Hunsrückisch

Hunsrückisch
Hunsrückisch

Gesprochen in

Rheinland-Pfalz, Auswanderer in Brasilien, Santa Cruz do Sul
Linguistische
Klassifikation


Hunsrückisch oder auch Hunsrücker Platt ist ein deutscher Dialekt, der auf dem Hunsrück sowie im Gebiet von Santa Cruz do Sul, Brasilien gesprochen wird oder wurde.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Mundart aus Peterswald-Löffelscheid (Vorderer Hunsrück)

Der Hunsrück besitzt klare geographische Grenzen, das Hunsrückische allerdings keineswegs. Es greift einerseits über den Hunsrück hinaus, hat aber auch andererseits eine gehörige innere Differenzierung, so dass es eigentlich kein einheitliches Hunsrückisch gibt. Die wenigen schriftlichen mundartlichen Zeugnisse machen klare Aussagen nicht einfacher. Seit den 1990er Jahren wird mit dem Mittelrheinischen Sprachatlas eine genaue wissenschaftliche Dokumentation der örtlichen Dialekte unternommen. Das Rheinische Wörterbuch von 1928-1971 wurde durch die Universität Trier digitalisiert ins Netz gestellt.[1]

Wie fast alle deutschen Mundarten ist das Hunsrückische in viele kleine Sprachgebiete zerfallen, fast jedes Dorf hat seine eigene Aussprache. Die kleinräumige Struktur der einzelnen Sprachgebiete erwuchs aus den kleinräumigen Herrschaftsstrukturen im Hunsrück, wo Grenzen oft sogar Dörfer teilten. Auch die kirchlichen Trennungen in (vorwiegend) evangelische oder katholische Gebiete unterstrichen das Trennende.

Auf dem Hunsrück ist - wie fast überall - eine außerordentliche und beschleunigte Verarmung der Mundart festzustellen. Die Jugend spricht keine Mundart mehr und versteht nur noch selten ihre speziellen Wörter. Heimatvereine oder Einzelpersonen versuchen mit Mitteln der modernen Kommunikation und Dokumentation dem entgegenzuwirken.

Südamerika

Siehe Hauptartikel: Riograndenser Hunsrückisch Auswanderer haben diesen Dialekt in ihre neue Heimat mitgenommen. Im südlichen Brasilien, insbesondere im Gebiet von Santa Cruz do Sul im Bundesstaat Rio Grande do Sul gibt es auch heute noch Gemeinden, in welchen Riograndenser Hunsrückisch aktiv gesprochen wird. Rottmann hat die Auswanderung nach Brasilien in seinem Gedicht Der Abschied drastisch thematisiert.

Aussprache

Mundart aus Masterhausen

Das Hunsrückische teilt sich in zwei Gruppen; die erste gehört zum Rheinfränkischen und wird von der Nahe bis ungefähr kurz hinter Kastellaun gesprochen. Die zweite gehört zum Moselfränkischen und wird von Kastellaun bis zur Mosel gesprochen. Die charakteristische Unterscheidung der beiden Gruppen wird durch die dat / das Linie gebildet. Nördlich, zum Beispiel in Idar-Oberstein, Gemünden, Kirchberg und Boppard wird "dat" gesprochen. Wichtiger erscheint aber nach Diener und Martin [2] eine Linie, die das breit gesprochene Hunsrückische vom östlich der von ihm Sobernheimer Linie genannten Grenze gesprochenen trennt. Beispiele sind Hirte: statt Herrd Heerd, -Gurgel: Gorrjel westlich aber Goorjel, -Räder: Rerre Rierer. Dazu wird das Wort noch durch Einschieben eines e oder i zwischen die Konsonanten gedehnt: Dorf wird zu Dooref, Kirche zu Keerisch, Berg zu Beerisch.

An anderen Linien führt Diener auf, die Unterscheidung von im westlichen Hunsrück gesprochenem o und eu und östlich von Mastershausen-Buch-Mannebach-Nörterhausen u und ou oder au also Bruure (Bruder), Hau (Heu). Das d/t wird durch r ersetzt. Beispiel: In Kappel wohnt de Peere (Peter) Prappel. Er mischd sich fri ous/us de Fäärerre (Er macht sich früh aus den Federn). Das g fällt im Wort weg: Aue, saan (Augen, sagen). Bei dieser breiten Aussprache kann der Hunsrücker aber auch lange Worte zur gefälligeren Aussprache zusammenziehen: So wird Brombeeren zu Bräämerre. Et git kä brärer Blaad as en bräd, bräd Bräämerreblaad (Es gibt kein breiteres Blatt als ein breites, breites Brombeerblatt - Spruch aus Siemerre (Simmern) nach Pfarrer R. Christmann, Simmern). [3]

Im östlichen Teil der Nahe zu wird das r als Zungen-R ausgesprochen [4]: Zum Beispiel in Bubach, im nahen Simmern aber nicht.

