Johann Heinrich Gottlob von Justi

Johann Heinrich Gottlob von Justi

Johann Heinrich Gottlob von Justi auch: Anaxagoras vom Occident; (* 1717 in Brücken; † 21. Juli 1771 in Küstrin) war einer der führenden deutschen politischen und ökonomischen Denker des 18. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Justi war der Sohn eines sächsischen Akziseinspektors, studierte von 1742 bis 1744 an der Universität Wittenberg, Universität Jena und Universität Leipzig Rechts- und Kameralwissenschaften, wo er auch promovierte. Im Anschluss wurde er in der preußischen Armee Regimentsquatiermeister, trat als Jurist in die Dienste der Herzogin von Sachsen-Eisenach und konvertierte um 1750 zum katholischen Glauben. In diesem Zusammenhang erhielt er eine Professur der Kameralistik an der neu gegründeten Ritterakademie Theresianum in Wien. Später übernahm er noch die Professur der Rhetorik. Zudem arbeitete er auch in der österreichischen Zensur Hofkommission mit, beschäftigte sich mit Bergbau und der Seidenraupenzucht, wurde kaiserlicher Finanz- und Bergrat. Dort stand er in engem Kontakt mit Friedrich Wilhelm von Haugwitz, dessen Verwaltungsreformen Justis politische Ideen nachhaltig beeinflussten.

Durch Misserfolge im Silberbergbau genötigt, erbat er 1753 seine Entlassung. Nach kürzeren Aufenthalten in Erfurt und Leipzig wurde Justi 1755 Bergrat und Polizeidirektor in Göttingen. In dieser Position, hielt er Vorlesungen an der Universität Göttingen über Staatsökonomie und Naturgeschichte. In Göttingen begann Justi seine systematische Rezeption von zeitgenössischen französischen Werken, insbesondere von Montesquieus Esprit des lois. 1757 ging Justi auf Einladung des dänischen Ministers Bernstorff nach Kopenhagen, bevor er sich 1758 in Altona niederließ. In der Hoffnung auf eine Festanstellung in preußischen Diensten zog Justi 1760 nach Berlin, wo er jedoch erst im Jahre 1765 zum Leiter der staatlichen preußischen Bergwerke ernannt wurde. Nach Betrugsvorwürfen wurde Justi 1768 abgesetzt, angeklagt und in Küstrin festgesetzt, wo er 1771 starb.

Werk

Justis umfangreiches Oeuvre besteht aus über 50 eigenständigen Publikationen, die sich mit philosophischen, literarischen, technologischen, geologischen, chemischen, physischen, politischen und ökonomischen Sachverhalten auseinandersetzen. Da Justi viele Jahre seines Lebens keine feste akademische oder staatliche Stelle innehatte, versuchte er, pro Jahr mit mindestens je zwei Neuerscheinungen auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt vertreten zu sein. Dies erklärt den Textbuchcharakter sowie die zahlreichen Parallelen (und zum Teil wörtlichen Wiederholungen) in seinen Schriften.

Justis zentrales Anliegen war es, die größeren Territorien des Heiligen Römischen Reiches dahingehend zu reformieren, dass sie politisch, militärisch und wirtschaftlich mit den Großmächten England und Frankreich mithalten konnten. Vor dem Hintergrund des europäischen Mächteringens im Siebenjährigen Krieg arbeitete Justi in seinen politischen und ökonomischen Hauptwerke eine Vielzahl von Vorschlägen heraus, wie der wirtschaftliche Entwicklungsstand eines Landes rasch und dauerhaft angehoben werden könnte. Dabei griff Justi auf die Ideen französischer Denker wie Fénelon, Saint-Pierre, d´Argenson und Montesquieu zurück.

In seinen politischen Schriften argumentiert Justi, dass ein Land wirtschaftlichen Erfolg nur unter einer moderaten Regierung erlangen könne, die die Unantastbarkeit von Privateigentum garantiere. Despotismus, so Justi, führe zwangsläufig zur Verarmung und militärischen Schwächung eines Landes. Obwohl Justi unter dem Einfluss Montesquieus die Vor- und Nachteile verschiedener Regierungsformen ausgiebig diskutiert, erachtet er eine durch zahlreiche Reformmaßnahmen modernisierte Monarchie als die einzig plausible Regierungsform, da nur sie weitreichende wirtschaftliche Reformen zentral koordinieren und durchsetzen könne.

