Johann I. (Jerusalem)

Johann I. (Jerusalem)

Johann von Brienne (* um 1169/74; † 23. März 1237 in Konstantinopel) war von 1210 bis 1212 König von Jerusalem und führte von 1212 bis 1225 die Vormundschaftsregierung für seine Tochter Isabella II. (Jolante). Ab 1231 war er Mitkaiser des Lateinischen Kaiserreiches von Konstantinopel (gemeinsam mit Balduin II.).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er wurde als jüngster Sohn des Grafen Erard II. von Brienne und der Agnes von Montbeliard, Tochter von Graf Richard II., geboren.

Eigentlich für den Kirchendienst bestimmt, zog es Johann von Brienne aber vor, eine weltliche Ritterlaufbahn anzustreben. Durch Teilnahme an Turnieren und Kriegen erarbeitete er sich einen bemerkenswerten Ruf. Er schloss sich 1199 nach einem Turnier dem Vierten Kreuzzug an und nahm 1204 an der Eroberung Konstantinopels teil. 1208 baten Abgesandte aus dem Heiligen Land den französischen König Philipp II., einen seiner Barone als Ehemann und Regenten für die Erbin des Königreichs Jerusalem zu bestimmen. Philipps Wahl fiel auf Johann von Brienne, dem er auch versprach, ihn in seiner neuen Würde zu unterstützen.

Die Krönung Johanns von Brienne und Marias von Montferrat zu König und Königin von Jerusalem.
(Miniatur aus dem späten 13. Jahrhundert)

Am 4. September 1210 vermählte sich Johann in Akko mit Maria, der Tochter von Isabella I. von Jerusalem und Konrad von Montferrat, und wurde aus deren Recht König von Jerusalem. 1210 war der letzte Waffenstillstandsvertrag mit den Ayyubiden ausgelaufen; nach einigen planlosen militärischen Unternehmungen, schloss Johann 1211 einen neuen sechsjährigen Waffenstillstand mit Sultan al-Adil I.. 1212 starb seine Frau, die ihm eine Tochter hinterließ, Jolante, auch Isabella II. genannt, in deren Namen er nun als Regent fungierte. Kurze Zeit später heiratete er die armenische Prinzessin Stephanie.

Während des Fünften Kreuzzugs spielte er 1218 vor Damiette eine Schlüsselrolle im Konflikt um die Zielstellung der auf die Eroberung der strategisch wichtigen Hafenstadt nachfolgenden Unternehmungen des Kreuzheeres. Der Apostolische Legat Pelagius von Albano, der energisch das Kommando für sich selbst eingefordert hatte, bestand auf einen Vormarsch auf Kairo, dabei Johanns Warnungen missachtend. Brienne trat für einen Feldzug nach Jerusalem ein, vermochte jedoch nicht, sich durchzusetzen. Der selbstherrliche Pelagius wies dagegen verhältnismäßig günstige Friedensangebote des Sultans al-Kamil zurück. Die Kreuzfahrer, unter ihnen Johann von Brienne, rückten erst 1221 im Nildelta auf Kairo vor. Bei al-Mansura wurden sie von den Muslimen geschlagen und der Kreuzzug scheiterte verlustreich.

Daraufhin reiste Johann nach Europa, um weitere Hilfe für sein bedrängtes Königreich zu erlangen. 1223 traf er Honorius III. und Kaiser Friedrich II. in Ferentino. Auf Betreiben des Papstes, der den Kaiser ans Heilige Land binden wollte, verlobte sich dort Friedrich II. mit Johanns Tochter Isabella (Yolande). Nach dem Treffen in Ferentino reiste Johann nach Frankreich und England, wo er allerdings wenig Unterstützung fand, und trat eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela an, wo er Berenguela von Kastilien heiratete. Nach einem Interimsbesuch in Deutschland kehrte er 1225 nach Italien zurück, wo er in Otranto anlässlich der Eheschließung seiner Tochter Isabella mit Friedrich II. zusammentraf. Der alternde Johann wurde hier mit der Forderung des Kaisers konfrontiert, zugunsten Friedrichs auf die Krone Jerusalems zu verzichten. Johanns legitime Ansprüche als Regent wurden auf diese Weise schlicht übergangen. Als Folge des Eklats war Johann nun gleich einem Exilkönig, da er bis zur Geburt seines Enkels Konrad IV. die Anmaßungen des Kaisers konsequent zurückwies. Unterstützung erfuhr er in dieser Situation durch die mit dem Kaiser verfehdete Kurie. 1228, als Friedrich II. sich auf seinem Kreuzzug im Heiligen Land befand, kommandierte Johann päpstliche Soldtruppen (sog. Schlüsselsöldner, so bezeichnet nach dem Schlüssel Petri auf ihrem Banner), die während Friedrichs Abwesenheit in dessen Herrschaftsgebiete in Süditalien eindrangen.

