Johannes Pistorius der Ältere

Johannes Pistorius der Ältere

Johannes Pistorius (latinisiert aus „Becker“) der Ältere, nach seinem Geburtsort auch Niddanus genannt; (* im Januar 1504 in Nidda, Hessen; † 25. Januar 1583 in Nidda) war hessischer Reformator und Superintendent von Nidda, verheiratet mit Margaretha (1. Februar 1516–24. Mai 1560) Tochter des Konrad Schreiber aus Nidda; 5 Söhne, 3 Töchter unter anderen Johannes Pistorius der Jüngere (1546–1608).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach Besuch der Lateinschule studierte Pistorius, Bürgermeistersohn aus einer alten Niddaer Familie, in Mainz (vermutl.) und promovierte zum Dr. theol. Bereits als katholischer Kaplan der Niddaer Johanniter-Kommende war Pistorius engagierter Mitarbeiter und Förderer der Reformation. Wie bei Melanchthon, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, ließ die Verwurzelung im Humanismus keinen fundamentalistisch genährten religiösen Eifer zu. Tiefe Frömmigkeit und Toleranz, zum Beispiel gegenüber Juden, zeichneten ihn aus.

Pistorius war bei der Abfassung der Confessio Augustana (CA) im Frühjahr 1530 beteiligt: „...ward dies Bekanntnus...in 17 Artikel verfaßt, danach wurde sie Philippo u. seinen Adjunkten, darunter auch Brentius, Schnepfius, Pistorius und anderen unter die Hand getan, sie in ein Form und Bekanntnus zu bringen.“ (G. Nigrinus). Pistorius der Ältere besaß seit Augsburg ein lateinisches und deutsches Belegexemplar der heute verschollenen Ur-CA von 1530.

Nach der Bigamieaffäre Philipps von Hessen wurde Pistorius 1541 (bis 1580) Superintendent der Diözese Alsfeld. Als Vertreter der protestantischen Seite nahm er mit Melanchthon und Bucer an den Religionsgesprächen in Worms und Regensburg (1540/1541 und 1546) teil. Bei der Pestepidemie in Nidda von 1555, in der er alle Kinder bis auf Johannes der Jüngere verlor, blieb Pistorius als helfender Pfarrer in Nidda. Ein tragisches Unglück nahm ihm 1560 seine Ehefrau Margaretha. Nach dem Wormser Religionsgespräch (1557) belastete Pistorius der zunehmende Richtungsstreit zwischen lutherischer Orthodoxie und Philippisten. Pistorius wurde als Kryptocalvinist verdächtigt, weil er unter anderem die Konkordienformel ablehnte. Als Zeitzeuge der Reformationszeit, der Luther († 1546) und Melanchthon († 1560) um Jahrzehnte überlebte, verfasste er bis 1580 eine Reformationsgeschichte. Das Manuskript und die wertvolle Bibliothek mit der Ur-CA erbte sein Sohn Johannes Pistorius der Jüngere, zu dem Pistorius zeitlebens ein herzliches Verhältnis hatte. Johannes Pistorius der Ältere starb am 25. Januar 1583 in seiner Heimatstadt Nidda. Die Inschrift auf seinem Grabstein, den ihm Johannes Pistorius der Jüngere errichten ließ, ist überliefert.

Werke

Vorrede von Johannes Pistorius d. Ä. in: M. Eychler, Christlicher...Bericht, wie Pfarrherren in dieser pestilentzischen Zeit und auch sonsten, die armen krancken Leut ohne Gefahr alle besuchen und trösten können..., 1578, Herzog-August-Bibliothek: A2r-B3v 8°

Literatur

  • Hans-Jürgen Günther: Die Reformation und ihre Kinder. Vater und Sohn Johannes Pistorius Niddanus - eine Doppelbiographie. Niddaer Geschichtsblätter. Heft 2, Nidda 1994;
  • Hans-Jürgen Günther: Pistorius. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Band 8, Freiburg 1999, S. 319f.
  • Hans-Jürgen Günther: Pistorius, 1. Johannes d. Ä., 2. Johannes d. J.. In: NDB, Bd. 22, Berlin 2001, S. 486f.
  • Hans-Jürgen Günther: J. Pistorius Niddanus, Vater und Sohn – Zwei Niddaer Persönlichkeiten im Jahrhundert von Reformation und katholischer Reform. In: NIDDA - Die Geschichte einer Stadt und ihres Umlandes. Nidda 2003, S. 123–134
  • Saß.: Pistorius, Johannes. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 26, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 197 f.

Weblinks


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