- Himmel (religiös)
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In vielen Religionen wohnt Gott beziehungsweise wohnen die Götter an einem Ort, der gemeinhin in abendländischen Kulturen mit Himmel übersetzt wird. Die Vorstellung eines tatsächlichen Raumes (zum Beispiel das Gebirge Olymp bei den alten Griechen oder ein Bereich jenseits der Himmelsschale, wie in manchen Schichten des Alten Testaments), und die gleichnishafte Darstellung eines nicht lokalisierbaren Zustands gehen dabei ineinander über. Der Konflikt zwischen beiden ist dem mythischen Denken fremd und das vor allem, weil viele Hochkulturen die mit blossem Auge sichtbaren Planeten (von ihnen wurden auch in den meisten Sprachen die Bezeichnungen der Wochentage abgeleitet) und Sterne direkt mit ihren Göttern identifizierten, das heißt, sie konnten ihren Göttern am Himmel zusehen.
Der Himmel in religiöser oder eschatologischer Bedeutung spielt unter anderem eine bedeutende Rolle in der Genesis des Pentateuchs und in der chinesischen Philosophie, denn während der Zhou-Dynastie wurde der Himmel als Gottheit angesehen (siehe: Yin und Yang). Sehr verbreitet in den Religionen ist weiterhin die Auffassung, dass Verstorbene an diesem Ort weiterleben und dort ein paradiesisches Leben führen. Andere wiederum gelangen an einen Ort der Schrecken (Unterwelt, Hölle). Die Vorstellung von körperlosen Seelen, die „in den Himmel kommen“, wird heute häufig eher dem Volksglauben zugerechnet.
Inhaltsverzeichnis
Judentum
Die Vorstellung der zweigeteilten Welt, die aus dem Himmel einerseits und aus der Erde andererseits besteht, spielt in der Erzählung der Genesis eine entscheidende Rolle, nach der der Schöpfergott JHWH in dem Sechstagewerk aus dem „Wüsten und Leeren“ aus dem „Tohu wawohu“ Himmel und Erde geschaffen hat. In diesem Sinne steht der Begriff Himmel und Erde aber mehr für alle sichtbaren Dinge (Erde) und alle unsichtbaren Dinge außer Gott. Schamajim („Himmel“) bezeichnet dabei den Himmel. Ihr oberer Teil, der Wohnort und Thron von JHWH-Elohim, ist unsichtbar. Von diesem Wohnort stieg JHWH herab, um sich den von den Menschen gebauten Turm von Babel anzusehen und um Mose die Zehn Gebote zu übergeben. Den sichtbaren Teil des Himmels bildet hingegen eine trennende Wölbung mit Schleusen und Toren zwischen den oberen und unteren Gewässern (Gen1,6-8). Aus diesen Schleusen spendet JHWH Regen, aus diesen Schleusen ließ er Pech und Schwefel auf die sündigen Städte Sodom und Gomorrah herabregnen. Durch die Tore des Himmels ließ er auch das Manna auf die Erde herabregnen.
Den direkten Aufstieg zu den Himmeln erreichten die Propheten Henoch (Gen 5,24) und Elija (2 Kön 2,11) in ihrer Himmelfahrt.
Das rabbinische Judentum spricht auch von dem Siebtel der Zeit, welches man den Himmel auf Erden hat, im heiligen Schabbat.
Christentum
Der Himmel ist ein Ort und Zustand vollendeter übernatürlicher Glückseligkeit, die in der unmittelbaren Anschauung Gottes und der damit verbundenen vollkommenen Gottesliebe ihren Grund hat. Jesus Christus veranschaulicht die Erwartung des Himmelreiches mit dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen.
Während sie noch unterwegs waren, um das Öl zu kaufen, kam der Bräutigam; die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen. Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! Er aber antwortete ihnen: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde. (Mt 25,10-13)
Die himmlische Seligkeit dauert in alle Ewigkeit an. Jesus vergleicht den Lohn für die guten Werke mit Schätzen im Himmel, die unverlierbar sind.
Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. (Mt 6,19-20)
Der Grad der himmlischen Seligkeit ist bei den einzelnen Seligen verschieden je nach Grad ihrer Verdienste. Augustinus führt aber aus, dass kein Neid sein wird wegen der ungleichen Herrlichkeit, weil im Himmel die Einheit der Liebe herrschen wird.
Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg (…) So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten. (Mt 20,1-16)
Islam
Im Islam ist der Himmel Djanna (arab. "Garten") das Paradies und der Aufenthaltsort der Auserwählten und der Guten nach dem letzten Gericht. Nur die für den Islam gefallenen Märtyrer Shahid gelangen sofort ins Paradies. Die islamische Vorstellung vom Himmel ist eine körperliche. Der Himmel ist danach ein Garten, der von Bächen durchzogen ist, in denen Wasser und Milch und Honig fließen. Er ist mit Teppichen und kostbaren Sesseln ausgestattet, schöne Frauen Huris und junge Knaben servieren erlesene Früchte und Geflügel. Der Himmel Djanna wird durch die Scheidewand Barjakh von der Hölle Djahannam abgetrennt.
Bahai
→ Jenseitsvorstellung der Bahai
Im Bahai-Glauben werden die Begriffe Himmel und Hölle vermieden und stehen symbolisch für die Nähe oder Ferne zu Gott, beschreiben also Zustände der menschlichen Seele, die sowohl im Diesseits wie im Jenseits bestehen können.
Siehe auch
Literatur
- Knaurs Lexikon der Mythologie, München, 1989, 1993, 1999, ISBN 3-8289-4155-9
- Bernhard Lang, Colleen McDannell: Der Himmel : eine Kulturgeschichte. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1990 (edition suhrkamp ; 1586 : Neue folge ; 586). Orig.: Heaven : a History. London, New Haven: Yale Univ. Pr., 1988
- Meinolf Schumacher: Gemalte Himmelsfreuden im Weltgericht. Zur Intermedialität der Letzten Dinge bei Heinrich von Neustadt, in: Ästhetische Transgressionen. Festschrift für Ulrich Ernst, hrsg. von Michael Scheffel u.a. (Schriftenreihe Literaturwissenschaft 69), Trier 2006, S. 55-80, ISBN 3-88476-792-5
- Walter Simonis: Auferstehung und ewiges Leben? Die wirkliche Entstehung des Osterglaubens. Düsseldorf: Patmos, 2002. ISBN 3-491-70345-X
- Emanuel Swedenborg: Himmel und Hölle. 5. Auflage. Buchverlag der Neuen Kirche, Zürich 2002 (PDF).
- Ludwig Ott, Grundriss der Katholischen Dogmatik, 10. Auflage, Herder, 1981, ISBN 3-451-13541-8
- Uwe Kraeft: Religion und Mathematik und Kosmologie in Mathematische Grundlagen der Geisteswissenschaften. Shaker Verlag, Aachen, 2008, ISBN 978-3-8322-7580-8
Weblinks
- Heaven and Hell. Eintrag in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
- Aktuelle Literatur zum Himmel
- Grafik aus: Peter Jezler, Himmel, Hölle, Fegefeuer. Das Jenseits im Mittelalter (Ausstellungskatalog), Zürich 1994
- Johann Hafner: Der Himmel ist nicht Gott. Die Unterscheidung von erster und zweiter Transzendenz, in: Schreiber, S./Siemons, S. (Hg.), Das Jenseits. Christliche Perspektiven, Darmstadt 2003, S. 143-175.
- http://www.kannitverstan.net/page2.php
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