Homo ludens

Homo ludens

Der homo ludens [ˈhɔmoː ˈluːdeːns] (lat. hŏmō lūdēns ›der spielende Mensch‹) ist ein Erklärungsmodell des lebenden Menschen, wonach dieser seine Fähigkeiten im besonderen über das Spiel entwickele (siehe auch homo oeconomicus): Er entdecke im Spiel seine individuellen Eigenschaften und entwickele sich dadurch anhand der dabei gemachten Erfahrungen selber zu dem, was er ist. Spielen ist dabei der Handlungsfreiheit gleichgesetzt und setzt eigenes Denken voraus.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsherkunft

Das Konzept des homo ludens ist in der Neuzeit vor allem durch den Titel des gleichnamigen Buches von Johan Huizinga (1938/39) bekannt geworden, in dem dieser zu zeigen versucht, dass sich unsere kulturellen Systeme wie Politik, Wissenschaft, Religion, Recht usw. ursprünglich aus spielerischen Verhaltensweisen entwickelt (Selbstorganisation) und über Ritualisierungen im Laufe der Zeit institutionell verfestigt haben. Aus Spiel wird »heiliger Ernst«, und wenn sich die Regeln erst richtig »eingespielt« haben, sind sie nicht mehr ohne weiteres zu ändern und beginnen ihrerseits Zwangscharakter anzunehmen.[1]

Weitere Vertreter des Konzepts

Friedrich Schiller hob in seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen die Wichtigkeit des Spielens erstmals hervor und sprach sich gegen die Spezialisierung und Mechanisierung der Lebensvollziehung aus. Nach Schiller ist das Spiel eine menschliche Leistung, die allein in der Lage ist, die Ganzheitlichkeit der menschlichen Fähigkeiten hervorzubringen. Schiller war es auch, der die berühmt gewordene Sentenz prägte: »[…] und er [der Mensch] ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.«

Eine Schiller ähnliche Kritik an der Reduzierung der Lebensweise übte schließlich auch Herbert Marcuse in seinem 1967 erschienenen Werk Der eindimensionale Mensch, in dem er die mit der Vorherrschaft der »instrumentellen Vernunft« in den Industriegesellschaften einhergehende Beschränkung der Lebensweise und Kultur kritisierte, die keinen Platz mehr für Ganzheit, Persönlichkeitsentfaltung und autonome Selbstwerdung lasse. Ähnlich wie Friedrich Schiller hält Herbert Marcuse daher eine Rückbesinnung auf das Ästhetische und Spielerische für erstrebenswert, um entgegen den allgegenwärtigen Zwängen einen Freiraum für eine menschliche Betätigung nach selbst gewählten Regeln und um ihrer selbst willen zu schaffen.

Auch Künstler wie Asger Jorn (1914–1973) und die situationistische Internationale vertraten solche Ansätze.

Potential des Spiels

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Spiel eine grundlegende menschliche Aktivität ist, die Kreativität, und im Wettkampf Energie und Kraft freisetzt. Damit enthält das Spiel das Potential, verfestigte Strukturen zu durchbrechen und Innovation hervorzubringen. Deshalb sind spielerische Elemente auch in vielen Kreativitätstechniken und modernen Managementschulungen enthalten, die darauf zielen, neue, kreative und innovative Ergebnisse zu erzeugen. Das Spiel scheint eine menschliche Aktivität zu sein, die in der Lage ist, die Elemente einer Situation so zu verändern, dass Neues und Unbekanntes entsteht und Lösungen für scheinbar nicht mehr lösbare Probleme gefunden werden können.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ulrich Prill: Mir ward alles Spiel, Verlag Königshausen & Neumann, 2002, ISBN 3-8260-2355-2, Seite 14 [1]

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