- John Brunner
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John Kilian Houston Brunner (* 24. September 1934 in Preston Crownmarsh, Oxfordshire; † 25. August 1995 in Glasgow) war ein britischer Science-Fiction-Autor.
Seine ersten Romane werden der konventionellen Space Opera zugerechnet, bald jedoch begann er, einen eigenen Romanstil zu entwickeln. Sein 1968 erschienener Roman Morgenwelt (Stand on Zanzibar) wurde 1969 mit dem Hugo Award als bester Science-Fiction-Roman ausgezeichnet und gilt heute als einer der Klassiker des Genres, ebenso wie Schafe blicken auf (The Sheep Look Up, 1972). Mit seinem Roman "Der Schockwellenreiter“, (The Shockwave Rider; 1975) gilt er als der Schöpfer des Konzeptes des Computerwurms.
John Brunner wird häufig den Cyberpunk-Autoren zugerechnet, obwohl er den Großteil seines Werkes bereits vor der Phase des Cyberpunk in den 1980er Jahren publizierte.
Seine Pseudonyme waren K. H. Brunner, Gill Hunt, John Loxmith, Trevor Staines und Keith Woodcott.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Brunner war in seiner Kindheit oft krank. Während der erzwungenen Bettruhe entdeckte er das Lesen als Zeitvertreib und verschlang Jules Verne, H. G. Wells und die Pulps. Nach dem Schulabschluss studierte er Moderne Sprachen am Cheltenham College und verließ es 1951, ohne das ihm angebotene Stipendium für Oxford in Anspruch zu nehmen. Er hatte beschlossen, stattdessen Schriftsteller zu werden. Seinen ersten Roman, Galactic Storm, verfasste er mit 17 Jahren und konnte ihn tatsächlich unter dem Verlagspseudonym Gill Hunt veröffentlichen. Das Honorar investierte Brunner in seine erste Schreibmaschine. Seine erste SF-Story Thou Good and Faithful erschien 1953 in John W. Campbells Magazin Astounding, im selben Jahr erschien mit The Wanton of Argos auch sein erster Roman in den USA (der Text wurde später zu The Space-Time Juggler erweitert).
1953 bis 1955 diente der junge Brunner bei der britischen Luftwaffe, was er als die nutzloseste Zeit seines Lebens bezeichnete und zu einer tiefsitzenden und konsequenten Abneigung gegenüber dem Militär führte. Nach seinem Abschied von der Armee zog er nach London, um hier als freiberuflicher Autor zu leben. Zwar schrieb er sehr viel, musste aber angesichts der schlechten Bezahlung doch immer wieder Gelegenheitsjobs annehmen, um über die Runden zu kommen. Er heiratete am 12. Juli 1958 die zwanzig Jahre ältere Marjorie Rosamond Sauer und konzentrierte sich ab seinem 24. Lebensjahr auf die hauptberufliche Schriftstellerei, denn seine Frau kümmerte sich von nun an um alles Geschäftliche. Sie hatten jetzt ein Auskommen, auch wenn das bedeutete, dass Brunner in rund sieben Jahren 27 Romane produzieren musste, die bei Ace Books erschienen (teilweise unter Pseudonym).
Brunner engagierte sich zusammen mit seiner Frau in der britischen Ostermarschbewegung. 1959 veranstalteten sie eine auch in der Bundesrepublik Deutschland gezeigte Ausstellung über atomare Abrüstung. Für den Protestsong The H-Bomb Thunder schrieb Brunner den Text. 1972 nahm er als offizieller Beobachter an der Weltfriedenskonferenz in Moskau teil.
Mitte der 1960er Jahre begann der Autor zu experimentieren. So veröffentlichte er 1965 den Roman The Squares of the City, der nach einem Schachspiel konzipiert war, und 1968 das Meisterwerk Stand on Zanzibar (dt. Morgenwelt), das alle wichtigen Preise gewann und als einer der Meilensteine der SF gilt. Die hier angewendeten Techniken der literarischen Collage finden sich auch in anderen Werken dieser Phase, etwa in The Sheep Look up (1972, dt. Schafe blicken auf). Parallel zu diesem und anderen Beispielen ausgefeilter, künstlerisch hochstehender SF-Literatur (The Jagged Orbit, 1969; dt. Ein irrer Orbit oder Das Gottschalk-Komplott und The Shockwave Rider, 1975) schrieb er unaufhörlich weiter anspruchslose Massenware, um Geld zu verdienen. Er selbst sagte dazu: "Ich lebe in einem System, das mich zwingt, mein Auskommen durch meine Arbeit zu verdienen. Ich backe sozusagen Brötchen und ich backe Torten. Von den Brötchen lebe ich."[1] Selbst Fantasy und Krimis finden sich unter seinen Büchern.
