Illenau

Illenau

Die Illenau bei Achern war ursprünglich als Heil- und Pflegeanstalt konzipiert und wurde 1842 erbaut. Initiator dieser Irrenanstalt war der badische Arzt Dr. Christian Friedrich Wilhelm Roller. Die Anstalt war bis 1940 in Betrieb und wurde dann von den Nationalsozialisten im Rahmen der Aktion T4 aufgelöst und als Reichsschule für Volksdeutsche verwendet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Anlage bis 1994 Kaserne für französische Streitkräfte, danach bemühte sich die Gemeinde Achern, die teilweise leer stehenden Gebäude zu vermarkten.

Hauptgebäude (2011)

Inhaltsverzeichnis

Die Ursprünge

Christian Friedrich Wilhelm Roller verfasste, beeindruckt durch die mangelhafte Unterbringung in den vorhandenen Irrenanstalten, nach Studien ausländischer Fachliteratur und einer Studienreise zu europäischen Anstalten ein Buch über seine Vorstellungen einer Muster-Irrenanstalt mit dem Titel Die Irrenanstalt in all ihren Beziehungen. Die Arbeit erschien 1831, ein Jahr nach der Thronbesteigung von Großherzog Leopold, der den Gedanken Rollers sehr aufgeschlossen gegenüberstand.

Im Land Baden wurde nun nach einem geeigneten Gelände für die neue Landesirrenanstalt gesucht. Nach langem Suchen fand man bei Ottersweier und bei Heitersheim in der Nähe von Freiburg im Breisgau zwei mögliche Standorte. Doch sowohl das Hubbad in Ottersweier, 1811/1812 von Badens berühmtem klassizistischen Architekten Friedrich Weinbrenner umgebaut, als auch das leer stehende Schloss der Malteserritter in Heitersheim wiesen gewisse Mängel auf. Da bot die Stadt Achern dem Ministerium des Innern ein großes Gelände am Rande der Stadt zum Verkauf an. Nach eingehender Besichtigung waren alle Zweifel beseitigt. Die Wahl stand fest, das Gelände in Achern bot alles, was man fordern und wünschen konnte.

Ein Neubau ermöglichte die räumliche Trennung von männlichen und weiblichen Kranken. Aber es sollte nicht nur nach Geschlecht, sondern auch nach dem Grad der Erkrankung unterschieden werden. Die Unheilbaren bedurften besonderer Überwachung und ausbruchsicherer Räumlichkeiten, während nur leicht Gemütskranke ein relativ normales Leben führen sollten und keinerlei Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit unterlagen. Der junge Dr. Roller forderte unter anderem den Ankauf von viel freiem Gelände um die Anstalt herum. Es sollten Gärten für die Kranken angelegt werden; man wollte auf den Feldern nahe der Anstalt einen Teil des Obstes und des Gemüses selber anbauen, um zur Versorgung der Anstalt beizutragen. Selbstverständlich waren auch die Stadtnähe und die im Bau befindliche Eisenbahnlinie wichtig für eine Anstalt im geplanten Ausmaß.

Dr. Roller konnte hier seinen Traum einer modernen Heilanstalt verwirklichen. Es sollte auch die Zeit vorbei sein, in der man Geisteskranke als vom Teufel Besessene ansah und im Irrsinn keine Krankheit, sondern eine Strafe Gottes zu erkennen glaubte. Vorbei die Zeit der dunklen Verliese, der Ketten, der Prügel und der gesellschaftlichen Stigmatisierung. Dr. Roller wollte mit seiner Anstalt neue Richtlinien weisen und Maßstäbe setzen für eine bessere, humanere Zukunft auf dem Gebiet der Psychiatrie. Somit begann die Planung einer Heilanstalt für 410 Kranke auf dem 39 Morgen (ca. 14 ha) großen Gelände.

