Bindenschild

Bindenschild
Der Bindenschild mit Erzherzogshut
Privilegium maius. Titelseite des für Kaiser Maximilian I. angefertigten Exemplars, 1512

Der Bindenschild, die silberne Binde (Balken) auf rotem Feld, ist das ursprüngliche Wappen der Babenberger. Die Farben Österreichs und der Habsburger leiten sich daraus her, und es ist auch in zahlreichen anderen Wappen noch enthalten. Die Farben werden auch Rot-Weiß-Rot genannt, eine Trikolore, die sich auch in anderen Staatsflaggen findet – von „Bindenschild“ spricht man in der Heraldik (Wappenkunde) und Vexillologie (Flaggenkunde) aber nur in Bezug auf dieses geschichtsträchtige Symbol.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Herkunft von Rot-Weiß-Rot

Um die Entstehung des rot-weiß-roten Familienwappens (Hauswappens) der Babenberger gab es verschiedene Thesen.[1][2] Die nach dem neuesten Forschungsstand heute gültige These von dem Historiker Hermann Wiesflecker ist die, nach der der Bindenschild ursprünglich auf die rot-weiß-rote Lehensfahne der Eppensteiner zurückgeht, denn als dieses Geschlecht 1122 ausstarb, vererbte es sein Eigengut und Friauler Lehenschaften samt seiner Lehensfahne an die steirischen Traungauer, und als diese um 1138 ausstarben, vererbten diese es an ihre nächsten Verwandten, die steirischen Otakare, weiter, die es wiederum bei ihrem Aussterben 1192 an die österreichischen Babenberger, Herzöge von Österreich, weitervererbten. So kam der Bindenschild vom Herzogtum Schwaben über Kärnten nach Friaul und von dort mit dem Erbe der Eppensteiner und der Otakare von Cordenons-Pordenone über die Steiermark nach Österreich.[3] In der Geschichte gab es noch folgende Thesen:

Herzog Leopold V. von Babenberg (links kniend) empfängt die rot-weiß-rote Reiterfahne von Kaiser Heinrich VI.
  1. Die bekannteste Legende ist die, dass der Bindenschild bei der Belagerung von Akkon (1189–1191) im Dritten Kreuzzug entstand, an dem auch der Babenberger Herzog Leopold V., der Tugendhafte (1157–1194) – nicht unbedingt mit Begeisterung – teilnahm. Es heißt, nach der Schlacht soll sein weißes Gewand völlig blutgetränkt gewesen sein, bis auf einen weißen Streifen (die „Binde“), wo er den Schwertgurt trug. Heinrich VI. soll ihm in diesem Jahr 1191 zur Verewigung des Heldenmutes das Wappen verliehen haben. Das Gewand soll noch bis ins 16. Jahrhundert aufbewahrt worden sein, zuerst in Maria Enzersdorf, dann Perchtoldsdorf, und erst um 1683 in der zweiten Türkenbelagerung verschollen sein.[4]
    Die Geschichte findet sich schon in einer Urkunde um 1260, dann in der Chronik von den 95 Herrschaften des Leopold Stainreuter, des Kaplans Albrecht III. um 1394, und wird auch im Babenberger-Stammbaum (um 1490) abgebildet.[5] Diese alten Quellen gelten heute aber als wenig glaubhaft, und dürften politisch motiviert sein.[1] Ihre Prominenz wurde auch durch das kaiserliche Patent vom 6. August 1806 wiedergestärkt, in dem das neue Wappen der k.u.k. Monarchie festgelegt wurde, und ausdrücklich auf diese Legende bezug genommen wird.
  2. Herzog Friedrich II., der Streitbare (1211–1246) habe nach einem Streit mit seinen Siegelverwahrern, den Kuenringern, die es nicht herausgeben wollten, ein neues, unverwechselbares Siegel verfertigen lassen.
    Die Version geht auf Chrysostomus Hanthaler, den Prior des Klosters Lilienfeld zurück und datiert ins mittlere 18. Jahrhundert
  3. Das Rot-Weiß-Rot stamme von den Grafen von Poigen-Hohenburg-Wildberg (Poigen im niederösterreichischen Bezirk Horn). Die Babenberger hätten es – noch vor 1210 – von diesen, nach deren Aussterben, zusammen mit deren Lehen übernommen.[6]
    Karl Lechner, ehemaliger Landeshistoriker von Niederösterreich gilt als Urheber dieser Hypothese.
  4. Der Bindenschild könnte schon früher ein Babenbergisches Zeichen gewesen sein. Auf einer Federzeichnung der Schlacht am Regen 1105 wird Leopold III., der Heilige (1073–1136) mit einem dreigeteilten Schild dargestellt.[7]
    Diese Version stammt von Andreas Kusternig (NÖ Landesregierung, Abteilung Kultur und Wissenschaft). Die Wappenfarben sind aber nicht dargestellt.[8] Die Darstellung Leopolds im Fenster des Brunnenhauses in Heiligenkreuz datiert um 1290, und ist eine spätere, schon habsburgische Zuschreibung.
Bindenschild Friedrich II., Reitersiegel, 1230

