Induzierter Luftwiderstand

Induzierter Luftwiderstand
Schematische Darstellung von Auftriebsverteilung, Umströmung der Flügelenden und Randwirbel

Ein Körper, der einer Strömung eines Fluids ausgesetzt ist, erfährt einen Widerstand. Dieser Widerstand kann in einzelne Komponenten zerlegt werden, die verschiedene Ursachen haben.

Eine dieser Komponenten ist der induzierte Luftwiderstand (kurz: induzierter Widerstand). Er wird durch nicht in Fluss- bzw. Bewegungsrichtung fließende Ausgleichsströmungen hervorgerufen, die durch strömungsbedingte Druckunterschiede entstehen. Der induzierte Widerstand geht additiv mit dem Oberflächenwiderstand (Reibung) und dem Formwiderstand (Stirnfläche) in den Gesamtwiderstand ein.

Inhaltsverzeichnis

Induzierter Luftwiderstand bei einem Flugzeug

Bei der Tragfläche eines Flugzeuges lässt sich der induzierte Luftwiderstand besonders gut veranschaulichen. Das Flugzeug erzeugt Auftrieb, indem es eine Tragfläche mit einem bestimmten Anstellwinkel durch die Luft bewegt. Dadurch entsteht oberhalb des Flügels relativer Unterdruck und unterhalb des Flügels relativer Überdruck. An den Enden der Flügel stoßen die Gebiete mit den unterschiedlichen Druckverhältnissen zusammen, und es findet eine ausgleichende Strömung vom Gebiet höheren Druckes zum Gebiet niedrigeren Druckes statt, also von der Unterseite zur Oberseite. Es entstehen an den Flügelenden zwei gegenläufige Randwirbel, die keinen Beitrag zum Auftrieb leisten. Die stete Erzeugung dieser Wirbel benötigt jedoch Energie und wird "induzierter Widerstand" genannt. Er ist in erster Linie abhängig von der Flügelstreckung und vom Auftrieb nach der Formel:

C_{W_i}=\frac{{C_A}^2}{\pi\Lambda e}         (CA ist der Auftriebsbeiwert, Λ ist die Streckung, e ist der Oswaldfaktor)

Der induzierte Widerstand kann auch in Form des zusätzlichen Anstellwinkels gegenüber den reinen Profildaten (mit Λ = ∞) angegeben werden:

\alpha_{ind}=\frac{{C_A}}{\pi\Lambda e}     (in 1/rad)      oder      \alpha_{ind}=\frac{C_A \cdot 57,3}{\pi\Lambda e}     (in Winkelgrad (°))

Der gesamte Luftwiderstand eines Flugzeugs setzt sich zusammen aus den Teilwiderständen von Flügel, Rumpf, Leitwerk, schädlichen Widerständen und eben dem unvermeidbaren induzierten Widerstand. Der induzierte Widerstand hat bei Flugzeugen im Langsamflug einen Anteil von über 50% und im Normalflug überwiegt er immer noch jeden anderen Teilwiderstand.

Einfluss der Geschwindigkeit

Bei steigender Geschwindigkeit desselben Flugzeuges muss der Anstellwinkel verringert werden, damit der Auftrieb gleich bleibt. Aufgrund des geringeren Anstellwinkels fällt der induzierte Widerstand geringer aus. Der induzierte Widerstand ist demnach im Langsamflug, z.B. bei Start und Landung, am größten.

Streckung

Der Luftstrom am äußersten Teil des Flügels wird durch die Ausgleichsströmung am meisten beeinflusst. Flügel mit einer großen Streckung erzeugen daher bei gleicher Fläche und gleichem Auftrieb umgekehrt proportional zur Streckung einen geringeren induzierten Widerstand als tiefe Flügel mit kleiner Streckung.

Auftriebsverteilung, Oswaldfaktor

Die Supermarine Spitfire hatte einen fast elliptischen Flügelgrundriss

Die optimale Verteilung des Auftriebs über die Spannweite ist elliptisch. Der dazu gehörende optimale Flügelgrundriss ist ebenfalls elliptisch.

Beides lässt sich mathematisch aus der Prandtl'schen Traglinientheorie (nach Ludwig Prandtl) herleiten. In dieser Theorie wird die Strömung um den Tragflügel als Potentialströmung modelliert, und es werden noch einige Annahmen getroffen, die eine analytische Lösung des Problems ermöglichen.

Sobald der Flügel einen anderen Grundriss aufweist, beispielsweise einen rechteckigen, erhöht sich der induzierte Widerstand. Dies wird durch den Oswaldfaktor erfasst: je niedriger der Oswaldfaktor, desto höher ist der induzierte Widerstand, und desto ungünstiger ist die Geometrie des Flügels. Im Idealfall (Ellipse) ist der Oswaldfaktor gleich eins. Üblicherweise liegt der Oswaldfaktor bei modernen Flügeln im Bereich von 0,6 bis 0,9. Zur Widerstandsreduzierung verwendet man konstruktive Varianten wie z.B. Schränkung, Zuspitzung oder Winglets.

Der Oswaldfaktor wird auch als Flügelwirkungsgrad oder Spannweitenwirkungsgrad bezeichnet.

Literatur

  • Götsch, Ernst: Luftfahrflugzeugtechnik. Motorbuchverlag Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8
  • Hermann Schlichting, Erich Truckenbrodt: Aerodynamik des Flugzeugs 2 (Klassiker der Technik). Springer Verlag Berlin 2001, ISBN 3-540-67375-X
  • Peter Thiede: Aerodynamic drag reduction technologies. Springer, Berlin 2001, ISBN 978-3-540-41911-2.

Weblinks


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