Hypercalciämie

Hypercalciämie

Als Hypercalcämie (Hyperkalzämie) wird ein erhöhter Calcium-Spiegel im Serum (Blut) bezeichnet. Dies bei einer Höhe von > 2,7 mmol/l für Gesamtcalcium im Serum und für ionisiertes, also freies Calcium, von > 1,3 mmol/l. Die Prävalenz für hospitalisierte Patienten liegt bei ungefähr 1 %. Von einer hypercalcämischen Krise spricht man ab einem Gesamtserumcalcium von > 3,5 mmol/l. Hier treten ein renaler Diabetes insipidus, Erbrechen, Exsikkose mit Hyperpyrexie, Psychosen und schließlich Koma auf.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

  • 1. Maligne Tumore (Tumorhyperkalzämie): Häufigste Ursache einer Hyperkalzämie sind bösartige Neubildungen. Meistens verursacht durch Bronchialkarzinome, Mammakarzinome und Plasmozytome.
    • osteolytische Hypercalcämie vor allem bei Knochenmetastasen und Plasmozytom. Die Tumorzellen bewirken indirekt über eine Freisetzung von Zytokinen (TGFα, TNF, IL-1, u.a.) eine Stimulierung der Osteoklasten und damit schlussendlich eine Hypercalcämie.
    • paraneoplastische Hypercalcämie Diese entsteht durch die ektope Produktion parathormonverwandter Peptide (PTHrP) durch Tumore, hier besonders auch durch das Bronchialkarzinom. Ca. 90 % der Patienten mit einer paraneoplastische Hypercalcämie haben erhöhte PTHrP-Serumspiegel unabhängig davon, ob Knochenmetastasen vorhanden sind oder nicht.
  • 2. endokrinologische Ursachen Primärer und tertiärer Hyperparathyreoidismus (20 % der Fälle) , Hyperthyreose, Nebennierenrinden-Insuffizienz (Morbus Addison), MEN Typ I und IIa,
  • 3. iatrogen Vitamin D-, Vitamin A-Intoxikation, Tamoxifen, Thiazid-Diuretika (mit meist nur vorübergehender milder Erhöhung des Calciumspiegels), calciumhaltige Ionenaustauscher, Lithium, Teriparatid, Theophyllin-Intoxikation u.a.
  • 4. Immobilisation von Patienten
  • 5. Sarkoidose durch Bildung von 1,25(OH)2-D3 in Makrophagen
  • 6. Nierentransplantation Passager kann nach einer Nierentransplantation eine Hypercalcämie, infolge der durch die Niereninsuffizienz verursachten Nebenschilddrüsenüberfunktion, auftreten.
  • 7. Überdosierung von Calcium oder Zufuhr großer Mengen an Milch und Alkalisalzen (Milch-Alkali-Syndrom) oder parenterale Ernährung.
  • 8. Familiäre hypokalzurische Hyperkalzämie (Hypercalcämie durch verminderte Calcium-Ausscheidung über die Nieren)
  • 9. Akromegalie
  • 10. Phäochromozytom [1]

Klinik

  • 1. Eventuell Symptome des Grundleidens, z.B. eines Tumors
  • 2. Hypercalcämiesymptome Die Hälfte der Patienten hat keinerlei Symptome, diese werden mittels Laborbefund zufällig erkannt.
    • Niere: renaler Diabetes insipidus
    • Gastrointestinaltrakt: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, selten Pankreatitis
    • Herz-/ Skelettmuskulatur: Rhythmusstörungen, QT-Zeitverkürzungen im EKG, Antriebslosigkeit (Adynamie), Muskelschwäche
    • Zentralnervensystem: Psychose, Somnolenz, Koma

Diagnose

Wird erstens laborchemisch über ein erhöhtes Serumcalcium gestellt und zweitens über ursächliche Parameter, wie z.B. Suche nach Primärtumor, hohe Spiegel von PTHrP und umgekehrt niedrigem intaktem Parathormon (PTH), hohem Spiegel an 1,25(OH)2 D3, erhöhtem 25(OH) D3

Therapie

Wenn möglich kausal durch Beseitigung der Ursachen. Symptomatisch und akut durch forcierte Diurese (min. 5l/Tag) mit physiologischer Kochsalzlösung und Furosemid unter Kontrolle des Wasser- und Elektrolythaushalts, besonders des Kaliums. Die Calciumzufuhr stoppen. Gabe von Bisphosphonaten bei tumorinduzierten Hypercalcämien, weil dies die Osteoklastentätigkeit bremst. Zusätzlich können Glukokortikoide verabreicht werden, da sie Vitamin D antagonisieren. Hämodialyse ist bei Niereninsuffizienz ratsam. Zur schnellen Senkung des Kalziumspiegels kann auch das Hormon Calcitonin gegeben werden, die Wirkung tritt binnen Minuten ein.

Prognose

Die Letalität einer hypercalcämischen Krise liegt bei bis zu 50 %.

Pseudohypercalcämie

Etwa die Hälfte des Serumkalziums ist an Albumin und andere Serumproteine gebunden. Entscheidend für die physiologische Wirkung ist jedoch nur das freie Protein-ungebundene Calcium, das jedoch mit dem protein-gebundenen in einem dynamischen Gleichgewicht steht. Bei einem hohen Eiweißspiegel im Blut kann es zu einer Pseudohyperkalzämie kommen. Scheinbar ist der Calciumspiegel im Blut erhöht, tatsächlich ist aber nur der protein-gebundene Anteil erhöht und das freie Serumcalcium normal.

Beim Hund tritt eine Hyperkalzämie bei Karzinomen der Analdrüsen auf.

Einzelnachweise

  1. Khairallah, W et al.: „Hypercalcemia and diabetes insipidus in a patient previously treated with lithium.“ Nat Clin Pract Nephrol 2007; Jul;3(7): S. 397-404 Abstract

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