländer hatten im Zeitraum 1970-1990 sehr hohe Wachstumsraten. Insbesondere die Länder mit anfangs relativ niedrigem pro-Kopf-BIP wuchsen schnell (häufig über 5 %). Die protektionistischen Länder wuchsen durchschnittlich nur 0,5 % pro Jahr. Insbesondere armen Ländern schadet der Protektionismus.[2]

Asiatische Entwicklungsländer wuchsen in den 1970er und 1980er Jahren deutlich schneller als lateinamerikanische. Viele Ökonomen (z.B. Anne Krueger oder Béla Balassa) führten dies zu einem großen Anteil auf Unterschiede in der Handelspolitik zurück. Eine Studie (1992) von 95 Least Developed Countries bestätigte die Auffassung, dass Freihandel das Wachstum beschleunigt.[3]

Francisco Rodriguez und Dani Rodrik kritisierten an einigen Studien, die einen positiven Zusammenhang zwischen Freihandel und Wachstum fanden, dass die Indikatoren der Handelspolitik häufig falsch gewählt wurden oder mit anderen Ursachen schwachen Wachstums stark korrelierten.[4]

Geschichte

Da es in alten Zeiten um die Möglichkeiten der Steuererhebung schlecht bestellt war, musste man sich auf die wenigen vorhandenen konzentrieren. Folglich war der Obrigkeit der an jeder Brücke, an jedem Stadttor und Pass leicht erhebbare Zoll meist die wichtigste staatliche Einnahmequelle. Die Konsequenz war stark eingeschränkter Handel.

18. Jahrhundert

Mit dem Aufkommen des Merkantilismus im 18. Jahrhundert bekam der Protektionismus einen theoretischen Unterbau.

Freihandelsperiode

Auslöser der Freihandelsperiode war der 1860 zwischen England und Frankreich geschlossene Cobden-Chevalier-Vertrag. Dieser sah in seinem Artikel V die Meistbegünstigung zwischen den Vertragsparteien vor. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Vertragsparteien suchten immer mehr Staaten präferentiellen Zugang insbesondere am französischen Markt. Das Resultat war ein Netzwerk an Freihandelsverträgen, die alle auf dem Prinzip der Meistbegünstigung aufbauten. Bis auf Russland und den USA beteiligten sich alle zu der Zeit wirtschaftlich relevanten Staaten an diesem Netzwerk. Das Freihandelsnetzwerk kam zwar ab 1878 durch billige Getreideimporte aus Russland und den USA unter Druck, was auch zu vereinzelten Handelskriegen führte, jedoch erst mit dem Ausbrechen des Ersten Weltkriegs, und damit nicht primär aus wirtschaftlichen Gründen zu Fall.

Zwischenkriegszeit

Die Einführung neuer, zusätzlicher Grenzen in ehemals österreichischen, osmanischen und russischen Gebieten brachte dort auch etablierte wirtschaftliche Verflechtungen zum Erliegen.

In dem Maße, in dem die Zwischenkriegszeit durch gegenseitiges Misstrauen geprägt war, wurde auch der internationale Handel eingeschränkt. Die USA praktizierten eine allgemeine Isolationspolitik. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 (Schwarzer Freitag) schöpfte, als sie einmal ausgebrochen war, einen Teil ihrer Dynamik daraus, dass die Länder, angestachelt vom wirtschaftlichen Kollaps, ihre Grenzen für ausländische Produkte schlossen, und so mit dem Zerschlagen des zwischenstaatlichen Handels auch die Wirtschaft abermals unter Druck setzten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Krieg wurde wieder stärker auf eine offene Außenhandelspolitik gesetzt. Erschüttert wurde dies zwischenzeitlich durch den Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und die Ölkrisen. Es entstanden Freihandelszonen wie EG, EFTA und ASEAN. Die Bemühungen um einen erweiterten Freihandel erhielten mit der Gründung der internationalen Welthandelsorganisation WTO eine internationale Organisation, die durch ein multilaterales Vertragswerk, das das GATT fortentwickelte und eine fortschreitende Liberalisierung des Welthandels erreichen soll.

