- Holzvollernter
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Als Holzvollernter, Waldvollernter oder Kranvollernter (engl. „harvester“) bezeichnet man spezielle Holzernte-Maschinen, die halbautomatisch Fällung, Entastung und Sortimentsbildung durchführen. Werden gleichzeitig noch die Äste zu Hackschnitzeln zerkleinert, spricht man von einem Hackschnitzelharvester.
Inhaltsverzeichnis
Ausstattung
Heute werden überwiegend folgende Holzvollerntertypen eingesetzt (landläufig entsprechend der Definition einer Maschine, die mehrere Arbeitsschritte durchführt, auch als Prozessor bezeichnet; in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit):
- Rad-Holzvollernter, mit zwei bis vier Achsen
- Bagger, mit Holzvollernter-Kopf und Raupenfahrwerk
- Schreiter, ebenfalls mit Holzvollernter-Kopf und Füßen bzw. Stelzen[1] und selten auch
- Schiebe-Holzvollernter mit in Fahrtrichtung verschiebbaren Hinterrädern [2]
Der Einsatzschwerpunkt von Holzvollerntern innerhalb der Forstwirtschaft liegt im Nadelholz. Beim Laubholz ist die Entastungsqualität unbefriedigend. Es gibt spezielle Ausführungen für den Einsatz in schwachem, mittlerem oder starkem Holz.
Die Maschinen besitzen meist einen zwischen zehn bis fünfzehn Meter langen Kranarm, an dessen Ende der Fällkopf (Prozessor) freibeweglich montiert ist. Der Fällkopf ist mit Vorschubrädern (-walzen), Messeinheit, hydraulisch angetriebener Kettensäge und Entastungsmessern ausgestattet. Statt einer Kettensäge ist in seltenen Fällen auch ein Kreissägeblatt verbaut. Manche Maschinen sind mit entsprechend der Steigung neigbaren Kabinen ausgerüstet, bei anderen kann die gesamte Maschine trotz Geländeneigung in die Horizontale gebracht werden. Eine Klimaanlage ist eingebaut, häufig auch eine automatische Vorheizung des Hydrauliköls und der Kabine vor Arbeitsbeginn. Rad-Holzvollernter besitzen Niederdruck-Niederquerschnittsreifen bis 70 cm Reifenbreite zum bodenschonenden Einsatz, auf Nassböden bzw. im Winter bei Schneelage kommen zusätzlich Ketten bzw. Metallbänder zum Einsatz. Trotz dieser Ausstattung können auf weichen Böden unter ungünstigen Feuchteverhältnissen erhebliche Boden- bzw. Wegeschäden verursacht werden. Teilweise wird von Fahrspuren mit bis zu 70 cm Tiefe berichtet.
Die Motorleistung gängiger Maschinen liegen bei kleineren Modellen bei 120 kW und kann weit über 220 kW bei Spezialmaschinen gehen. Der Mittelwert liegt bei ca. 170 kW für mittelstarke Waldbestände Die Kraftübertragung erfolgt ausschließlich hydraulisch, die Steuerung aller Funktionen elektrisch bzw. hydraulisch vorgesteuert. Die sehr umfangreiche Hydraulikanlage muss nach neusten PEFC- und FSC-Standards mit biologisch abbaubaren Ölen befüllt sein. Eine Vakuumpumpe verringert bei Reparaturen den Austritt von unnötigem Öl, zudem ist der Kran mit einem Absperrventil oder -hahn versehen, der den Ölfluss zum Aggregat schließt und bei einer Havarie so das Öl zurückhält. Bagger-Holzvollernter besitzen überwiegend speziell zur Seite abgeflachte Ketten mit abgerundeten Stegen zur Verringerung von Boden- bzw. Bestandsschäden. Schäden in den Waldbeständen treten in der Regel in Form von unterirdischen Wurzelzerreißungen als Folge von Scherkräften auf. An den Forstwegen entstehen bei Drehbewegungen Schäden an der Deckschicht.
Einsatzschwerpunkte des Bagger-Holzvollernters sind wegen des geringen Bodendrucks (zur Vermeidung von Bodenverdichtung) einerseits Nassböden, andererseits Steilhänge bis etwa 50 % Gefälle wegen ihrer gegenüber dem Rad-Holzvollernter besseren Steigfähigkeit. Allerdings besteht bei den Raupen- bzw. Kettenantrieben der Nachteil, dass diese durch Stubben oder andere spitze Gegenstände beschädigt werden können. Beim Umsetzen des Bagger-Holzvollernters ist die geringe Laufwerksgeschwindigkeit (etwa 5 km/h) und die Gefahr von Schäden an Teerstraßen (Einsatz eines Tiefladers erforderlich) von Nachteil. Die Maschinen sind rundum mit etwa 15 Halogenscheinwerfern ausgestattet, die es erlauben, auch nachts zu arbeiten.
