- Jesuitengesetz
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Das Jesuitengesetz vom 4. Juli 1872 war Teil des Kulturkampfes und verbot die Niederlassungen des Jesuitenordens auf dem Boden des Deutschen Kaiserreichs.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt und Folgen
Der Schwerpunkt der Kulturkampfmaßnahmen ging auf Gesetze der Bundesstaaten zurück. Neben dem so genannten Kanzelparagrafen gehörte das Jesuitengesetz zu den wenigen auf der Reichsebene geltenden Gesetzen.
Anders als etwa die Einführung von Standesämtern oder die Durchsetzung der staatlichen Schulaufsicht (Schulaufsichtsgesetz) in Preußen, war das Jesuitengesetz von Anfang an ein Kampfgesetz zur Bekämpfung des Ultramontanismus, galten doch die Jesuiten als Speerspitze dieser Bewegung. Vorausgegangen waren in der Öffentlichkeit regelrechte Kampagnen der Altkatholiken und des Deutschen Protestantenvereins. Die liberale Reichstagsmehrheit hatte einen Entwurf des Bundesrates, das heißt des Reichskanzlers Otto von Bismarck, noch verschärft. Am 4. Juli wurde das Gesetz, das die Betätigung der Jesuiten und verwandter Orden betraf, verkündet. Es verbot alle Ordensniederlassungen auf deutschem Boden und ermächtigte die Regierung, Aufenthaltsverbote gegen einzelne Jesuiten auszusprechen sowie ausländische Jesuiten jederzeit aus dem Deutschen Reich auszuweisen. Obwohl der Kulturkampf von den Liberalen mit vorangetrieben wurde, lehnten einzelne Politiker wie Karl Biedermann[1], Ludwig Bamberger oder Eduard Lasker das Jesuitengesetz als Ausnahmegesetz ab, weil es massiv in die Grundrechte eingriff und eine einzelne Gruppe eklatant diskriminierte. Die Mehrheit der Liberalen stimmte Bismarck jedoch stürmisch zu, als dieser vor dem Reichstag verkündete: „Nach Canossa gehen wir nicht – weder körperlich noch geistig.“
Das Gesetz blieb auch nach der weitgehenden Beendigung des Kulturkampfes in den 1880er Jahren in Kraft. In der Folge verlangte die Zentrumspartei und andere Organisationen[2] immer wieder vergeblich die Aufhebung des Gesetzes. Ungewollt trug die Weitergeltung des Gesetzes dazu bei, den Zusammenhalt des katholischen Milieus zu stärken.
Erst 1904 wurde das Gesetz gemildert und 1917 abgeschafft. Die Motive lagen in Zugeständnissen an die Zentrumspartei, die inzwischen für die Regierungsbildung unentbehrlich war.
Einzelnachweise
- ↑ Karl Biedermann an Eduard Lasker vom 12. Juni 1872
- ↑ Beispiel einer Petition für die Aufhebung des Gesetzes aus dem Jahr 1912
Literatur
- Gordon A. Craig: Deutsche Geschichte 1866–1945. Vom Norddeutschen Bund bis zum Ende des Dritten Reiches. C. H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-07815-X, S. 76.
- Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866–1918. Machtstaat vor der Demokratie. C. H. Beck, München 1992, ISBN 3-406-34801-7, S. 374.
- Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bd. 1, Bonn 2002, ISBN 3-89331-463-6, S. 224.
- Reinhold Zippelius: Staat und Kirche. C. H. Beck, München 1997.
Weblinks
Wikisource: Themenseite Religion – Quellen und VolltexteWikisource: Jesuitengesetz vom 4. Juli 1872 – Quellen und VolltexteWikisource: Ausführungsvorschrift zum Jesuitengesetz vom 5. Juli 1872 – Quellen und VolltexteWikisource: Ausführungsvorschrift zum Jesuitengesetz vom 20. Mai 1873 – Quellen und VolltexteKategorien:- Rechtsquelle (Deutsches Kaiserreich)
- Christentum in Deutschland (19. Jahrhundert)
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