Der Bau

Gesamtansicht der Heil- und Pflegeanstalt Illenau 1865

Der Baurat Hans Voß wurde beauftragt, nach Rollers Plänen den bautechnischen Ausbau zu fertigen. In Anlehnung an den Architekten Friedrich Weinbrenner entstand Rollers Konzept eines wohlproportionierten, symmetrischen Gebäudekomplexes im klassizistischen Baustil. Hier sind besonders der systematische Aufbau der einzelnen Gebäudekomplexe und die Reinheit der Formensprache in der Fassadengestaltung zu erwähnen. Durch gut proportionierte Gebäude- und Fassadensprünge gelang es dem Erbauer in hervorragender Weise, eine feine Gliederung ohne Verwendung aufwendiger Ornamentik zu schaffen. Mit der Gestaltung der Arkadengänge im Zentrum der Anlage wird das antike Element für den Betrachter am deutlichsten sichtbar. In ihrer Gesamtkonzeption stellt die Illenau, welche vielleicht als eines der letzten echten Bauwerke des Klassizismus zu bewerten ist, durch die Vereinigung der essentiellen Merkmale verschiedener klassizistischer Richtungen ein baugeschichtlich wertvolles Dokument dar.

Am 29. März 1836 wurden die Pläne schließlich unter Berücksichtigung der Änderungsvorschläge von Oberbaurat Hübsch genehmigt. Der feierlichen Grundsteinlegung am 9. Juni 1839 gingen notwendige Geländearbeiten voraus. In den drei Jahren Bauzeit hielten sich bis zu 400 in- und ausländische Arbeiter in der Illenau auf. Das nötige Bauholz war im Schwarzwald natürlich vorhanden, und auch der Lehm für Backsteine fehlte nicht. In Oberachern wurde noch bis Ende des 20. Jahrhunderts der Lehm aus demselben Hügel wie damals abgebaut und Ziegel gebrannt. Die Kosten für den Bau einer Straße von der Stadt zur Baustelle teilten sich die Staatskasse und die Stadt Achern. Es wurden zu dieser Zeit auch Pläne für den Gartenbau sowie die landwirtschaftliche Nutzung entworfen. Bei der Grundsteinlegung gab Großherzog Leopold von Baden dem ganzen Projekt in Anlehnung an den vorbei fließenden Illenbach den Namen Illenau.

Der Anstaltsbetrieb

Am 23. September 1842 begann das segensreiche Wirken der Illenau. Unter Aufsicht des Assistenzarztes Dr. Karl Hergt kamen 49 Patienten aus Heidelberg nach Achern. Es folgten 242 weitere Kranke ebenfalls aus Heidelberg und auch aus Pforzheim. So entstand die sog. Illenauer Familie: ein Verband aus Kranken, Ärzten, Pflegern und Pflegerinnen, Priestern, Verwaltern, Handwerkern und Ökonomen. Roller legte großen Wert darauf, dass das Personal die Kranken vorbildlich behandelte. Die leichteren Fälle konnten in den Gärten und in der näheren Umgebung spazieren gehen oder auch leichte Arbeit verrichten. Jede Abteilung hatte ihren eigenen Garten mit Blumenbeeten, die von den Kranken selbst gepflegt wurden. Sogar für die Unheilbaren gab es einen Spazierhof, der allerdings nach allen Seiten von hohen Mauern umgeben war. Im Sommer kam es auch des Öfteren vor, dass einer der Ärzte zusammen mit einigen Pflegern eine Gruppe Kranker zu Ausflügen mitnahm. Es fanden Wanderungen zu den Allerheiligen-Wasserfälle, zum Mummelsee und zu anderen Naherholungszielen statt. Roller konnte mit dieser Methode große Erfolge erzielen. Die Illenau gewann immer mehr Ansehen, da viele der Kranken als geheilt entlassen werden konnten. Bald schon kamen aus ganz Europa nach Genesung Suchende nach Achern, und viele Mitglieder des in- und ausländischen Adels wurden hier von ihren psychischen Erkrankungen geheilt.

Das Einzugsgebiet der Illenau vergrößerte sich ständig, und wieder stand man dem Problem des Platzmangels gegenüber. Daher wurde die Anstalt ständig umgebaut, erweitert und den Bedürfnissen angepasst. Im Jahre 1902/03 errichtete man etwas außerhalb gelegen zwei Landhäuser im Villenstil. Sie dienten der Unterkunft derer, die kurz darauf als geheilt entlassen werden sollten. Man unterschied zwischen dem Männer- und dem Frauenlandhaus. Einige Jahre zuvor wurden der Rollerbau (1882) und der Hergtbau (1901) errichtet.