Das Genus

De steht für der, die und den. Dat steht in großen Teilen des Hunsrücks für das. Merkwürdigerweise ist der Bach im Hunsrück weiblich: die Bach, die Fraa (Frau) wird zur Sache wenn etwas angehängt wird - dat Fraamensch, auch mit Namen - dat Kattche (Katharina), meist wird dann aber noch ein Haus- oder Ortsname beigefügt. Umgekehrt sind die Brille (de Brill) und die Butter (de Bodder) männlich[5].

Wortbeispiele

Im Hunsrückischen gibt es eigenständige Worte, die im Hochdeutschen nicht oder so nicht vorkommen.

Hinkel = Huhn Die Asterix-Übersetzer haben die Steine der Hünengräber zu Hinkelsteinen gemacht.

Beddseicher = Bettnässer, anlehnend an die medizinische diuretische Erfahrung wird der Löwenzahn so genannt (vgl. frz. pis en lit).

Geheischnis = Vertrauen, Geborgeneheit, menschliche Wärme (Wortstamm von "Gehege", "hegen" )

Grumbeere/Krumbier/Gumbi = Die Kartoffel (Grundbirnen/Erdäpfel/Kartoffeln) werden mit dem Kaarscht, einer dreizinkigen Hacke, ausgemacht.

Maje/Meie-gehe = Abends zum Nachbarn (mit den Stricksachen oder früher mit Spinnrad) zum Besuch und zur Unterhaltung gehen.

leppsch = fad, geschmacklos.

ei allemoo(l) = bekräftigendes Zustimmen ja natürlich

Muufel = Maulvoll (vgl. Handvoll), bildhaft für ein kleiner Bissen

Imms/Imbs = Imbiss zum Beispiel bei Familienfesten, aber auch der Leichenschmaus

Schinnooz = Schinderaas) vor allem für böse Frauen und Flabbes und Stickel/Schdickel für einen dummen unbeholfenen Menschen (nach dem Verbindungsstück von der Radnabe zum oben dem Wagen aufliegenden Leiterbaum).

Hannickel = Nach dem früher häufigen Vornamen Johann Nikolaus, der von den Hunsrückern bequem zu Hannickel zusammengezogen wird, hießen die Hunsrücker Arbeiter im Ruhrgebiet alle die Hannickel. Hannikel ist auch Synonym für einen ungewandten Menschen [6]. Ähnliche Varianten ermöglichen auch andere Namensformen; so wird beispielsweise aus Johannes Peter die Kurzform Hampit (wie in Jakob Kneips gleichnamigem Roman) oder aus Johannes Paul Hannappel.

Knubbespaller = Holzklotzspalter; „Knubbespaller" war die spöttisch gemeinte saarländische Bezeichnung für die früher als „Gastarbeiter" im Saarland als Holzhauer tätigen Hunsrücker.

Einflüsse

In das Hunsrücker Platt sind auch viele Begriffe aus dem Rotwelsch, dem Jenischen und der französischen Sprache eingegangen:

  • Schenneere = sich genieren,
  • allee (allez = geht !)= vorwärts
  • loo (von voilà) = hier oder da
  • Troddewa (trottoir)= Bürgersteig
  • Parbel = (von parapluie) = Regenschirm
  • Baggasch = (von baggage) = Gepäck


Auch aus dem Hebräischen gibt es Lehnworte:

  • „dä is im Dalles“ (von dallut (Not)) = dem geht es wirtschaftlich schlecht
  • Schaales ein (oft von jüdischen Familien) in einem Bräter im Backes (Backhaus) zubereiteter Kartoffelkuchen, der Dippekooche

Autoren

Einzelnachweise

  1. Rheinisches Wörterbuch. Im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde und des Provinzialverbandes der Rheinprovinz auf Grund der von Johannes Franck begonnenen, von allen Kreisen des Rheinischen Volkes unterstützten Sammlung bearbeitet und herausgegeben von Josef Müller, Heinrich Dittmaier, Rudolf Schützeichel und Mattias Zender. 9 Bände. Bonn/Berlin 1928-1971.
  2. Roland Martin, Untersuchungen zur rhein-moselfränkischen Dialektgrenze, in: Deutsche Dialektgeographie, hg.v. F. Wrede, Heft XI a, Marburg 1922 zitiert in Diener
  3. zitiert Diemer, S. 46
  4. Beispiele außer wenigen Ergänzungen aus Diener
  5. Diener, S. 44, 46, 52
  6. Diener S. 104, nach Rottmann 3. Aufl. S. 224

Literatur

Weblinks

 Commons: Hunsrückisch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Verzeichnis:Hunsrücker Mundart – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikisource: Der Abschied (Rottmann) – Quellen und Volltexte

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