Herbert Widmayer

Herbert Widmayer

Herbert Widmayer (* 17. November 1913 in Kiel; † 31. Juli 1998 in Frechen) war ein deutscher Fußballspieler und –trainer. Er gewann als Trainer mit dem 1. FC Nürnberg im Jahre 1961 die Deutsche Meisterschaft und 1962 den DFB-Pokal.

Inhaltsverzeichnis

Spielerlaufbahn

Herbert Widmayer begann seine Fußballlaufbahn beim KSV Holstein in Kiel. Zuletzt spielte er vor dem Krieg für Eintracht Braunschweig. Seine Karriere endete, als er als Luftwaffenpilot über dem Atlantik abgeschossen wurde.

Meisterschaft und Pokal mit dem 1. FC Nürnberg

Der im ersten Trainer-Lehrgang 1948 unter Bundestrainer Sepp Herberger ausgebildete Fußball-Lehrer kam über mehrere Vereins- und Verbandsstationen im Sommer 1960 zum damaligen Rekordmeister 1. FC Nürnberg in die Noris. Die letzte Meisterschaft der Franken datierte aber bereits aus dem Jahre 1948, der ersten nach dem Zweiten Weltkrieg ausgetragenen Endrunde, und wurde noch mit den Namen Schaffer, Kennemann, Gebhardt und Pöschl in Verbindung gebracht, also mit Spielern, die schon längst ihre Karriere beendet hatten. Lediglich Max Morlock, der Weltmeister von 1954, war noch ein Aktiver der Meisterelf von 1948, mit dem der neue Trainer planen konnte.

Auf Anhieb gelang der Gewinn der Süddeutschen Meisterschaft in der Oberliga Süd. Das von ihm gegenüber seinem Vorgänger Franz „Bimbo“ Binder neu beim „Club“ eingeführte Intervalltraining in der Laufschule fruchtete schnell und führte die Mannschaft zusammen mit dem vorhandenen spielerischen Können nebst der harmonierenden Kameradschaft in die Endrunde 1961. Darin setzte sich das Team gegen Werder Bremen, 1. FC Köln und Hertha BSC durch und zog in das Endspiel am 24. Juni 1961 in Hannover gegen Borussia Dortmund ein. Das Finale wurde mit 3:0 gegen die von Trainer Max Merkel betreuten Dortmunder gewonnen. Das Besondere an dieser Meistermannschaft – sie errang für Nürnberg den achten Meistertitel – war die komplette Zusammensetzung aus Spielern der Club-Jugend (Morlock, Reisch, Wenauer, Flachenecker, Haseneder) und der näheren fränkischen Heimat (Wabra, Derbfuß, Hilpert, Zenger, Strehl, Müller). Nach der Meisterrunde wurde Max Morlock zum „Fußballer des Jahres“ und das Team zur „Mannschaft des Jahres“ gewählt. Die Spieler Stefan Reisch, Heinz Strehl und Ferdinand Wenauer kamen zu Einsätzen in der Nationalmannschaft. In der darauf folgenden Saison 61/62 verlor man zwar das Finale um die Deutsche Meisterschaft am 12. Mai 1962 in Berlin mit 0:4 gegen den 1. FC Köln, konnte aber den DFB-Pokal im Endspiel am 29. August in Hannover mit 2:1 n.V. gegen Fortuna Düsseldorf für sich entscheiden.

Bedingt durch die zwei Titelgewinne spielte Herbert Widmayer in den Runden 1961/62 und 1962/63 mit dem 1. FC Nürnberg dann auch im Europacup. Dabei ragte im Cup der Meister die Auseinandersetzung im Februar 1962 gegen Benfica Lissabon heraus. Auf schneebedecktem Boden konnte man am 1. Februar einen 3:1-Heimerfolg verbuchen. Im Rückspiel im Estádio da Luz am 22. Februar war man aber chancenlos: die Mannen um Eusebio gewannen nach überlegen geführtem Spiel mit 6:0 und wurden anschließend auch Europapokalsieger.

Dass ausgerechnet der erfolgreiche Trainer des 1. FC Nürnberg die Liste der „entlassenen Bundesliga-Trainer“ anführen sollte, war nicht vorhersehbar. Tatsächlich wurde Herbert Widmayer am 30. Oktober 1963 als erster Trainer der neuen Fußball-Bundesliga in Nürnberg nach der 0:5-Heimniederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern bereits nach dem neunten Spieltag entlassen. Dass die Kündigung nicht unumstritten war, gibt die Stellungnahme von Nürnbergs Fußball-Legende und Ehrenspielführer Max Morlock wieder: „Das hat er nicht verdient. Nach drei Jahren der Erfolge schickt man einen Mann so nicht weg.“ Spätestens nach dem Abstieg 1969 in die Regionalliga Süd und den dann folgenden Jahren in der Zweitklassigkeit bezweifelte auch mancher Befürworter der vorzeitigen Widmayer-Entlassung die Richtigkeit dieser Entscheidung.