Dr. Roller leitete die Anstalt bis zu seinem Tod 1878. Sein langjähriger Freund und Kollege Dr. Karl Hergt übernahm daraufhin die Leitung der Anstalt. 1807 in Tauberbischofsheim geboren, kam der gelernte Apotheker 1835 als Assistenzarzt an die Heidelberger Anstalt. Zusammen mit Roller übersiedelte er 1842 in die Illenau. Während Roller als großer Organisator galt, übernahm Hergt die Aufgabe des Therapeuten. Hingebungsvoll kümmerte er sich um die Kranken, achtete auf jedes ihrer Worte und bemühte sich mit Liebe und starkem persönlichen Engagement um ihre Heilung. Er war für alle Ärzte der Illenau ein großes Vorbild an Geduld und Güte. Auch er blieb bis zu seinem Lebensende im Jahre 1889 der Illenau treu.

Die Reihe bedeutender Ärzte und Direktoren wurde von Dr. Heinrich Schüle fortgesetzt. Er wurde 1840 in Freiburg geboren und kam 1863 als Hilfsarzt in die Illenau. 1890 wurde ihm die Leitung der Anstalt übertragen. Im Vergleich zu seinen Vorgängern war er ein großer Wissenschaftler. Er wollte den Geist der Illenau bewahren und trotzdem die neuesten psychiatrischen Erkenntnisse und Heilmethoden vollziehen. Auf dem Gebiet der Psychiatrie galt er im In- und Ausland als Kapazität. Zahlreiche Universitäten boten ihm Lehrstühle an und viele Irrenanstalten den Direktorensessel, aber Schüle war vollauf zufrieden mit seinem Platz in der Illenauer Familie. Er wurde zum Ehrenmitglied vieler europäischer wissenschaftlicher Gesellschaften ernannt. Sein Ruhm breitete sich über Belgien, Frankreich, Österreich, England bis nach Russland aus. Den jüngeren Ärzten imponierte sein reges Interesse an den jeweils jüngsten Forschungsergebnissen, die auf dem Gebiet der Psychiatrie erzielt wurden, und seine Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Methoden. Trotz seiner intensiven wissenschaftlichen Arbeit hatte er ein Herz für die Kranken. So erreichte er 1906 die Neugründung des Hilfsvereins für entlassene Geisteskranke. Schüle starb 1916.

Die nächsten beiden Direktoren, Dr. Ernst Thoma (1917–1929) und Dr. Hans Römer (1929–1940), leisteten keine Pionierarbeit auf dem Gebiet der Psychiatrie, und es war für sie sicher nicht leicht, im Schatten ihrer berühmten Vorgänger zu stehen. Dennoch kann man Dr. Thoma die Leistung zuschreiben, die Illenau heil durch die Jahre des Ersten Weltkrieges geführt zu haben. Auch die Zeit danach, die von wirtschaftlicher Unbeständigkeit und Lebensmittelknappheit geprägt war, wurde von Dr. Thoma und seinen Mitarbeitern vorbildlich gemeistert. Sein Nachfolger Dr. Hans Römer aber hatte eine noch weitaus schwierigere Aufgabe. Er musste den Kampf um das Überleben der Illenau als Heil- und Pflegeanstalt führen. Hitlers Euthanasieerlass und der Zweite Weltkrieg bedeuteten jedoch sowohl für Dr. Römer als auch für die Illenau das Ende ihrer Wirkungszeit. Als Dr. Römer die Ausweglosigkeit der Situation erkennen musste, ließ er sich vorzeitig pensionieren. Er wollte selbst nicht aktiv an der Auflösung der Illenau und dem Tod von Patienten beteiligt sein. Aufmerksam wurde die Welt auch noch auf einen anderen jungen Arzt der Illenauer Schule: Dr. Bernhard von Gudden. Er übernahm 1855 die Leitung der bayerischen Irrenanstalt in Werneck. Zusammen mit seinem berühmten Patienten, König Ludwigs II. von Bayern, ertrank er unter mysteriösen Umständen im Starnberger See.

