Friedrich Weinbrenner

Friedrich Weinbrenner
Friedrich Weinbrenner

Johann Jacob Friedrich Weinbrenner[1] (* 24. November 1766 in Karlsruhe; † 1. März 1826 ebenda) war ein deutscher Architekt, Stadtplaner und Baumeister des Klassizismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Karlsruhe Markgräfliches Palais
Rathaus von Karlsruhe
Der Portikus der evangelischen Stadtkirche Karlsruhe
Die katholische Stadtkirche Sankt Stephan, Karlsruhe
Münze Karlsruhe
Ehemaliges Promenadenhaus
Villa Hamilton Baden-Baden
Kurhaus Baden-Baden
Renchens Weinbrenner-Kirche
Kirche in Kleinsteinbach
Kirche in Langensteinbach
Kirche in Scherzheim
Schloss Bad Rotenfels

Nach Lehrjahren im väterlichen Zimmereibetrieb auf Wanderschaft, arbeitete Weinbrenner ab 1788 als Bauführer in Zürich und Lausanne. 1790 kam er nach Wien und entschloss sich zum Architekturstudium, das er weitgehend autodidaktisch absolvierte. 1790/91 studierte er an den Bauakademien in Wien und Dresden, 1791/92 folgte ein mehrmonatiger Studienaufenthalt in Berlin, der Weinbrenners Aufmerksamkeit auf die antike Baukunst und den englischen Palladianismus lenkte. Prägend wurden die Bekanntschaften mit Architekten wie Carl Gotthard Langhans (1732 bis 1808), David Gilly (1748 bis 1808) und Hans Christian Genelli (1763 bis 1823). Eine intensiven Studien gewidmete Italienreise zwischen 1792 und 1797 wurde zum Höhepunkt der Ausbildungsjahre. In Rom fand Weinbrenner Anschluss an den Künstlerkreis um Carl Ludwig Fernow (1763 bis 1808). Er betrieb archäologische Studien in Rom, Pompeji und Herculaneum, reiste nach Paestum und zeichnete Veduten in der Tradition Piranesis. Wie schon in Berlin beschäftigten Weinbrenner auch in Rom Entwürfe für seine Vaterstadt.

Nach seiner Rückkehr aus Italien arbeitete er zunächst in Karlsruhe, dann in Straßburg und Hannover. Im Sommer 1800 kehrte Weinbrenner endgültig nach Karlsruhe zurück, wo er schnell Karriere machte. Ab 1797 lenkte er als Badischer Baudirektor bald das gesamte staatliche Bauwesen, seine Entwürfe bedienten öffentliche wie private Bauherren. 1800 wurde er Leiter einer staatlich geförderten privaten Bauschule, sie ging 1825 in der neu gegründeten Polytechnischen Schule Karlsruhe auf, dem Vorgänger des heutigen Karlsruher Instituts für Technologie. Mit seiner Lehrtätigkeit prägte er eine ganze Architektengeneration. Die Publikation seiner architektonischen Grundvorstellungen und eigener Entwürfe unterstützte die Etablierung und Verbreitung des in der badischen Architektur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schulbildenden „Weinbrenner-Stils”. Neben seiner Wirkung als Lehrer ist Weinbrenner vor allem als Planer des klassizistischen Karlsruhe architekturgeschichtlich bedeutsam. Ausgehend von einem 1797 vorgelegten Generalbauplan, arbeitete Weinbrenner über Jahrzehnte hinweg am Ausbau der barocken Stadtanlage. Der Markt mit evangelischer Stadtkirche (1807–15) und Rathaus (1821–25) an der zur „Via Triumphalis” ausgebauten Nord-Süd-Mittelachse zählt zu den markantesten klassizistischen Platzanlagen in Europa. Sie wurde nach Kriegszerstörungen ab 1950 weitgehend rekonstruiert. Es entstanden weitere Bebauungspläne, Musterhausentwürfe und Pläne für eine Gartenstadterweiterung für die badische Residenz, die jedoch nicht zur Ausführung kamen.

Werke

Bauwerke in Karlsruhe

Friedrich Weinbrenners Hauptaufgabe bestand in der Umwandlung des kleinen markgräflichen Karlsruhes in eine großherzogliche Residenz. Die Hauptstadt des neu geschaffenen Großherzogtums Baden – nunmehr ein deutscher Mittelstaat – bedurfte, neben einer geregelten Stadtplanung, einer Vielzahl öffentlicher und privater Bauwerke. Die Stadt wird in der Folge zum Zentrum seines Wirken. Viele seiner Bauten wurden während des Zweiten Weltkriegs zerstört, einige davon wurden in den Nachkriegsjahren – zumindest in ihrer äußeren Form – rekonstruiert.

