- Industriekauffrau
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Industriekaufmann ist ein bundesweit anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Der Monoberuf wird ohne Spezialisierung nach Fachrichtungen oder Schwerpunkten in Industriebetrieben und Dienstleistungsunternehmen angeboten.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Berufs
Der Beruf Industriekaufmann wurde 1936 erstmals als anerkannter Lehrberuf verzeichnet. Im Jahre 1957 wurde das Berufsbild durch Erlass geändert.
Seit 2002 gilt die aktuelle Ausbildungsordnung für Industriekaufleute. Kernpunkte sind u. a. die verstärkte Kundenorientierung und das Vermitteln von berufsübergreifenden Qualifikationen wie z. B. Wirtschaftsenglisch und die Anwendung von Microsoft Office. Die Ausbildung/Umschulung zum Industriekaufmann gilt als die anspruchsvollste kaufmännische Berufsausbildung in Deutschland.
Berufsbild
Industriekaufleute werden in Unternehmen jeglicher Art und Größe für die Planung, Durchführung und Kontrolle der verschiedensten kaufmännischen Aufgabenbereiche eingesetzt. Ziel ist es, Industriekaufleute so auszubilden, dass sie in der Lage sind, alle kaufmännischen Aufgaben zu erledigen. Dies wird insbesondere bei kleinen Unternehmen vorausgesetzt, um eine Festanstellung zu bekommen.
In größeren Unternehmen setzt sich immer häufiger eine Spezialisierung auf ganz bestimmte Funktionsbereiche, z. B. Materialwirtschaft, Vertrieb, Einkauf, Personal oder Rechnungswesen durch.
Arbeitsorte
Industriekaufleute arbeiten in kleinen Büros oder in Großraumbüros, wo sie am Computer Geschäftsvorgänge buchen oder Angebote erstellen und vergleichen. In Besprechungszimmern diskutieren sie Verkaufsförderungsmaßnahmen oder Einkaufsstrategien.
Arbeitsorte sind auch Produktionshallen, hier überprüfen sie beispielsweise Maschinenbelegungen, koordinieren Produktionsaufträge oder kontrollieren Lagerbestände.
Dauer der Ausbildung/Umschulung
Die Ausbildung/Umschulung dauert in der Regel drei Jahre, kann jedoch auf zwei Jahre verkürzt werden. Diese Verkürzung muss jedoch durch den Betrieb genehmigt und rechtzeitig bei der IHK beantragt werden. Alle Anträge auf Verkürzung der Ausbildungszeit werden als Einzelfallentscheidung bearbeitet. Eine bundeseinheitliche Regelung (z. B. sehr guten Notendurchschnitt) gibt es hierbei nicht.
In der Regel wird der erfolgreiche Abschluss der Höheren Handelsschule (mit dem Schulabschluss der Fachhochschulreife bzw. Fachabi) als erstes Jahr mit der Berufsausbildung angerechnet, sodass die Ausbildung/Umschulung im Betrieb und Berufsschule nur 2 Jahre dauert.
Inhalte der Berufsschule
In der Berufsschule werden folgende berufsbezogene Lernfelder vermittelt:
Investitions- und Finanzierungsprozesse planen; personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen; Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren; Beschaffungsprozesse planen, steuern und kontrollieren; Jahresabschlüsse analysieren und bewerten; Leistungserstellungsprozesse planen, steuern und kontrollieren; Wertströme erfassen und dokumentieren; Wertschöpfungsprozesse analysieren und beurteilen; Unternehmensstrategien und -projekte umsetzen; marktorientierte Geschäftsprozesse eines Industriebetriebes erfassen; das Ausbildungsunternehmen in globalwirtschaftliche Zusammenhänge einordnen.
IHK-Prüfung
Die Prüfung ist öffentlich rechtlich - die Prüfungsverordnung ist bundesweit einheitlich und wird durch das Bundesministerium für Bildung erlassen. Die IHK-Abschlussprüfung besteht aus vier Prüfungsbereichen:
Schriftliche Prüfung:
- Geschäftsprozesse (Betriebswirtschaftslehre) - 180 Minuten.
- Kaufmännische Steuerung und Kontrolle (Rechnungswesen) - 90 Minuten.
- Wirtschafts- und Sozialkunde (Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht) - 60 Minuten.
Mündliche Prüfung:
Die mündliche Prüfung besteht aus einer Präsentation und einem Fachgespräch.
Zur Vorbereitung der Präsentation ist ein höchstens fünfseitiger Report (Abschlussarbeit) zu erstellen, dieser Report wird "angeblich" nicht bewertet. In der Präsentation und dem anschließenden Fachgespräch soll der Prüfungsteilnehmer beweisen, dass er komplexe Fachaufgaben aus der Berufspraxis von Industriekaufleuten selbstständig lösen kann. Präsentation und Fachgespräch sollen zusammen höchstens 30 Minuten dauern.
Weiterbildung
Typische Weiterbildungsmöglichkeiten für Industriekaufleute sind:
- IHK - Ausbilder
- Fachkaufmann IHK (wird für verschiedene Fachrichtungen angeboten)
- Industriefachwirt IHK
- Bilanzbuchhalter IHK
- Staatlich geprüfter Betriebswirt
- Bachelor-Studium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre
Berühmte Industriekaufleute
Folgende Persönlichkeiten haben eine Ausbildung als Industriekaufmann absolviert:
- Egon Bahr (* 1922), deutscher SPD-Politiker, ehemaliger Bundesminister
- Friedel Neuber (1935–2004), Ex-Vorstandsvorsitzender der WestLB
- Franz Müntefering (* 1940), SPD-Parteivorsitzender, ehemaliger Vizekanzler
- Reinhard Mey (* 1942) deutscher Musiker und Liedermacher
- René Obermann (* 1963), Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG
- Werner Wenning (* 1946), Vorstandsvorsitzender der Bayer AG
- Bettina Würth (* 1961), Vorsitzende des Stiftungsbeirats der Würth-Gruppe
- Peter Hartz (* 1941), Ex-Personalvorstand der Volkswagen AG und Erfinder der Arbeitsmarkt-Reformen (Hartz-Gesetze)
- Hans-Jürgen Niehaus (* 1957) Finanzvorstand der WestLB
- Rudi Dutschke (1940–1979), deutscher Studentenführer/68er
- Horst Tappert (1923–2008), deutscher Schauspieler (bekannt durch die Krimiserie Derrick)
- Sven Ottke (* 1967), Ex-Boxweltmeister im Super-Mittelgewicht
- Gerhard Weber (* 1941) Gründer des Modekonzerns Gerry Weber
Weblinks
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