Brunners Gesundheit verschlechterte sich in den 1980er Jahren rapide, und er hatte massive Probleme mit extremem Bluthochdruck. Die Zahl seiner Veröffentlichungen sank, und er versuchte es jetzt auch mit historischen Romanen wie The Great Steamboat Race. Auch geschäftlich ging es bergab, insbesondere nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1986, als er sich plötzlich ohne regelmäßiges Einkommen sah. Fünf Jahre später, am 27. September 1991, heiratete er seine zweite Frau, die chinesische Einwanderin Li Yi Tan und starb schließlich im Jahre 1995 in Glasgow an einem Schlaganfall, als er an der World Science Fiction Convention teilnahm.
Werke
- Galactic Storm, 1951, unter dem Pseudonym Gill Hunt
- Echo in the Skull, 1959
- The Brink, 1959
- The Hundredth Millennium, 1959
- The Threshold of Eternity, 1959 (deutsch: „Der grosse Zeitkrieg“, Moewig, Terra 77)
- The World Swappers, 1959 (deutsch: „Ein Planet zu verschenken“, Moewig, Terra 63)
- The Atlantic Abomination, 1960
- Sanctuary in the Sky, 1960
- The Skynappers, 1960
- Slavers of Space, 1960
- Meeting at Infinity, 1961 (deutsch: „Treffpunkt Unendlichkeit“, Moewig, Terra, 1970)
- I Speak for Earth, 1961, unter dem Pseudonym Keith Woodcott
- The Ladder in the Sky, 1962, unter dem Pseudonym Keith Woodcott, (deutsch: „Der Ring des Terrors“, Moewig, Terra Nova 33)
- Secret Agent of Terra, 1962
- The Super Barbarians, 1962
- Castaways' World, 1963
- The Dreaming Earth, 1963 (deutsch: „Träumende Erde“, Heyne 1985, ISBN 3453312074)
- The Rites of Ohe, 1963
- The Space-Time Juggler, 1963
- The Astronauts Must Not Land, 1963
- The Psionic Menace, 1963, unter dem Pseudonym Keith Woodcott (deutsch: „Ruf des Todes“, Pabel, Utopia 386)
- To Conquer Chaos, 1963 (deutsch: „Das öde Land“, Heyne 1988, ISBN 3453010132)
- Endless Shadow, 1964 (deutsch: „Die dunklen Jahre“)
- The Whole Man, 1964, auch als Telepathist veröffentlicht (deutsch: „Der ganze Mensch“, Heyne 1978, ISBN 3453305167)
- The Altar at/on Asconel, 1965
- Day of the Star Cities, 1965, (deutsch: „Transit ins All“, Goldmann 1967)
- Enigma from Tantalus, 1965
- The Long Result, 1965 (deutsch: „Botschaft aus dem All“, Goldmann 1967)
- The Martian Sphinx, 1965, unter dem Pseudonym Keith Woodcott
- The Repairmen of Cyclops, 1965, vollständig überarbeitet 1981, (deutsch: „Mechaniker der Unsterblichkeit“, Moewig, Terra Nova 189 auch in: „Opfer der Nova“, Heyne 1993, ISBN 3453062132)
- The Squares of the City, 1965 (deutsch: „Die Plätze der Stadt“, Heyne 1980, ISBN 3453306082)
- The Evil that Men Do, 1966
- A Planet of Your Own, 1966
- Born Under Mars, 1967 (deutsch: „Im Zeichen des Mars“, Heyne 1971)
- Quicksand, 1967 (deutsch: „Treibsand“, Heyne 1982, ISBN 3-453-30826-3)
- The Productions of Time, 1967 (deutsch: „Spion aus der Zukunft“, Heyne 1970)
- Bedlam Planet, 1968 (deutsch: „Die Pioniere von Sigma Draconis“, Heyne 1971)
- Catch a Falling Star, 1968 (deutsch: „Ein Stern kehrt zurück“, Heyne 1972)
- Father of Lies, 1968
- Into the Slave Nebula, 1968, Neubearbeitung von Slavers of Space (deutsch: „Bürger der Galaxis“, Heyne 1970)
- Stand on Zanzibar, 1968 (deutsch „Morgenwelt“, Heyne 1980, ISBN 3453306538)
- A Plague on Both Your Causes, 1969 (deutsch: „Anderer Leute Kastanien“, Rowohlt 1974, ISBN 3499423162)
- The Avengers of Carrig, 1969, Neubearbeitung von Secret Agent of Terra (deutsch in: "Opfer der Nova", Heyne 1993, ISBN 3453062132, auch als „Geheimagentin der Erde“, Heyne 1972)
- Double, Double, 1969 (deutsch: „Doppelgänger“, Heyne 1981, ISBN 3453307798)
- Timescoop, 1969 (deutsch: „Die Zeitsonde“, Heyne 1971)
- The Jagged Orbit, 1969 (deutsch: „Ein irrer Orbit“. auch als „Das Gottschalk-Komplott“, Moewig 1982, ISBN 3811835653)
- The Gaudy Shadows, 1970 (deutsch: „Tödliche Visionen“, Kurt Desch 1972, ISBN 3420005679)
- Traveller in Black, 1971 (deutsch: „Reisender in Schwarz“, Heyne 1983, ISBN 3453308077)