Wichtige Einzelbauten:

  • Synagoge (1798–1800, abgebrannt 1871)
  • Markgräfliches Palais am Rondellplatz (1803–14, Teilrekonstruktion 1960–63)
  • Karlsruher Hoftheater (1804–08, abgebrannt 1847)
  • Haus des Generals Beck (1805, im Zweiten Weltkrieg zerstört)
  • Rathaus (1805/06 und 1821–25, weitgehender Wiederaufbau der Fassaden, Inneres stark verändert)
  • Evangelische Stadtkirche, (1807–16, Wiederaufbau nach dem Krieg mit einem zeitgenössischen Innenraum)
  • Katholische Stadtkirche (1808–14, Wiederaufbau ohne Rekonstruktion des Innenraums 1951–55)
  • Ettlinger Tor (südliches Stadttor, Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen)
  • Stephanienbad in Karlsruhe-Beiertheim (1811, heute als Kirche genutzt)
  • Museum (1813–14, abgebrannt 1918)
  • Mühlburger Tor (1817–21, westliches Stadttor, im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, später abgerissen)
  • Ständehaus (1820–22, 1944 zerstört)
  • Münze (1826–27)

Weitere Bauten:

  • Haus des Staatsrats Wohnlich (1799–1800, im Zweiten Weltkrieg zerstört)
  • Gotischer Turm (1802, im 19. Jahrhundert abgetragen)
  • Alte Kanzlei (1805–16, starke Abänderung von Weinbrenners Entwurf)
  • Marktplatzbauten (ab 1809 – nördliche Hälfte des Marktplatzes, im Zweiten Weltkrieg zerstört, teilweise veränderter Wiederaufbau der Fassaden)
  • Haus des Apothekers Sommerschuh (1814, im Zweiten Weltkrieg zerstört)
  • Haus des Säcklers Schnabel (1815–16, im Zweiten Weltkrieg zerstört)
  • Altes Promenadenhaus (1815, später verändert, heute Kegelbahn)
  • Haus des Einnehmers Bodmer (1815, im Zweiten Weltkrieg zerstört)
  • Palais der Markgräfin Friedrich, mit Orangerie (Ende 19. Jahrhundert abgerissen)
  • Stadtpalais am Inneren Zirkel (1816, Weinbrenner zugeschrieben)
  • Haus Weltzien (1822–23, Weinbrenner zugeschrieben)
  • Brunnenhaus in Karlsruhe-Durlach (1822–24)

Bauwerke in Baden-Baden

Baden-Baden erlebte mit Beginn des 19. Jahrhunderts einen neuerlichen Aufschwung als Kurort. Die dadurch neu benötigten Bauten führten dazu, dass die Stadt zum zweiten Zentrum des Wirkens Weinbrenners – neben Karlsruhe – wurde. Durch Um- und Anbauten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befindet sich keines der von ihm gebauten Gebäude heute noch im Originalzustand. Allein die Vorderseite des Mittelbaus des Kurhauses und Teile der Villa Hamilton sind noch in einem originalgetreuen Zustand.

  • Antiquitätenhalle (1804, Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen Bau von Heinrich Hübsch ersetzt)
  • Villa Hamilton (1809, ehemals Stadtpalais der großherzoglichen Familie)
  • Hotel Badischer Hof (durch neoklassizistische An- und Umbauten verändert)
  • Kurhaus (1821–25, durch An- und Umbauten verändert)
  • Trinkhalle (1822–24, Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen Bau von Heinrich Hübsch ersetzt)
  • Konversationshaus (heute Rathaus, durch An- und Umbauten verändert)

Weitere Bauwerke

Friedrich Weinbrenners Schaffen als badischer Oberbaudirektor galt mit Ausnahme der Theaterentwürfe für Leipzig (realisiert, aber zerstört) und Düsseldorf (nicht realisiert) alleine der badischen Hauptstadt Karlsruhe und ihrer Umgebung. Sein nördlichstes Werk findet man in Heidelberg, sein südlichstes in Badenweiler. Dieser relativ kleine Wirkungsradius erklärt sich aus der Tatsache, dass Weinbrenner die beiden nach Karlsruhe wichtigsten Bezirke Mannheim und Freiburg in die Hände von ihm ausgebildeter Schüler gab. Friedrich Weinbrenner selbst arbeitete nur in Karlsruhe und dem Umland, der Weinbrenner-Stil verbreitete sich über das Großherzogtum Baden hinaus aus. Weitere Bauwerke von ihm und seinen Schülern:

Wirkung

Der Bau des Karlsruher Hoftheaters und die Publikation seiner Planung begründeten Weinbrenners Ruf als Fachmann auf diesem Gebiet. Er bekam Folgeaufträge von außerhalb der Landesgrenzen, u.a. aus Leipzig und Düsseldorf. Weinbrenners Architektursprache, deren Formenkanon er sich im Wesentlichen während der römischen Jahre erarbeitet hat, fand im Verlauf seiner fast 30-jährigen aktiven Laufbahn im badischen Staatsdienst in vielfältigen Bauaufgaben praktische Gestalt. Fast alle Projekte Weinbrenners wurden unter dem von äußeren Umständen diktierten Zwang zur Sparsamkeit verwirklicht, die Ökonomie der Bauausführung war eine prägende Größe seiner Architektur. Seinem schweren, in den Binnenformen meist reduzierten Vokabular haftet eine zum Teil spröde wirkende Variantenarmut an, die Weinbrenners Bauten noch zu dessen Lebzeiten der Kritik der nachfolgenden, schon historistisch orientierten Architekten aussetzte. Eine erste Neubewertung seines Werks fand mit dem 1926 veröffentlichten Buch „Friedrich Weinbrenner: Sein Leben und seine Bauten” durch Arthur Valdenaire statt.