Die einzelnen wirtschaftlichen Reformen sind der Hauptgegenstand von Justis ökonomischen Schriften. Neben Maßnahmen zum Bevölkerungswachstum und zur Ankurbelung des Wettbewerbs (Zurückdrängung von Gilden und Innungen) sowie des privaten Verbrauchs (Aufhebung von Luxusverboten) beschreibt Justi die Förderung des Manufakturwesens, des Außenhandels (durch staatlich geförderte Handelsgesellschaften und die weitgehende Aufhebung von Ex- und Importverboten), des Bergbaus und der Landwirtschaft als Kernelemente eines umfassenden wirtschaftlichen Reformprogramms.

Nach Justi können all diese Schritte nur erfolgreich sein, wenn sie von einer Steuerreform flankiert werden, in deren Rahmen u.a. die Akzise abgeschafft werden müsse. Zu diesem Zweck verfasste Justi die erste systematische Abhandlung der Finanzwissenschaft in Deutschland, wobei neben zeitgenössischen französischen Schriften der Einfluss von kameralistischen Denkern sowie von Wolff und Pufendorf erkennbar ist.

Während Justi in vielen Punkten Gedankenansätze von Adam Smith vorwegnimmt, ähnelt seine Gesamtargumentation (umfassende staatliche Interventionen zum Zweck langfristiger wirtschaftlicher Liberalisierung) eher den Positionen von Denkern wie Sir James Stuart.

Die politischen und ökonomischen Hauptwerke von Justi sind mittlerweile recht gut erforscht (siehe die Übersichtsstudien von Ulrich Adam und Ferdinand Frensdorff). Zu den anderen Teilen von Justis umfangreichem Oeuvre liegen bisher nur vereinzelt Studien vor.

Werke (Auswahl)

Bibliographie der Werke Justis - Word-Dokument

  • Staatswirtschaft oder systematische Abhandlung aller ökonomischen und Cameralwissenschaft, 2 Bände, I+II (1755)
  • Grundsätze der Polizeywissenschaft (1756)
  • Grundriss des gesamten Mineralreiches worinnen alle Fossilien in einem ihren wesentlichen Beschaffenheiten gemässen, Zusammenhange vorgestellet und beschrieben werden. Verlag der Wittwe Vandenhöck, Göttingen 1757.
  • Die Chimäre des Gleichgewichts von Europa (1758)
  • Vollständige Abhandlung von denen Manufakturen und Fabriken, 2 Bände, I (1758), II (1761)
  • Die Chimäre des Gleichgewichts der Handlung und Schiffahrt (1759)
  • Der Grundriss einer guten Regierung (1759)
  • Psammitichus, 2 Bände, I (1759), II (1760)
  • Natur und Wesen der Staaten (1760)
  • Leben und Charakter des Königl. Polnischen und Churfürstl. Sächsischen Premier-Ministre Grafens von Brühl, 3 Bände, I (1760), II (1761), III (1764)
  • Die Grundfeste zu Macht und Glückseligkeit der Staaten, 2 Bände, I (1760), II (1761)
  • Schauplatz der Künste und Handwerke oder vollständige Beschreibung derselben: verfertiget oder gebilliget von denen Herren der Academie der Wissenschaften zu Paris. In das Teutsche übersetzt und mit Anmerkungen versehen… Berlin u.a.: Rüdiger u.a. 1762-1805 (21 Bde.) Eine Übersetzung von Teilen der Encyclopédie; Justi ist Übersetzer der Bände 1-4.
  • Gesammelte politische und Finanzschriften 3 Bände, I+II (1761), III (1764)
  • Vergleichungen der europäischen mit den asiatischen und andern vermeintlich barbarischen Regierungen (1762)
  • Ausführliche Abhandlung von denen Steuern und Abgaben (1762)
  • System des Finanzwesens (1766)
  • Abhandlung von den Eisenhammern und hohen Oefen von dem Herrn Marquis von Courtivron und Herr Bouchu.., Aus dem Französischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen, Berlin, Stettin und Leipzig 1763, E-Book, ISBN 978-3-941919-72-3, Potsdam 2010.
  • Abhandlung von den Eisenhammern und hohen Oefen in Teutschland von dem hochgebohrnen Reichsgrafen Herrn Johann Christian Grafen zu Solms-Baruth, Berlin, Stettin und Leipzig, 1764, E-Book, ISBN 978-3-941919-73-0, Potsdam 2010.

Literatur

Weblinks


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