- Interreligiöse Ehe
-
Als interreligiöse Ehe bezeichnet man die Ehe zwischen Angehörigen verschiedener Religionen, die diffamierend auch als Mischehe bezeichnet wird. Im Unterschied zur interkonfessionellen Ehe lassen sich über die Religionsgrenzen hinweg oft nur unter Schwierigkeiten konkrete gemeinsame Glaubensinhalte finden, die über moralische Werte hinausgehen.
Inhaltsverzeichnis
Standpunkte verschiedener Religionen
Interreligiöse Ehen werden von vielen Religionen als mehr oder weniger problematisch angesehen. Zu unterscheiden ist auch die spirituelle Sicht der religiösen Lehre, das aus manchen Religionen abgeleitete religiöse Gesetz und der praktische Einfluss davon auf den Umgang der Gesellschaften mit interreligiösen Ehen.
Religiöse Gesetze, die die Wahl des Ehepartners religionsabhängig beschränken, stehen im Konflikt mit dem Menschenrecht auf freie Wahl des Ehepartners (Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte).
Islam
Das aus dem Islam abgeleitete religiöse Recht der Scharia behandelt Männer und Frauen asymmetrisch:
Muslimischen Frauen ist nicht erlaubt, Männer einer nichtmuslimischen Religionsgemeinschaft zu heiraten. Sollten solche Ehen dennoch bestehen (wenn z.B. der Mann vom Islam abfällt oder die Frau Muslimin wird), muss die Ehe geschieden werden, ggf. zwangsweise. Die Bedeutung dieser Gesetze der Scharia als gültiges staatliches Recht oder als Einfluss auf das gesellschaftliche Leben ist je nach Land und Region unterschiedlich. Konservative Extreme sind Iran und Saudi-Arabien, liberale Extreme sind Albanien und Teile der Türkei.
Muslimischen Männern ist es dagegen erlaubt, Frauen, die einer Buchreligion angehören, zu heiraten. Die Kinder einer solchen Ehe haben nach dem religiösen Gesetz die Pflicht, Muslime zu sein.
- Siehe auch: Islamische Ehe
Christentum
Das Neue Testament nimmt eine vergleichsweise tolerante Stellung zu interreligiösen Ehen ein. So schreibt Paulus im 1. Korintherbrief 7:12-14, dass ein Christ (egal ob männlich oder weiblich) sich nicht von seinem nichtchristlichen Ehepartner scheiden lassen soll: „Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch die Frau, und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den gläubigen Mann.“
Diese liberale Auffassung hat sich im Christentum seit der Aufklärung immer weiter verbreitet.
Andererseits gibt es manche konservative christliche Strömungen, die interreligiöse Ehen ablehnen oder gar verbieten. Diese berufen sich u.a. auf den Satz „Zieht nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen.“ (2. Korintherbrief 6:14) und auf die im Alten Testament beschriebenen Regeln, wie sie auch für die Juden gelten.
Die Katholische Kirche hat zu interreligiösen Ehen etwa dieselben Vorbehalte wie bei interkonfessionellen Ehen.
Judentum
Nach dem jüdischen Gesetz ist eine Eheschließung zwischen Juden und Nichtjuden nicht möglich. Die fehlende Trennung von Religion und Staat führt in Israel dazu, dass in diesem Staat keine Zivilehe vorgesehen ist. Somit können Israelis – sowohl Juden als auch Nichtjuden – ihren Ehepartner im Falle einer anderen Religionszugehörigkeit nicht in Israel heiraten. Andererseits werden außerhalb des jüdischen Gesetzes geschlossene Ehen anerkannt. Ein komplexes und im Judentum strittiges Thema ist, ob und wann die Kinder einer solchen Ehe als Juden anerkannt werden oder nicht. Die Frage betrifft Juden außerhalb Israels, insofern nämlich ein Jude eine Nichtjüdin heiratet, bereits die Enkel dieses Paares das Recht auf eine Repatriierung in Israel nach dem Rückkehrgesetz verlieren. Insbesondere die rund 880.000 Juden im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gehen immer häufiger interreligiöse Ehen ein. Ministerpräsident Olmert äußerte dazu im Juli 2008: „Das gibt den ernsthaften Grund zur Besorgnis, dass die jüdischen Gemeinden im Laufe einer Generation in diesen Ländern verschwinden werden.“ „In Mischehen verringert sich gewöhnlich das Zugehörigkeitsgefühl zur jüdischen Kultur und Nationalität. Es geht somit ein Aussterben einer Nation vor sich“, erörterte Alex Selski, Pressesprecher der für Immigrationsfragen zuständigen Jewish Agency. Die israelische Regierung beabsichtigt die Gründung einer zwischenbehördlichen Kommission, um diesbezügliche Fragen zu klären.[1]
Jesidentum
Die nur unter Kurden verbreitete jesidische Religion ist völlig auf Endogamie ausgerichtet. Die Religionszugehörigkeit kann nur durch Geburt erworben werden. Jesiden, die Nicht-Jesiden heiraten, werden aus der Religionsgemeinschaft ausgeschlossen. Auch ein Übertritt zum Jesidentum ist für den nicht-jesidischen Ehepartner nicht möglich.
Drusen
Da die Religionsgemeinschaft der Drusen keine Missionierung oder Konvertierung erlaubt und auch ein freiwilliger Übertritt nicht vorgesehen ist, sind im Drusentum ebenfalls nur endogame Ehen möglich.
Siehe auch
Exogamie, interkonfessionelle Ehe, interkulturelle Ehe
Literatur
- Peter Guttkuhn: Abbele und Malchen. Lübecks erste jüdisch-christliche Ehe., in: Lübeckische Blätter. Lübeck 2000, Seite 122-124.
- Peter Guttkuhn: Eheverbot für einen Lübecker Polizisten – eine jüdisch-christliche Liebes- und Rechtsgeschichte., in: Schleswig-Holsteinische Anzeigen. Justizministerialblatt für Schleswig-Holstein. H 6. Kiel 2006, Seite 190-191. ISSN 1860-9643.
Einzelnachweise
Wikimedia Foundation.