Das Pflegepersonal

Bleibt die Frage, ob die zuvor genannten Direktoren jemals der Illenau zu solchem Ruhm verholfen hätten ohne die Hilfe des gesamten Personals. Es herrschten strenge Sitten innerhalb der Anstalt, Disziplinlosigkeit wurde sofort bestraft. Von den Pflegern und Pflegerinnen wurden Aufopferung, Diensteifer und Gewissenhaftigkeit gefordert. Dennoch war ein Posten in der Illenau sowohl in Achern als auch in der näheren Umgebung heiß begehrt. Man war gerne bereit, sich der strengen Hausordnung zu unterwerfen, denn die Verdienstmöglichkeiten waren verlockend. Es war zu dieser Zeit auch selbstverständlich, dass der Lohn der Pfleger um einiges höher lag als der ihrer Kolleginnen. Eine weitere finanzielle Attraktivität sah man in den Trinkgeldern, denn die Angehörigen der reichen Pfleglinge waren sehr großzügig, wenn es darum ging, ihren Schützlingen jedwede Annehmlichkeit zuschaffen. Den Wünschen der Familie der Kranken konnte vollauf entsprochen werden, da auf eine Pflegeperson nur drei bis vier Kranke kamen. Um den hohen Anforderungen zu genügen, bedurften die Pfleger einer Ausbildung. In den ersten Jahren wurden sie, während einer Probezeit, von Fachkundigen unterrichtet und von einem Arzt in medizinischen Dingen unterwiesen. 1921 wurde dann ein Pflegeschule eröffnet, die zeitweilig auch das Personal anderer Anstalten ausbildete.

Verheiratete Pfleger durften auch auf die Bereitstellung einer Wohnung seitens der Anstalt hoffen, ein weiterer Grund, den ursprünglichen Gebäudekomplex immer wieder zu erweitern. Dies geschah jedoch mit viel Gespür und Rücksicht auf die Harmonie des Ganzen. Wer die Anlage heute betrachtet, wird nur schwer unterscheiden können zwischen der von Dr. Roller geplanten Einheit und dem später Hinzugekommenen.

Die Arbeit des Pflegepersonals gestaltete sich alles andere als leicht. Es war keineswegs einfach, stets geduldig und gütig mit den Kranken umzugehen, da diese unberechenbar waren. Fast täglich wurden Pfleger von Kranken beschimpft, gedemütigt oder gar tätlich angegriffen. Das Personal aber musste die Menschenwürde der Kranken achten, durfte sich nicht provozieren lassen und hatte die Aufgabe, in Liebe zu dienen. Wachsam schützten sie die Patienten vor sich selbst, denn Selbstmordversuche gehörten zum Alltag.

Drittes Reich

Dr. Hans Römer bekam 1939 die Mitteilung, dass Patienten der Illenau mittels eines Sammeltransportes verlegt werden sollten. Zu Anfang glaubte man, der Grund dafür sei der geplante Westfeldzug. Doch bald schon ahnte Römer, was wirklich vorgesehen war, und stellte sich mit aller Macht gegen den Euthanasieerlass. Er nahm Kontakt mit anderen Anstalten auf und beriet sich mit ihnen. Er forderte die Anerkennung der Illenau als mittelbadische Nervenklinik – ohne Erfolg. Römer meldete sich krank und verzögerte dadurch den Abtransport der Kranken für kurze Zeit. Kaum war er wieder im Amt, wurde auch schon der Abtransport von 50 Kranken befohlen. Römer bemühte sich, den Befehl zu umgehen, erreichte aber nur, dass arbeitsfähige und selbst zahlende Patienten verschont blieben. Am 18. Juni 1940 wurden die ersten Kranken abtransportiert, doch statt der gemeldeten 50 wurden 75 Kranke mitgenommen. Die Fahrt ging zu NS-Tötungsanstalt Schloss Grafeneck, wo sie ermordet und eingeäschert wurden.

In der Illenau wurde man stutzig, als die Todesnachrichten eintrafen, auch die willkürlich angegebenen Krankheiten, die als Todesursache dienten, wurden misstrauisch zur Kenntnis genommen. Römer sah seine Ahnungen bestätigt und fühlte sich zum Teil mitverantwortlich am Tod dieser Menschen. Er beauftragte seine Kollegen, so viele Patienten wie eben möglich als geheilt zu entlassen. Es kam eine weitere Aufforderung an die Illenau, für den nächsten Transport 60 Patienten vorzubereiten, und Römer wusste sich keinen Rat mehr. Er beriet sich mit dem evangelischen Stadtpfarrer von Achern. Daraufhin meldete er sich erneut krank und ließ sich vorzeitig in den Ruhestand versetzen. Nachdem Römer aus dem Weg war, ging die Räumung der Illenau zügig voran. Am 19. Dezember 1940 endete schließlich das segensreiche Wirken der Illenau als Heil- und Pflegeanstalt.