Weitere Trainerstationen

Bevor der Mann aus Kiel 1960 in Nürnberg Station machte, hatte er in Sodingen und Bochum fünf Jahre in der Oberliga West trainiert. Seine erste Station war der VfL Osnabrück gewesen, wo er 1948 auf Empfehlung von Sepp Herberger seinen ersten Trainerjob begann und 1949/50 in einem Spiel der Oberliga Nord sogar noch selbst mitwirkte, im Februar 1950 jedoch um die vorzeitige Vertragslösung bat, um Verbandstrainer in Westfalen zu werden. Nach der Absetzung beim „Club“ arbeitete er von 1964 bis 1966 beim KSV Hessen Kassel in der Regionalliga Süd. Ab 1966 ging er wieder in die Verbandsarbeit, die er schon in Westfalen und Hessen ausgeübt hatte. Er wechselte zum Badischen Fußballverband nach Karlsruhe in die Sportschule Schöneck. In dem Festbuch „50 Jahre Badischer Fußballverband“ heißt es über Widmayers Arbeit: „Er führte die Auswahl des BFV 1967 und 1969 zu Siegen bei den Länderpokalwettbewerben. Der Mann schrieb in Baden Sportgeschichte.“

Jeweils nur ein Spieler in den Nordbadischen Sieger-Teams hatte in der damaligen Amateurnationalmannschaft Praxis vorzuweisen: 1967 war dies der 20fache Nationalspieler und Routinier Horst Kunzmann vom 1. FC 08 Birkenfeld und 1969 das junge Talent Edgar Schneider vom VfR Pforzheim.

Prof. Karl Zimmermann, Jugendobmann des DFB und in Karlsruhe wohnhaft, machte sich mindestens einmal in der Woche auf den Weg zur Sportschule Schöneck und beobachtete das Wirken des neuen Mannes auf dem Turmberg. Ihm wird die Aussage zugeschrieben: „Der Mann ist unbestritten ein Experte.“ Für den Badischen Fußballverband sollte die Wertschätzung des Herrn Professors aber Folgen haben. Widmayer wechselte nicht zuletzt auf dessen beharrliches Zureden ab 1970 zum DFB, um die dortige Jugendauswahl zu betreuen. Wenn Fritz Vollmer, der ehemalige BFV-Lehrgangsausschußvorsitzende, heute nach Herbert Widmayer gefragt wird, dann klingt aus seiner Stimme Bewunderung: „Er war einer, der global dachte, stets den Menschen sah und die Buben begeisterte. Als Persönlichkeit ein Aushängeschild.“(50 Jahre Badischer Fußballverband, 1996)

Von 1970-79 war er dann beim DFB für die Jugendauswahl verantwortlich. Der Umgang mit lernwilligen und noch formbaren Talenten entsprach wohl am ehesten seiner Vitalität, aber auch seinem Bedürfnis nach Harmonie. Er feierte stolze Erfolge mit der Jugendnationalmannschaft, und vielen späteren Stars hat er in dieser Funktion das Rüstzeug zum Erfolg mitgegeben: dazu zählen Helmut Roleder, Karl-Heinz Körbel, Ronald Worm, Kurt Eigl, Bernd Dürnberger, Calle Del’Haye, Rüdiger Abramczik, Jonny Otten, Bernd und Karlheinz Förster, Bernd Schuster und Lothar Matthäus.

Persönliches und die Zeit danach

Das Schicksal hat Herbert Widmayer, Sohn eines Kieler Seemanns, nichts geschenkt – und darum war es bemerkenswert, dass sich dieser Mann bis ins hohe Alter seinen Lebensmut und seine Fröhlichkeit bewahrte. Er wurde im Zweiten Weltkrieg zweimal als Kampfflieger abgeschossen – der zweiten Bruchlandung folgte der Gang in die britische Gefangenschaft. Als er nach etlichen Jahren in seine zerbombte Heimat zurückkehrte, wurde er vom Schicksal erneut getroffen: seine Frau lag im Sterben, sein Bruder Werner Widmayer, der es als Fußballer bei Holstein Kiel zum Nationalspieler gebracht hatte, war 1942 irgendwo am Rande eines Schlachtfeldes in Russland begraben worden. Jahre später stand er dann auch am Grabe seines Sohnes, der am Tag nach der bestandenen Führerscheinprüfung tödlich verunglückte. Sein Vater hatte ihm das Auto geschenkt. Dem Bund Deutscher Fußball-Lehrer diente er zwischen 1978 und 1994 als redegewandter und jovialer Präsident. Sechs Jahre lang führte er auch die Union Europäischer Fußballtrainer. Im Sommer 1998 verstarb der mit seiner zweiten Frau in Frechen bei Köln lebende Herbert Widmayer an den Folgen eines Schlaganfalls. Geblieben ist die Erinnerung an einen Mann, der „Experte“, Persönlichkeit und Kumpel war.

Trainer-Stationen

Quellen


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