Schüler Weinbrenners

Aus der Bauschule Weinbrenners gingen zahlreiche Schüler hervor. Sie vor allem sorgten im Großherzogtum Baden für die landesweite Verbreitung des Weinbrenner-Stils.

  • Georg Moller, Oberbaurat und Hofbaudirektor des Großherzogtums Hessen-Darmstadt
  • Heinrich Hübsch, Weinbrenners direkter Nachfolger als Leiter der badischen Baudirektion
  • Christoph Arnold, ein Neffe Weinbrenners, Bruder von Friedrich Arnold, als Kreisbaumeister im Raum Freiburg tätig
  • Friedrich Eisenlohr, Schüler von Arnold und späterer Assistent von Hübsch
  • Karl August Schwarz, in der Region Bruchsal tätig
  • Friedrich Arnold, ein Neffe Weinbrenners, Bruder von Christoph Arnold
  • Hans Voß, Sohn von Johann Heinrich Voß im Raum Lahr tätig
  • Jacob Friedrich Dyckerhoff (1774–1845), im Raum Mannheim tätig
  • Johann Thierry, in Heidelberg und Umgebung tätig
  • Wilhelm Vierordt, im Raum Rastatt tätig
  • Friedrich Theodor Fischer, in Karlsruhe und Umland tätig
  • Johann Ludwig Weinbrenner, ein Neffe Weinbrenners

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Über Theater in architectonischer Hinsicht, Tübingen 1809
  • Architectonisches Lehrbuch, 3 Teile, Tübingen/Karlsruhe 1810–1825 (Digitalisate als PDF: Teil 1, Teil 2, Tafelband)
  • Ausgeführte und projectirte Gebäude. Carlsruhe [u.a.]: Marx, 4 Hefte erschienen Karlsruhe 1822–35. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
    • (Reprint mit einem Kommentar von W. Schirmer, C. F. Müller, Heidelberg 1978)
  • Kurzgefaßte Geschichte meiner künstlerischen Bildung, in: Zeitgenossen 3. Reihe, 1. Bd., H. 4, Leipzig 1829, S. 65–74
  • Friedrich Weinbrenner. Denkwürdigkeiten aus seinem Leben, von ihm selbst geschrieben, hrsg. v. Aloys Schreiber, Heidelberg 1829

Literatur

  • Louis Katzenstein: Weinbrenner, Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 500–502.
  • Arthur Valdenaire: Friedrich Weinbrenner: Sein Leben und seine Bauten. Braun Karlsruhe 1926
  • Arthur Valdenaire (Hrsg.): Briefe und Aufsätze. Karlsruhe 1926
  • Arthur von Schneider (Hrsg.): Denkwürdigkeiten. Braun Karlsruhe 1958
  • S. Sinos: Entwurfsgrundlagen im Werk Friedrich Weinbrenners. In: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Baden-Württemberg 8 (1971), S. 195–216
  • Klaus Lankeit: Friedrich Weinbrenner und der Denkmalskult um 1800. Basel/Stuttgart 1979
  • Ausstellungskatalog „Friedrich Weinbrenner und seine Schule“. Karlsruhe 1987
  • Claudia Elbert: Die Theater Friedrich Weinbrenners – Bauten und Entwürfe. Karlsruhe 1988
  • Gottfried Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe. Braun Karlsruhe 1999
  • Sammlung von Grundplänen, entworfen durch Friedrich Weinbrenner. Hrsg. v. mehreren seiner Schüler, Frankfurt am Main 1847 (Neuausgabe 1858)
  • Ulrich Coenen: Klassizismus in der nördlichen Ortenau – Friedrich Weinbrenner als Architekt des Bades Hub und der Pfarrkirche in Scherzheim. In: Heimatbuch 2002 Landkreis Rastatt, 41. Jahrgang (2002), S. 221-228
  • Dieter Dolgner: Die Architektur des Klassizismus in Deutschland. Verlag der Kunst, Dresden 1971, S. 48–53
  • David. B. Brownlee (Hrsg.): Friedrich Weinbrenner, Architect of Karlsruhe: A Catalogue of the Drawings in the Architectural Archives of the University of Pennsylvania. University of Pennsylvania Press, 1986

Weblinks

 Commons: Friedrich Weinbrenner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Friedrich Weinbrenner – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Quelle für die Namens-Schreibweise: Helmut Knocke: Weinbrenner, Johann Jakob Friedrich, in: Stadtlexikon Hannover, S. 662

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