Die Nationalsozialisten nutzten daraufhin die ehemalige Anstalt als Reichsschule für Volksdeutsche. Fast vier Jahre lang lebten hier zwischen 400 und 500 Südtiroler Mädchen, deren Eltern 1940 für Deutschland optiert hatten. Sie wurden nach deutschen Schulplänen unterrichtet und zu Beginn vom katholischen Pfarrer aus Oberachern betreut. In einem separaten Gebäude waren 40 Mädchen aus Polen untergebracht; sie waren zum Teil gewaltsam hierher gebracht worden, um eingedeutscht zu werden, da sie alle blond und blauäugig waren. Zwischen 1943 und 1944 war die Illenau eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt für Jungen.

Nachkriegszeit

1945 marschierte die französische alliierte Streitmacht in Achern ein und verfügte über die Illenau. Zunächst dienten die Gebäude als Unterkunft für polnische Zwangsarbeiter, die jetzt ihre Heimreise antreten sollten. Als man die Anstalt als Übergangslager nicht mehr benötigte, wurde sie von der französischen Besatzungsmacht zur Kaserne umfunktioniert. Sie erhielt den Namen "Quartier Turenne". Bis zum 31. August 1994 behielt die Illenau diese Bestimmung.[1]

Eine Bürgerinitiative Zukunft der Illenau entstand. Sie versucht, die Erinnerung an die große Bedeutung der Illenau wach zu halten und die Stadt Achern bei ihren Bemühungen um eine sinnvolle Nutzung zu unterstützen. Hierzu zählt auch die Einrichtung des Illenau-Gedächtniswegs im August 2002 und des Hansjakob-Wegs im Mai 2005.

Nach dem Wegzug der französischen Truppen kaufte die Stadt Achern am 18. März 1999 das Areal für drei Millionen DM und versuchte, den großen Gebäudekomplex zu vermarkten. [2] Im ehemaligen Küchenhaus befand sich bis Ende 2009 die Discothek Why Not, die den von der ursprünglichen Aufgabe herrührenden Namen Psychiatrie trug. Ein Immobilieninvestor erwarb 2007 den Nordflügel und errichtete bis 2009 fünfzig Wohnungen. In das ehemalige Direktorialgebäude zog Ende 2009 das Technische Rathaus der Stadtverwaltung ein. Im März 2010 fiel die Entscheidung, im verbliebenen freien Teil des Gebäudekomplexes die übrige Stadtverwaltung zusammenzuführen. Zuvor wurden die ehemaligen Stallungen der Illenau in Privatinitiative restauriert und im März 2008 die Illenau-Werkstätten eingerichtet als offene Werkstätten für Kunst, Handwerk und Technik.[3] Nach und nach wurden weitere Gebäude an der Peripherie des Areals veräußert und unter Beachtung der Anforderungen des Denkmalschutzes neuen Bestimmungen zugeführt.[4]

Die Patientenakten der Illenau sind nahezu vollständig erhalten und werden im Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg aufbewahrt.