Globalisierung

Die vollständige Liberalisierung des Welthandels würde nach einer Studie der Weltbank (2005) bis zum Jahr 2015 jährlich 250 Mrd. Euro an zusätzlichen Einkommen realisieren. Die fortschreitende Freihandelspolitik war eine Grundlage der Globalisierung, deren Auswirkungen kontrovers diskutiert werden. Globalisierungskritiker sehen die Gefahr von Ausbeutung und Zementierung bestehender Gefälle sowie die Untergrabung der Wirtschaftspolitik der Nationalstaaten. Ökonomen wie Jagdish Bhagwati weisen jedoch darauf hin, dass beispielsweise in Indien und China die Armut zwischen 1980 und 2000, zwei Jahrzehnten beschleunigter Integration in die Weltwirtschaft, dramatisch zurückgegangen sei.[5]

Politik der EU und USA

Kritiker werfen der EU und USA vor, Freihandel zu propagieren, aber häufig eine protektionistische Außenhandelspolitik zu verfolgen. Als Beweis werden folgende Beispiele angeführt:

  • Im Textilstreit 2005 zwischen der Volksrepublik China auf der einen Seite und der EU und den USA auf der anderen Seite drängten die EU und die USA die Volksrepublik China dazu, Ausfuhrbeschränkungen (engl. export quotas) in China für Textilien aus China als Ersatz für Einfuhrbeschränkungen in der EU (und den USA) für ebendiese Textilien aus China einzuführen. Dies geschah bereits wenige Monate, nachdem Einfuhrkontingente (engl. import quotas) für solche Textilien aus China zum Anfang des Jahres 2005 aufgehoben wurden.
  • Staaten der Dritten Welt befürworten teils einen Freihandel für Agrarprodukte. Die EU und die USA befürworten offiziell einen allgemeinen Freihandel, da sie ihrerseits über komparative Kostenvorteile bei kapitalintensiven Gütern verfügen. Jedoch erhalten Bauern in den USA und in der EU Agrarsubventionen, die dazu führen, dass trotz der höheren Produktionskosten für Agrarprodukte in den Industrieländern gegenüber jenen in Entwicklungsländern die Marktpreise der Ersteren geringer sind als jene der Letzteren. Dies hat unter anderem zur Folge, dass die Marktchancen für Agrarprodukte aus den Entwicklungsländern deutlich geringer sind, als sie bei allgemeinem Freihandel ohne Subventionen wären. Ferner gibt es in der EU Einfuhrkontingente für Agrarprodukte. Entwicklungsländer werden laut Kritikern unter Androhung der Aussetzung von Entwicklungshilfe und der Kündigung von Krediten dazu bewegt, ihrerseits alle Importzölle und -quoten abzubauen und sonstige Subventionierung ihrer Bauern zu unterlassen. Das führt in Entwicklungsländern nicht nur dazu, dass diese keinerlei Möglichkeit haben, entsprechend ihrer komparativen Vorteile Agrarprodukte zu exportieren, sondern auch zu einer Vernichtung der inländischen Landwirtschaft durch Importe der Überschussproduktionen aus der Europäischen Union und den USA. Die Subventionierung der Landwirtschaft verhindert erstens in Industrieländern den Strukturwandel und zweitens eine soziale Konvergenz der Entwicklungsländer.

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Belege

  1. J. Sachs, A. Warner: Economic Reform and the Process of Global Integration. In: Brookings Papers on Economic Activity. Nr. 1, (1995), S. 1-118.
  2. William Bernstein: A Splendid Exchange: How trade shaped the world. Atlantic Books, London 2008, ISBN 978-1-8435-4803-4, S. 373 f.
  3. David Dollar: Outward-oriented Developing Economics Really Do Grow More Rapidly: Evidence from 95 LDCs, 1976-1985. In: Economic Development and Cultural Change. Vol. 40, Nr. 3 (1992), S. 523-544.
  4. Francisco Rodriguez, Dani Rodrik: Trade Policy and Economic Growth: A Skeptic's Guide to the Cross-National Evidende. In: NBER Macroeconomics Annual. Vol. 15 (2000), S. 261-325.
  5. Jagdish Bhagwati, T. N. Srinivasan: Trade and Poverty in the Poor Countries.

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