Jesuitenkirche (Koblenz)

Jesuitenkirche (Koblenz)
Das Westportal der Jesuitenkirche
Innenraum der Jesuitenkirche
Jesuitenkolleg und -kloster in Koblenz, Plan von Nikolaus Lauxen 1769

Die Jesuitenkirche St. Johannes der Täufer, heute auch Citykirche genannt, ist eine Filialkirche der katholischen Pfarrei St. Kastor in Koblenz. Sie steht an der Stelle der 1944 zerstörten Kirche aus dem 17. Jahrhundert am Jesuitenplatz neben dem ehemaligen Jesuitenkolleg, in dem heute das Koblenzer Rathaus untergebracht ist. Der Patron der Kirche ist Johannes der Täufer.

Seit 2002 ist die Jesuitenkirche Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Jesuitenkirche ist Teil des südlich angrenzenden Baukomplexes des ehemaligen Jesuitenkollegs und -klosters. Im 13. Jahrhundert war in diesem Bereich der Stadt ein Zisterzienserkloster gegründet worden, das an der Stelle der heutigen Kirche einen gotischen Bau errichtete. 1580 versetzte der Trierer Erzbischof Jakob von Eltz die Ordensfrauen zwangsweise auf die Insel Niederwerth, da er die Klosterbauten den Jesuiten übergab, um mit der Ansiedlung dieser Klerikergemeinschaft die Gegenreformation bzw. die Reformen des Trienter Konzils in seinem Erzbistum zu forcieren. Die Jesuiten übernahmen zunächst die Zisterzienserinnenbauten. Anfang des 17. Jahrhunderts brachen sie die gotische Kirche bis auf den Chor ab und bauten eine neue Kirche. Zwischen 1588 und 1701 erfolgten die noch bestehenden Neubauten für Kolleg und Kloster. In diesen Bauten ist seit 1895 das Rathaus der Stadt Koblenz untergebracht. Nach Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde die Kirche Filiale von St. Kastor.

Die Jesuitenkirche wurde von 1613 bis 1617 nach dem Vorbild der Petrikirche in Münster errichtet. Sie war eine dreischiffige sechsjochige Säulenbasilika mit Emporen über den Seitenschiffen, einer Westempore sowie prächtigen Sterngewölben. Der gotische und polygonal geschlossene Langchor der Vorgängerkirche schloss den Bau nach Osten ab. Der ältere Chor wurde in den 1720er Jahren eingewölbt. Die Architekturformen waren der längst nicht mehr aktuellen Gotik entlehnt, moderne Renaissanceformen fand man vor allem am Außenbau. Eine prachtvolle Barockausstattung gab dem Innenraum bis 1944 einen besonderen Reiz.

Bei den Luftangriffen auf Koblenz wurde die Jesuitenkirche 1944 weitestgehend zerstört. Die wiederaufbaufähige Ruine wurde nach langer Diskussion im damaligen Bauverein 1956 abgerissen und 1958−1959 durch einen Neubau ersetzt. Die barocke Sakristei blieb erhalten. Die letzten Jesuiten verließen 2003 Koblenz.

Bau und Ausstattung

Der heutige Kirchenbau ist ein dreischiffiger Längsbau mit Polygonalchor und übernimmt mit seiner Architektur Grundstrukturen der zerstörten Vorkriegskirche. Der Bau entstand 1958 bis 1959 nach Plänen des bedeutenden Kirchen-Architekten Gottfried Böhm (Köln). Er übernahm vom Vorgängerbau die erhaltene Westgiebelfassade von 1617 mit dem großen Radfenster und dem in Renaissanceformen gestalteten Hauptportal, das mit dem benachbarten Jesuitenkolleg den Jesuitenplatz entscheidend mitbestimmt. Dieses reich geschmückte rundbogige Westportal besitzt korinthische Säulenpaare mit dazwischen liegenden, heute leeren Figurennischen. Über dem Gebälk mit einem Chronogramm von 1617 ist ein zweigeschossiger geschweifter Aufsatz mit dem Titelheiligen Johannes der Täufer angebracht. Seitlich von ihm stehen die Jesuitenheilige Ignatius von Loyola und Franz Xaver, in der Giebelspitze der heilige Michael. Über dem Portal wurde die Maßwerkrose 1959 erneuert, links davon befinden sich ein steinernes Kruzifix aus dem 16. Jahrhundert. Der Innenraum ist bestimmt von Beton und Gussstein mit einem einfachen kubischen Aufbau. Das Mittelschiff und der Chor sind von glatten Wänden eingefasst, darüber ein steiles hölzernes Giebeldach.

Zur im Zweiten Weltkrieg geretteten Ausstattung gehören zahlreiche Schlusssteine des 17. Jahrhunderts, eine Pietà aus dem 15. Jahrhundert und zwei Weihwasserbecken. Die prachtvolle Sakristeitür sowie die Möblierung und der Deckenstuck der Sakristei aus der Erbauungszeit haben die Kriegszerstörungen überlebt und zeugen ebenso wie in den Neubau integrierte Sandsteinpfeiler und Schlusssteine noch vom ehemaligen Reichtum der untergegangenen Klosterkirche. Zur modernen Ausstattung gehören die 1959 von Edith Peres-Lethmate (Koblenz) geschaffenen Kunstwerke der Dreifaltigkeitsgruppe über dem ehemaligen Hochaltar und der Kreuzwegstationen von 1959, ebenso die Glasfenster von Jakob Schwarzkopf aus dem Jahr 1962 und die Rosenlaube von Evert Hofacker für die Pietà.

Siehe auch

Literatur

  • Energieversorgung Mittelrhein GmbH (Hrsg.): Geschichte der Stadt Koblenz. Gesamtredaktion: Ingrid Bátori in Verbindung mit Dieter Kerber und Hans Josef Schmidt
    • Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit. Theiss, Stuttgart 1992. ISBN 3-8062-0876-X
    • Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Theiss, Stuttgart 1993. ISBN 3-8062-1036-5
  • Fritz Michel: Die Kunstdenkmäler der Stadt Koblenz. Die profanen Denkmäler und die Vororte, München Berlin 1954, (Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz Erster Band).
  • Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 3.2. Stadt Koblenz. Innenstadt, bearbeitet von Herbert Dellwing und Reinhard Kallenbach, Speyer 2004, S. 72ff. ISBN 3-88462-198-X
  • Aufsätze in: Stadt Koblenz (Hrsg.): Historisches Rathaus der Stadt Koblenz. Dokumentation zur Generalsanierung des Rathauses - Gebäude II - 1985
    • Kurt Eitelbach: Von der Renaissance ins 20. Jahrhundert. Kleine Kunstgeschichte des Jesuitenkollegs.
    • Udo Liessem: Bemerkungen zur Stellung der Jesuitenkirche in der Rheinischen Baugeschichte.

Weblinks

 Commons: Jesuitenkirche (Koblenz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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