Der Illenauer Waldfriedhof

Eingang zum Waldfriedhof

Viele Ärzte, Pfleger und Pflegerinnen der ehemals Großherzoglich Badischen Landesirrenanstalt liegen auf dem Illenauer Waldfriedhof begraben, der im Jahre 1859 gegründet wurde und heute unter Denkmalschutz steht. Er liegt in einem kleinen Wald nahe der Anstalt, enthält eine Auswahl an seltenen, zum Teil fremdländischen Bäumen und ist von einem hohen Zaun umgeben. Den Eingang schmückt ein großes, kunstvoll geschmiedetes Eisentor. Das erste, was der Besucher zu sehen bekommt, ist eine mächtige Statue, halb von Bäumen verdeckt, hinter einem großen Blumenbeet. Sie stellt den die Arme ausbreitenden Christus dar, der uns willkommen heißt. Der linke Weg führt vorbei an efeubewachsenen Gräbern zu ein paar Stufen, die hinaufführen zu einer Art Gräbergalerie. Die Gräber unterscheiden sich in Größe und Ausstattung. Die reichen Patienten der ersten Klasse haben prachtvolle Gräber mit Skulpturen erlesener Schönheit, liebevollen Inschriften und Einfriedungen kunstvoller Schmiedewerke. An die Mittellosen, die hier bestattet wurden, erinnern nur einfache Holzkreuze mit deren Namen, und selbst diese verblassten mit der Zeit bis zur Unkenntlichkeit. Es liegen Namenlose neben Adligen, Ärzte neben einem Hofschauspieler oder einem Hofmusikus und Pfleger neben einem Marschall oder einem russischen Offizier.

Stiftungen

Viele der Patienten, die auf dem Illenauer Waldfriedhof ihre letzte Ruhe fanden, hinterließen der Anstalt einen Teil ihres Vermögens für die Grabpflege. Hieraus entstand die Friedhofsstiftung, die es ermöglichte, den Waldfriedhof ständig zu pflegen und zu erweitern. Es gab aber auch eine ganze Reihe anderer Stiftungen in Zusammenhang mit der Illenau. Da war die Weihnachtsstiftung, mit deren Mitteln Weihnachtsgeschenke für die Kranken und Armen der Umgebung gekauft wurden. Es gab die so genannte Vereinigten Stiftung, die Zuschüsse an bedürftige Patienten und deren Angehörige vergab. Ihre Träger waren u.a. von Reischach, Zeller, die russische Fürstin Bariatinski und von Gahlen. Einmal jährlich fand auch das Gahlenfest statt. Ein Sommerfest für alle Kranken, Pfleger, Angestellten und Ärzte mit Musik, Theaterspiel und anderen Darbietungen. Zu erwähnen ist auch die Hergt-Weidmannsche Stiftung zu Gunsten des bedürftigen Personals und dessen Angehörigen. Die Schüle-Stiftung war als Erziehungsbeihilfe für Kinder von Patienten gedacht. Aus den Mitteln der Roller-Stiftung wurde der gleichnamige Rollerbau finanziert. Und schließlich gab es noch die Reymann-Diffené-Stiftung; sie ermöglichte Stipendien für junge Anstaltsärzte, die auf Auslandsreisen ihr Wissen erweitern sollten.

Leiter

Bekannte Ärzte

Bekannte Patienten

Literatur

  • Hugo Schneider: Die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt Illenau. Ihre Geschichte, ihre Bedeutung. in "Die Ortenau : Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden" 61, Offenburg 1981, ISSN: 0342-1503
  • Sabine Stinus, Dagmar Köppel: Die Illenau, Acheron Verlag, Achern 1992, ISBN 3-928207-22-9.
  • Paul Droll: Die Illenau. 150 Jahre Illenau Festschrift zur Jubiläumsveranstaltung 1992, Acheron Verlag, Achern 1992
  • Hansjakob, Heinrich: Aus kranken Tagen. Erinnerungen, Verlag Schauenburg, Lahr 1993, ISBN 3-7946-0284-6
  • Gerhard Lötsch: Christian Roller und Ernst Fink. Die Anfänge von Illenau, Acheron Verlag, Achern 1996, ISBN 3-928207-25-3.
  • Gerhard Lötsch: Die Geschichte der Illenau von 1842 bis 1940. Von der Menschenwürde zum Lebenswert, Achertäler Verlag, Kappelrodeck 2000, ISBN 3-930360-07-1.
  • Marga Maria Burkhardt: Krank im Kopf. Patienten-Geschichten der Heil- und Pflegeanstalt Illenau 1842–1889, Phil. Diss. Freiburg 2003. Hier zum Download

Einzelnachweise

  1. Acher- und Bühler Bote 23. Juni 1994
  2. Acher- und Bühler Bote 19. März 1999
  3. Blickpunkt Illenau 02, Juli 2007
  4. Blickpunkt Illenau, 3. Mai 2008

Weblinks

Förderkreis Forum Illenau

Illenau Werkstätten e.V.

 Commons: Illenau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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