Wie auch immer dieses Wappen entstand, ab der Mitte des 13. Jahrhunderts führten die Babenberger den silbernen Balken auf rotem Grund als Familienwappen, und nur dieses wird in der Heraldik als Bindenschild bezeichnet.

  • Als früheste Quelle gilt ein wächsernes Amtssiegel zu einer Urkunde vom 30. November 1230, die Privilegien des Stifts Lilienfeld bestätigt. Es ist beschädigt, und zeigt keine Farben. Dargestellt ist ein dreieckiger Reiterschild.[9] Ein besser erhaltenes Siegel datiert 1236 (Stiftsarchiv von Heiligenkreuz).[10]
  • Die Farben bestätigen sich in zeitgenössischen Berichten von der Schwertleite (Ritterpromotion) des Friedrich II. am 2. Februar 1232 in rot-weiß-roter Festkleidung im Wiener Schottenkloster. (Bischof Gebhard von Passau, 1232, Fürstenbuch des Jans der Enikel, um 1280)[1]
Sturmfahne der Kreuzzüge

Die Farbwahl dürfte – darin liegt vielleicht ein wahrer Kern der Akkon-Legende – mit der alten Reichssturmfahne des Heiligen Römischen Reiches für die Kreuzzüge, dem silbernen Kreuz auf rotem Grund, in Zusammenhang stehen. Dessen Farben waren in dieser Zeit, als sich die europäische Heraldik zur Blüte entwickelt, sehr populär. 1237 bekommt auch die Stadt Wien dieses Zeichen als Wappen verliehen, und führt es bis heute.[1] Aber auch ein Zusammenhang mit den Stadtfarben Regensburgs (Zwei silberne Schlüssel auf Rot) wird vermutet – Heinrich II. Jasomirgott, der erste Dux Austriae (Herzog) hatte seine Residenz 1145 von Regensburg nach Wien verlegt.[11]

Von Babenberg zu Österreich

Darstellung von Altösterreich (Lerchenwappen) und Neuösterreich (Bindenschild), aus dem „Wernigeroder Wappenbuch“, 4. Viertel 15. Jh.

Ursprünglich Babenbergisches Zeichen, werden die Farben bald Territorialzeichen der Besitzungen der Babenberger in der Marcha orientalis, der Mark im Osten Baierns (Ostmark), im Bereich Niederösterreich – seinerzeit noch einschließlich des heutigen Oberösterreichs, dessen Name zeitgenössisch für die Grafschaft Tirol mit Vorarlberg steht.

Schon das Siegel des Ottokar II. Přemysl (um 1232–1278), Herzog von Österreich ab 1251, zeigt den Bindenschild.[12] 1254 ist das Siegel des Grafen Otto von Plain und Hardeck datiert, ebenfalls mit denselben Abzeichen – er zeigt auch die Helmzier aus Pfauenfedern, den Pfauenstoss, dessen Herkunft unklar ist[1], Ottokar Přemysl hingegen führt den böhmischen Adlerflug.

1340, in der Züricher Wappenrolle festgehalten, führt Österreich einen gespaltenen Schild mit Bindenschild links und drei schwarzen Löwen in Gold rechts unter dem Pfauenstoss, aber das damals schon Wittelsbachische Bayern den einfachen babenbergischen Bindenschild.