Die Holzvollernter sind zwischenzeitlich mit GPS, mobiler Kommunikation und einem Bordcomputer, der die Holzhaushaltung und Sortenbildung unterstützt, ausgestattet. Die aufgearbeiteten Holzmassen können gespeichert und Holzlisten ausgedruckt werden. Die Genauigkeit der gemessenen Holzmassen ist in starken Maß vom verwendeten Sensorsystem, der gefällten Baumart, der richtigen Berücksichtigung des notwendigen Rindenabzugs und nicht zuletzt regelmäßiger, dokumentierter Kalibrierung abhängig. Messabweichungen gegenüber der Werksvermessung bzw. manuellen Holzaufnahme sind die Regel. Bei gut eingestellten Systemen liegen die Abweichungen bei akzeptablen 2 bis 4 % über dem Werkseingangsmaß, stärkere Abweichungen sind aber nicht selten. Aus diesem Grund ist neben der Ermittlung der Stückzahl auch eine Raummaßerfassung des eingeschlagenen Holzes an der Forststraße sinnvoll.
Einsatzbereich
Ursprünglich wurden Holzvollernter in der Durchforstung schwacher Nadelholzbestände eingesetzt, mittlerweile aber auch in der Stammholzernte (meist Nadelholz, teilweise auch in Laubholz-Buchenbeständen). Die stärksten Fällköpfe können Stämme bis 70 cm Brusthöhendurchmesser (BHD) bewältigen. Vollernter können zwischen fünf und dreißig Festmeter (fm) Holz in der Stunde aufarbeiten, was vor allem von der Stärke des geernteten Holzes abhängig ist.
In stärker geneigtem Gelände werden spezielle Raupen-Holzvollernter (z. B. Valmet 911.1 X3M) eingesetzt. Eine weitere Spezialentwicklung ist der sechsbeinige Schreit-Holzvollernter, der in Finnland zur Durchforstung von Beständen auf staunassen oder anmoorigen Böden entwickelt wurde. Für den Einsatz im Steilhang erwies sich diese Maschine jedoch als nicht geeignet.
Bei der Aufarbeitung von Sturmholz vermindert der Einsatz dieser Maschinen die Unfallgefahr erheblich, da die gefährlichen Spannungen der geworfenen Bäume außerhalb des menschlichen Gefahrenbereiches gelöst werden. In der Schweiz wurden große Raupenharvester erstmals zum Aufschneiden von alten Kopfbäumen und zur Kappung ganzer Bäume in 3 bis 5 Metern Höhe eingesetzt. Durch die Kappung erwartet man in 15 bis 20 Jahren zu neuen Kopfbäumen zu kommen, die als Kulturform sehr höhlenreich sind.
Auf Grund der zunehmenden Bedeutung der Bioenergie wurden von bekannten Forstmaschinenherstellern Kombinationen aus Harvester und Mobilhacker, sogenannte Hackschnitzelharvester, entwickelt. Bei diesem Maschinentyp wird während der Holzernte anfallendes Restholz und Kronenabschnitte im gleichem Arbeitsgang zu Hackschnitzeln verarbeitet. Eine andere Kombination kommt vom finnischem Hersteller Pinox. Hier werden mit einem Zusatzaggregat hauptsächlich Kronenabschnitte zu transportgerechten Bündeln gepresst, die ebenfalls zur Energiegewinnung genutzt werden.
Internationaler Einsatz
In Skandinavien (vor allem Schweden und Finnland) werden diese Maschinen seit den frühen 1980er Jahren eingesetzt. Mittlerweile wird dort fast die gesamte Holzernte hochmechanisiert durchgeführt. In Mitteleuropa arbeiten diese Maschinen einen Anteil zwischen 30 und 50 Prozent des Einschlagsvolumens auf – mit sehr stark steigender Tendenz. In Deutschland wurden sie erstmals in großem Umfang zur Aufarbeitung der anders nicht zu bewältigenden Windwürfe durch die Orkantiefs „Vivian“ (26. Februar 1990), „Wiebke“ (1. März 1990) und „Kyrill“ (18. Januar 2007) eingesetzt; seither nimmt der Anteil der Holzvollernter am Einschlagsvolumen beständig zu. Holzvollernter werden in geringerer Zahl auch in Nordamerika eingesetzt. Dort werden aufgrund der Holzdimension sogenannte Fällersammler (Feller Buncher) eingesetzt, die mit ihren deutlich größeren Fällköpfen Bäume bis zu einem BHD von einem Meter fällen können. Ein weiteres Einsatzgebiet sind tropische Plantagen, wo sie zur Ernte von Kiefern- (Pinus radiata) und Eukalyptusbeständen eingesetzt werden. Die Baumdimensionen und die Vollbefahrung der Fläche lassen Arbeitsleistungen von bis zu 50 fm in der Stunde zu.