- The Wrong End of Time, 1971 (deutsch: „Am falschen Ende der Zeit“, Knaur 1979, ISBN 3426057123)
- Entry to Elsewhen, 1972 (deutsch „Durchstieg ins Irgendwann“, Heyne 1975, ISBN 3453303172)
- From this Day Forward, 1972 (deutsch „Von diesem Tage an“, Heyne 1984, ISBN 3453310950)
- The Dramaturges of Yan, 1972 (deutsch „Die Dramaturgisten von Yan“, Bastei 1974, ISBN 3404211685)
- The Sheep Look Up, 1972 (deutsch „Schafe blicken auf“, Heyne 1978, ISBN 3453305264)
- The Stardroppers, 1972, Neubearbeitung von Listen, the Stars, 1963 (deutsch: „Sternenlauscher“, Bastei 1982, ISBN 3404230159)
- Age of Miracles, 1973, Neubearbeitung von Day of the Star Cities (deutsch: „Im Zeitalter der Wunder", Goldmann 1980, ISBN 3442233615)
- More Things in Heaven, 1973, Neubearbeitung von The Astronauts Must Not Land (deutsch: "Mehr Dinge zwischen Himmel und Erde", Heyne 1983, ISBN 3453309154)
- The Stone That Never Came Down, 1973 (deutsch: "Die dunklen Jahre", Heyne 1977, ISBN 3453304594)
- Give Warning to the World, 1974, Neubearbeitung von Echo in the Skull (deutsch: „Warnung an die Welt", Heyne 1983, ISBN 3453309448)
- Polymath, 1974 (deutsch in: „Opfer der Nova“, Heyne 1993, ISBN 3453062132, auch als „Der Kolonisator“, Bastei 1983, ISBN 3-404-23027-3 (formal falsche ISBN))
- Times without Number, 1969 & 1974 (deutsch: „Zeiten ohne Zahl“, Heyne 1985, ISBN 3453312260)
- Total Eclipse, 1974 (deutsch: „Das Geheimnis der Draconier“, Bastei 1984, ISBN 3404211766)
- Web of Everywhere, 1974 (deutsch: „Verbotene Kodierungen“, Knaur 1980, ISBN 3426057255)
- The Shockwave Rider, 1975 (deutsch: „Der Schockwellenreiter“, Heyne 1979, ISBN 3453305841)
- Interstellar Empire, 1976 (deutsch: „Sie schenkten uns die Sterne“, Knaur 1978, ISBN 342600707X)
- The Infinitive of Go, 1980 (deutsch: „Der Infinitiv von Go“, Heyne 1983, ISBN 3453308964)
- Players at the Game of People, 1980 (deutsch: „Das Menschenspiel“, Heyne 1984, ISBN 3453309995)
- Manshape, 1982, Neubearbeitung von Endless Shadow, (deutsch: „Sonnenbrücke“, Bastei 1984, ISBN 3404211812)
- While There's Hope, 1982
- The Crucible of Time, 1983 (deutsch: „Die Gussform der Zeit“, Heyne 1985, ISBN 3453312066)
- The Great Steamboat Race, 1983
- The Tides of Time, 1984 (deutsch „Die Gezeiten der Zeit“, Heyne 1987, ISBN 3453004388)
- The Shift Key, 1987 (deutsch „Schnittstelle“, Heyne 1990, ISBN 3453039327)
- Children of the Thunder, 1988 (deutsch: „Kinder des Donners“, Heyne 1990, ISBN 3453042662)
- A Maze of Stars, 1991 (deutsch: „Labyrinth der Sterne“, Heyne 1992, ISBN 3453058321)
- Muddle Earth, 1993 (deutsch: „Chaos Erde“, Heyne 1996, ISBN 3-453-11876-6)
- Case of Painter's Ear, 1998, posthum
Literatur
- Heinrich Keim: New Wave – die Avantgarde der modernen anglo-amerikanischen Science Fiction? Eine Untersuchung des literarischen Phänomens „New Wave“ anhand der Werke von James Graham Ballard, Michael Moorcock, Brian Wilson Aldiss, John Brunner, Norman Spinrad, Thomas M. Disch, John T. Sladek, Roger Zelazny, Samuel R. Delany. Corian-Verlag, Meitingen 1983. ISBN 3-89048-301-1
- Ernst Petz: Die Figuren leben - ich beschreibe nur. Ein Gespräch mit John Brunner. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1991, Wilhelm Heyne Verlag München, ISBN 3-453-04471-1, S. 409–452.
- Waldemar Kumming: John Brunner in memoriam. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1996, Wilhelm Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-09445-X, S. 400–411. (Hier kann auch Näheres zu den Textkürzungen nachgelesen werden, und Wolfgang Jeschke legt dar, warum Stand on Zanzibar erst so spät auf deutsch publiziert werden konnte)
Einzelnachweise
- ↑ Zit.n. Wolfgang Jeschke: Vorwort des Herausgebers. In: John Brunner: Schafe blicken auf. Wilhelm Heyne Verlag München 1997, ISBN 3-453-12664-5, S. 8.
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