Aus unbekannten Gründen verdrängte der Bindenschild, als Neuösterreich, ab dem 15. Jahrhundert auch das Lerchenwappen mit den fünf Adlern („Lerchen“), das dann Altösterreich genannt wurde, als das Wappen der Habsburgischen Erblande.

Von Österreich zu Habsburg

Das Hauswappen der Babenberger wurde auch von den Habsburgern in ihr eigenes Hauswappen integriert, nachdem diese mit den Ländereien der Babenberger belehnt worden waren. Das dürfte schon auf Rudolf von Habsburg zurückgehen, den ersten deutschen König aus dem Hause Habsburg, der 1282 seine Söhne Albrecht und Rudolf mit den Herzogtümern Österreich, Steiermark, Krain und der Windischen Mark belehnte, und mit der Rheinfelder Hausordnung die Basis für die habsburgische Hausmacht in Österreich und die späteren Erblande legte. Dabei dürften die Habsburger – als aus der heutigen Schweiz stammend  – sich sehrwohl bewusst gewesen sein, als Fremdherrschaft empfundenen zu werden, und versuchten ausdrücklich an die Babenbergische Geschichte anzuknüpfen[1] (etwa von der Familiengrablege der Babenberger im Stift Heiligenkreuz um 1290[13] bis zum Babenbergerstammbaum um 1490[14]). In der Folge nannte sich Habsburg auch Haus Österreich.

1325 setzte Friedrich der Schöne (1314–1330) den Bindenschild auf die Brust des Königsadlers und erschuf die Stammform des heutigen Bundeswappen Österreichs.

Verwendung

Das rot-weiß-rote Bindenschild wurde nicht nur von den Babenbergern und Habsburgern und deren Zweige als Wappen geführt, sondern auch von vielen Gemeinden, Ortschaften und Landkreisen des Habsburgerreiches, um deren Zugehörigkeit zu symbolisieren. Mehrere Gemeinden in Österreich, Deutschland (vor allem in Vorderösterreich) und sogar in Belgien (ehemalige österreichische Niederlande) führen weiterhin das Bindenschild als amtliches Wappen.

Das Bindenschild findet sich auf der Brust des österreichischen Bundesadlers, des Landes Salzburg, Kärnten, im großen Wappen Baden-Württembergs und in den Wappen der belgischen Provinzen Flämisch-Brabant und Lüttich.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Peter Diem: Rot-Weiß-Rot durch die Jahrhunderte. Die wahre Geschichte der österreichischen Farben. Abgerufen am 15. Mai 2008 (auch pdf).
  2. Bundesministerium für Inneres: Die Symbole der Republik
  3. Hermann Wiesflecker, Österreich im Zeitalter Maximilians I., die Vereinigung der Länder zum frühmodernen Staat; der Aufstieg zur Weltmacht, Wien/München 1999, S. 138 f.
  4. Österreich-Lexikon. Wien, 1966, S. 978 – nach Diem
  5. Kusternig: Adler und Rot-Weiß-Rot , S. 46f
  6. Bindenschild. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
  7. Kusternig: Adler und Rot-Weiß-Rot – nach Diem
  8. Kusternig: Adler und Rot-Weiß-Rot, S. 50f
  9. Diem, mit Abb. (Webseite)
  10. Norbert Weyss: Austria und Bindenschild. In: Adler 1/89, S. 1ff, mit Abb. – nach Diem, S. 3
  11. Österreich. Gegründet in Regensburg. In: Jahresthema 2006. Stadt Regensburg, abgerufen am 15. Mai 2008.
  12. Manfred Scheuch: Österreich – Provinz, Weltreich, Republik. Ein historischer Atlas. Verlag Das Beste, ISBN 3-87070-588-4, S. 16ff Das Reich Premysl Ottokars II. – mit Abb.
  13. Die Grablege der Babenberger im Stift Heiligenkreuz
  14. Babenbergerstammbaum, aeiou Österreichlexikon

Literatur

  • Bundesministerium für Inneres: Die Symbole der Republik. In: Öffentliche Sicherheit 11-12/06, S. 69–75 (Webdokument, pdf)
  • Peter Diem: Die Symbole Österreichs. Kremayr & Scheriau, Wien 1995
  • Andreas Kusternig: Adler und Rot-Weiß-Rot – Symbole aus Niederösterreich. Katalog Nr. 174, Wien, 1986

Weblinks


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