Altösterreicher

Altösterreicher

Altösterreich ist, vor allem in Österreich, eine Bezeichnung für Cisleithanien, die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder (erst ab 1915 auch offiziell Österreich genannt) ab der Mitte des 19. Jahrhunderts und dient zur Unterscheidung vom republikanischen Österreich ab 1918. Weiters wird damit (ungenau) auch ganz Österreich-Ungarn bezeichnet. In fachhistorischer Bedeutung dient der Begriff auch zur Unterscheidung österreichischer Wappen ab dem 15. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Die k.k. Monarchie

Politisch wird der Begriff Altösterreich verwendet, wenn die Kronländer des Kaisertums Österreich von Galizien bis an die Adria gemeint sind, nicht jedoch die Länder der ungarischen Krone (Transleithanien, heute zur Unterscheidung vom Ungarn seit 1918 auch als Altungarn bezeichnet). In Einzelfällen wurden in Österreich auch Deutschösterreicher in ehemaligen nichtdeutschen Kronländern als Altösterreicher bezeichnet, so etwa deutschsprachige Bürger Sloweniens nach 1945. Zu Recht wandte der slowenische Staatspräsident Milan Kucan gegen diese Bedeutung des Begriffs ein: Altösterreicher sind wir alle! Das Altösterreichertum lässt sich, da die k.k. Monarchie ein Vielvölkerstaat war, nicht auf Menschen einer Nationalität beschränken.

Im historischen Kontext beschreibt der Ausdruck die Kontinuität der österreichischen Länder in der Habsburgermonarchie über das sich wandelndene Staatswesen, vom ursprünglichen ‚Alt‘–Österreich über die Habsburgischen Erblande, die bis 1806 als Österreichischer Reichskreis auch Teil des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation waren, und das Kaisertum Österreich 1804–1867 bis zur westlichen Reichshälfte der Doppelmonarchie 1867–1918, bei deren Zerfall historisch und kulturell gemeinsam geprägte, aber politisch souveräne Nachfolgestaaten entstanden.

Die k.u.k. Monarchie

Darüber hinaus wird der Begriff Altösterreich – mitunter romantisierend – auch für Österreich-Ungarn als Ganzes verwendet, insbesondere bei der Beschreibung gesellschaftlicher und kultureller Themen zwischen etwa 1860 und 1918. In diese Epoche, die an das Biedermeier anschließt, fallen unter anderem der österreichisch-ungarische Ausgleich (1867), ab etwa 1880 die Gründerzeit bis zum Fin de siècle (Ende des Jahrhunderts) und die Vorkriegsjahre des Ersten Weltkriegs, der ‚Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts[1].

Diese Begriffsverwendung geht implizit davon aus, dass das Klima von Zusammenarbeit und Wettbewerb, Sympathie und Abneigung zwischen den Nationalitäten der Doppelmonarchie – im Kontrast zur Magyarisierungspolitik in Altungarn – letztlich auf die multinationale Politik Cisleithaniens zurückging, die die vielfältigen Einflüsse der hier lebenden Völker und Volksgruppen und ihrer Kulturen zur Geltung kommen ließ. Die Bezeichnung findet sich allerdings nur in österreichischen Geschichtsbüchern – andere Staaten mit historischem Bezug zum Habsburger Vielvölkerreich verwenden diesen Ausdruck nicht.

Das Fünf-Adler-Wappen

Altösterreich
Neuösterreich
Landeswappen Nieder-österreichs
Habsburger Pfau mit den zwei Wappen

Ursprünglich war Altösterreich die Bezeichnung eines Fünf-Adler-Wappens, welches unter Erzherzog Rudolf IV. in der offiziellen Heraldik zum Bindenschild hinzutrat.[2] Von Friedrich III. an bis 1918 war es Bestandteil aller wesentlichen Wappen Österreichs.[3] Die Bezeichnungen „Altösterreich“ für das Fünf-Adler-Wappen und „Neuösterreich“ für den Bindenschild erscheinen in Wappenbüchern erstmals um 1430.[3] Sie wurden im heraldischen Sinne bis 1804 gebraucht, als das Fünf-Adler-Wappen zum Wappen Österreichs unter der Enns wurde.[3] Am Ende des 15. Jahrhunderts deuteten einige Historiographen das Fünf-Adler-Wappen irrtümlich als „Lerchenwappen“.[3]

Die Wappen Alt- und Neuösterreichs blieben bis 1804 gleichzeitig Wappen des Hauses Österreich und des Landes unter der Enns. Seit 1804 waren die fünf Adler das Wappen des Erzherzogtums Österreich unter der Enns. Bis 1918 war der Schild mit dem Erzherzogshut gekrönt.[3]

Literatur

  • Ernst Bruckmüller: Die Entwicklung des Österreichbewußtseins. (PDF). 
  • Peter Diem: Die Symbole Österreichs. Zeit und Geschichte in Zeichen. K&S Wien 1995, ISBN 3-218-00594-9 (Webauszug: Die Symbole Österreichs)
  • Franz Gall: Österreichische Wappenkunde. Handbuch der Wappenwissenschaft. 3. Auflage. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 1996
  • Friedrich Heer: Der Kampf um die österreichische Identität. Böhlau, Wien/Köln/Graz 1981
  • Otto Posse: Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913 (E-Book – Wikibooks)
  • Manfred Scheuch: Österreich – Provinz, Weltreich, Republik. Ein historischer Atlas. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1994. Lizenzausgabe: Verlag Das Beste, ISBN 3-87070-588-4

Quellen

  1. Scheuch: Das Los der Altösterreicher, S. 194 f. und Kronländer und Nationalitäten, S. 134 f.
  2. Artikel Bindenschild im Österreich-Lexikon von aeiou
  3. a b c d e Gall, S. 124–125, 135

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