Arbeitsverfahren
Der Vollernter fällt, entastet und teilt das Holz. Der Transport zur nächsten LKW-befahrbaren Forststraße, das Holzrücken, wird vom nachfolgenden Tragschlepper (Forwarder) oder mit einer Seilkrananlage erledigt. Außer im Sturmholz arbeitet der Vollernter von Gassen aus, die er sich bei der ersten Durchforstung eines Bestandes selbst anlegt, und auf denen anschließend auch der Forwarder fährt. Bei jeder im Abstand von 5 bis 10 Jahren folgenden Durchforstung werden immer wieder die gleichen Rückegassen benutzt. Mit Kranreichweiten bis 10 m können so Flächen mit Gassenabständen von 20 m bearbeitet werden. Sind weitere Gassenabstände gefordert oder wird im Steilhang gearbeitet, so wird motormanuell, also mit der Motorsäge, zugefällt.
Im ebenen Gelände legt der Vollernter die abgestreiften Äste als Polster auf die Fahrgasse. Dadurch wird der Bodendruck der fahrenden Maschine zusätzlich vermindert. Die aufgearbeiteten Stämme werden seitlich, unterschieden nach Sortimenten, abgelegt. Eine farbliche Kennzeichnung der Sortimente nach Käufer ist möglich, auch um schwer voneinander zu unterscheidende Sortimente zu kennzeichnen. Die spezielle Bauform des Hackschnitzelharvesters verarbeitet, wie oben beschrieben, auch die abgestreiften Äste. Die Äste und Baumkronen können aber auch mit nachfolgenden mobilen Kleinhacker-Maschinen oder einer Kombination aus Forwarder und Großhacker zu Hackschnitzeln zerkleinert und abtransportiert werden.[3]
Auswirkungen auf die Waldarbeit
Da Vollernter in den Vornutzungsbeständen produktiver und kostengünstiger sind als klassische Holzfäller, nimmt ihr Einsatz in Deutschland beständig zu.
In Endnutzungsbeständen bzw. in Beständen mit übernahmefähigen Verjüngungsanteilen ist der Einschlag mit Waldarbeitern unter Abwägung aller Fakten dem Prozessoreinsatz zumindest ebenbürtig.
Mittlerweile werden 30 bis 40 Prozent der Holzernte in Deutschland mit Vollerntern bewältigt – mit stark steigender Tendenz. Vollernter verhindern das bei der Holzernte mit der Motorsäge sehr hohe Unfallrisiko und leisten einen Beitrag zur Verminderung von Berufskrankheiten. Der Einsatz der Vollernter führt zu einem Personalabbau bei den Forstbetrieben und zu einer veränderten Qualifikationsstruktur in der Waldarbeit. Beim Einsatz geschulter und erfahrener Maschinenführer ist der Einsatz äußerst bestandschonend, da durch die Maschine eine kontrollierte Fällung möglich wird, die bei motormanuellen Verfahren auch bei besten Bedingungen nicht zu erreichen ist.
Ökologische Auswirkung
Die Schäden, die durch den Einsatz dieser mehrere Tonnen schweren Maschinen verursacht werden, sind Teil aktueller Langzeitstudien. Dabei werden vor allem die Problematik der Bodenverdichtung und die Wurzelschädigung untersucht.[4]
Weitere Kritikpunkte
Gerade in Waldgebieten sind vielfach noch steinzeitliche, mittelalterliche oder frühneuzeitliche Bodenstrukturen wie Hügelgräber, Landwehren, Schanzen, Ringwälle, Hohlwege und gleichwertige Bodendenkmale erhalten geblieben. Der Einsatz von schweren Waldmaschinen wie Holzvollerntern beschädigt oder zerstört solche Anlagen in höheren Maße als die herkömmliche Holzwirtschaft. Dadurch können kulturhistorisch bedeutende Stätten für die Forschung verloren gehen.
Literatur
- Arne Bergmann: Kundenorientierte Rohholzbereitstellung bei vollmechanisierter Holzernte. Ein System für die optimale Einteilung von Sägeabschnitten mit Bordcomputern auf Vollerntern. (Dissertation.) Universität Göttingen, Göttingen 1997, 249 S.
- Christoph Hoß: Menschengerechte Gestaltung des Harvestereinsatzes. (Dissertation.) Cuvillier, Göttingen 1994, 179 [68] S., ISBN 3-89588-039-6
Weblinks
Commons: Harvester und andere Forstfahrzeuge – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ verschiedene Harvester (Holzvollernter)
- ↑ Schiebeharvester Highlander
- ↑ Ökobilanz Waldhackschnitzel
- ↑ Wald unter Druck: Erntemaschinen gefährden die Forste
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- Erntemaschine
- Forstwirtschaftliches Gerät
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