1229 wurde Johann von den Baronen des Lateinischen Kaiserreichs zum sogenannten Prokurator von Byzanz (in etwa entspricht diese Stellung einem Mit-Kaiser) gewählt. Dies geschah unter der Voraussetzung, dass Kaiser Balduin II. Johanns Tochter Maria heiratete und somit als sein Nachfolger avisiert sei. Neun Jahre regierte er nun im lateinisch beherrschten Konstantinopel. 1235 wurde die Stadt vom Kaiser von Nikaia, Johannes III. Dukas Vatatzes, und dem Zaren von Bulgarien, Iwan Asen II., belagert. Obwohl er nur über wenige Soldaten verfügte gelang es Johann die Belagerung zurückzuweisen.

Aufgrund seiner Leistungen während der Belagerung verglichen ihn lateinische Chronisten mit Hektor und den Makkabäern, diese Darstellung ist aber wahrscheinlich übertrieben.

Kurz vor seinem Tod trat Johann dem Franziskanerorden bei.

Ein gealterter Paladin, treuliebend und immer mittellos, war er ein typischer fahrender Ritter, dessen Fahrten ihn durch ganz Europa und nacheinander auf die Throne von Jerusalem und Konstantinopel führten.

Wappen

Ehen und Nachkommen

Johann von Brienne heiratete dreimal. Von seiner ersten Frau, Maria von Montferrat († 1212), hatte er eine Tochter:

Mit seiner zweiten Frau, Stephanie von Armenien († 1220), hatte er einen Sohn der jung starb:

  • Johann (* 1216; † 1220).

Von seiner dritten Frau, Berengaria von Kastilien († 1246), hatte er vier Kinder:

  • Alfons von Akko († 1270), der Marie d'Issoudun, Gräfin von Eu, heiratete und als Ehemann Graf von Eu wurde, darüber hinaus Großkämmerer von Frankreich;
  • Johann von Akko († 1273), der 1258 Großmundschenk von Frankreich wurde;
  • Ludwig von Akko († 1263), der Agnes von Beaumont heiratete und als Ehemann Vizegraf von Beaumont wurde;
  • Maria († 1275), die den Kaiser Balduin II. von Konstantinopel heiratete.

Weblinks


Vorgänger Amt Nachfolger
Maria und Isabella I. König von Jerusalem
1210–1212
Isabella II.
Balduin II. Lateinischer Kaiser
(Mitkaiser neben Balduin II.)
1231–1237
Balduin II.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Johann Friedrich Jerusalem — Abt Jerusalem. Stich vermutlich von Daniel Chodowiecki. Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem (* 22. November 1709 in Osnabrück; † 2. September 1789 in Braunschweig), auch „Abt Jerusalem“ genannt, war ein deutscher protestantischer Theologe …   Deutsch Wikipedia

  • Johann von Ibelin (Jurist) — Johann von Ibelin (* 1215; † 7. Dezember 1266 in Nikosia) war Graf von Jaffa und Askalon (als solcher auch Johann von Jaffa), Herr von Ramla und Regent des Königreichs Jerusalem (1254–1256). Wie sein Onkel Johann I. der Alte von Ibelin war er ein …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Georg — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann I. — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann II. — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann III. — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann IV. — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann V. — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann VI. — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Wilhelm — Johann hießen folgende Herrscher: Inhaltsverzeichnis 1 Johann 1.1 Johann I. 1.2 Johann II. 1.3 Johann III./IV. 1.4 Johann V./... 2 Johann …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”