Hoheneck (Gefängnis)

Hoheneck (Gefängnis)
Frauengefängnis Hoheneck

Das Frauengefängnis Hoheneck, auch Frauenzuchthaus Hoheneck genannt, war ein Zuchthaus in Stollberg/Erzgeb. in Sachsen.

Das Gebäude steht auf den Grundmauern eines Jagdschlosses aus dem 16. Jahrhundert, das wiederum auf den Ruinen einer mittelalterlichen Grenzfeste errichtet wurde, der „Staleburg“, die dem Ort Stollberg den Namen gab. Im 17. Jahrhundert wurde das Schloss als Untersuchungsgefängnis genutzt, zu dessen Zweck ein neuer Bergfried (der heutige Uhrenturm) im Hohen Eck errichtet wurde, wovon sich der neue Name des Schlosses und der späteren Siedlung ableitete. 1923 wurde Hoheneck als neuer Stadtteil von Stollberg eingemeindet.

Der Name Hoheneck wurde zum Synonym für die aus politischen Gründen inhaftierten Frauen in der DDR. Genaue Zahlen der Inhaftierten sind nicht bekannt. Schätzungen gehen von mehreren Tausend aus. Es gab Zellen für Isolationshaft und Dunkelhaft.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1862 wurde die Haftanstalt erstmals als Sächsisches Weiberzuchthaus erwähnt, später wurde sie vorübergehend eine Haftanstalt für Männer und während des Ersten Weltkrieges ein Reservelazarett.

Die Nationalsozialisten nutzten das Gefängnis 1933 kurzzeitig für Männer in politischer Schutzhaft. Danach wurde es weiterhin als Zuchthaus für regulär verurteilte Verbrecher genutzt.

Unmittelbar nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden im Gefängnis Angehörige des Volkssturms und der Werwölfe inhaftiert, aber auch durch die Militäradministration Aufgegriffene, die wegen kleinerer Delikte oft ohne ordentliches Verfahren nach Hoheneck kamen, saßen hier ein. Die Versorgung der Gefangenen war damals katastrophal, Seuchen und Hunger dezimierten die Zahl der Insassen (besonders im Winter 1945/46) oder führten zu vorzeitigen Entlassungen wegen Haftunfähigkeit.

Gedenkstein vor ehem. Frauengefängnis der DDR in Hoheneck

1950 wurden durch sowjetische Militärtribunale 1119 Frauen aus den Speziallagern Bautzen und Sachsenhausen nach Hoheneck verlegt.[1] Das für maximal 600 Häftlinge ausgelegte Zuchthaus wurde zum ersten Mal überbelegt. Hoheneck wurde zu einem Gefängnis für aus politischen Gründen inhaftierte Frauen. Es befanden sich auch jeweils um die 30 Säuglinge, die in den Lagern geboren wurden, im Gefängnisbereich. Sie wurden wenige Wochen nach der Geburt von den Müttern getrennt und als sogenannte „Kinder der Landesregierung“ auf Kinderheime der DDR verteilt. In Hoheneck kamen bis 1952 noch mindestens 27 Kinder zur Welt, von denen jedoch nicht alle die Haft überlebten. Auch diese Kinder kamen nach wenigen Wochen in Kinderheime der DDR.[1]

1953 wollten inhaftierte Frauen mit einem Hungerstreik bessere Bedingungen und eine Überprüfung ihrer Verurteilungen erreichen. Dies gelang auch teilweise und von 1954 bis 1956 wurden einige Frauen entlassen. Allerdings verpflichtete man sie unter Androhungen von Strafen zum Schweigen über die Zeit der Inhaftierung.

Die Frauen mussten im Dreischichtsystem arbeiten, so in der Strumpfproduktion für den Westexport.

In den 1970er Jahren saßen zeitweise bis zu 1600 Häftlinge in Hoheneck ein. Viele mussten auf dem Boden schlafen. Strafverschärfend war das Zusammenlegen von politischen Häftlingen (mehrfache Ausreiseanträge, versuchte "Republikflucht") mit Gewaltverbrecherinnen, auch Mörderinnen. Im Zuge der Bestrebungen, eine internationale Anerkennung der DDR zu erlangen, wurden 1983 nach Besichtigungen durch UN-Kommissionen in den DDR-Haftanstalten die Haftbedingungen grundlegend verändert. Noch bis etwa Mitte 1989 saßen 400 Gefangene ein, davon etwa 30 Prozent politische Gefangene. Bis dahin wurden alle zur Abschiebung in die BRD vorgesehenen Frauen über Hoheneck geleitet, was eine gefängniseigene Außenstelle des MfS nötig machte. Im November 1989, nach dem Fall der Mauer, erfolgte eine Amnestie für die letzten politischen Häftlinge der DDR. Nach einem Gefangenenaufstand im Dezember 1989 wurde auch ein Teil der kriminellen Straftäterinnen amnestiert.

1990 wurde Hoheneck als einziges Frauengefängnis Sachsens fortgeführt. Mitte der 1990er Jahre waren im Westflügel der JVA auch männliche Strafgefangene (Kurzstrafen) untergebracht. Vollzogen wurde Strafhaft für weibliche und männliche, Untersuchungshaft für weibliche, sowie Jugendarrest für weibliche Verurteilte.

Ende April 2001 wurde das Gefängnis geschlossen und die letzten Gefangenen in andere Gefängnisse verlegt. 2002 verkaufte der Freistaat Sachsen das ehemalige Frauengefängnis an den saarländischen Geschäftsmann Bernhard Freiberger. Die angedachte Umnutzung des Gefängnisareals zu einem Freizeit- und Erholungskomplex scheiterte an wirtschaftlichen Schwierigkeiten und dem Widerstand der Opferverbände, die bei einer derartigen Umnutzung den Charakter des Gedächtnisortes gefährdet sahen. Eine andere Nutzung ist bisher nicht festgelegt. Auf Anfrage kann Hoheneck besichtigt werden.

Fernsehfilm

In dem im November 2011 gesendeten Film der ARD Es ist nicht vorbei mit Anja Kling in einer der Hauptrollen wird unter anderem die Situation in der Anlage zu DDR-Zeiten geschildert.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht. Forum Verlag, Leipzig 2001, ISBN 3-931801-26-8, S. 34.


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