KZ Langenstein-Zwieberge

KZ Langenstein-Zwieberge
51.84434411.022987
KZ Langenstein-Zwieberge (Deutschland)
KZ Langenstein-Zwieberge
KZ Langenstein-Zwieberge

Das Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge war ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Vom April 1944 bis zum April 1945 waren hier insgesamt mehr als 7000 Häftlinge aus mindestens 23 Ländern inhaftiert. Im Jahre 1949 wurden am Ort der Massengräber ein Mahnmal und Gedenktafeln eingeweiht. Seit 1976 gibt es auf dem Gelände der Gedenkstätte ein Museum.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte dieses Konzentrationslagers begann am 21. April 1944, als eine Gruppe von 18 Häftlingen aus Buchenwald, unter ihnen der spätere Lagerälteste Hans Neupert, eintraf. Ihr Unterbringungsort war die Kegelbahn des „Landhauses“, eine Ausflugsgaststätte, die unmittelbar an den Thekenbergen lag. Weitere größere Transporte, besonders aus dem Stammlager Buchenwald und aus Neuengamme sollten diesem „Vorauskommando“ folgen. Als diese Unterbringungsmöglichkeit bald nicht mehr ausreichte, wurde ein Teil der Häftlinge in die Feldscheune „Am kleinen Holz“ am Ortsausgang von Langenstein verlegt. Bald befanden sich dort über 700 Häftlinge, so dass nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten gesucht werden musste.

In einer Senke, drei Kilometer entfernt von Langenstein, begrenzt vom Hasselholz, den Zwiebergen und den Tönnigsbergen, begann der Aufbau des Lagers Langenstein-Zwieberge. Als am 1. Juli das Lager im Rohbau stand, begann der „Umzug“ der Häftlinge, der im September 1944 mit der offiziellen Fertigstellung abgeschlossen war. Dieser Ort lag zwar weiter entfernt vom Stollen als das „Landhaus“ und die „Feldscheune“, war jedoch besser durch seine natürlichen Grenzen von der Umgebung abgeschnitten und so vor „unliebsamen Besuchern“ versteckt. Die Häftlinge wurden den Menschen der umliegenden Dörfer, besonders Langenstein, nur noch bewusst, wenn sie vom Langensteiner Bahnhof auf dem Weg zum Lager bzw. vom Lager[1] zum Stollen waren.

Das Konzentrationslager bestand formal aus drei Kommandos. Das größte Kommando trug den Namen Malachit[2] und hatte die Aufgabe ein unterirdisches Stollensystem in den Thekenbergen zu erschaffen. Es bestand aus insgesamt mehr als 6000 Häftlingen, die im „Großen Lager“ untergebracht waren. Durch sie wurde innerhalb von 10 Monaten in den Thekenbergen ein Stollensystem von etwa 13 km Länge mit einer Gesamtfläche von 67.000 m², geplant waren 72.000 m², geschaffen und teilweise für eine spätere Produktionstätigkeit ausgebaut. Das Kommando „Junkers“ (Malachit AG) sollte in den letzten Kriegsmonaten mit seiner Produktionstätigkeit als Zulieferer im Rahmen des „Jäger- und A 4-Programms“[3] beginnen. Vermutlich war die Produktion von Motorteilen für Düsenjäger geplant. Obwohl Maschinen teilweise installiert waren, kam es nie dazu. Die Häftlinge, die aus Aschersleben, Niederorschel, Langensalza und den Junkers-Werken Halberstadt nach Langenstein-Zwieberge gebracht worden waren, wurden ebenfalls beim Ausbau der Stollen und in den anderen Arbeitskommandos eingesetzt. Alle 869 Häftlinge dieses Kommandos wurden im „Kleinen Lager“ untergebracht. Das Kommando „Maifisch“, dem 200 Häftlinge angehörten, sollte einen Stollen für die Firma Krupp in den Hoppelberg treiben. Dieses Projekt wurde sehr schnell wieder aufgegeben, da dieser Hügel als ungeeignet empfunden wurde. Die Häftlinge wurden Ende Januar 1945 in das Kommando „Malachit“ eingegliedert. Des Weiteren verfügte das Lager über drei Außenkommandos: Hecklingen (Oktober-November 1944), Wernigerode (Oktober 1944-April 1945) und Magdeburg (März-April 1945).

Überlebender des Lagers Langenstein-Zwieberge wird in ein Hospital verbracht. Aufnahme vom April 1945.

In der gesamten Zeit seiner Existenz befanden sich über 7000 Häftlinge im Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge. Ungefähr 2000 Tote waren bis zur Befreiung des Lagers durch Einheiten der 8. amerikanischen Panzerdivision am 11. April 1945 zu verzeichnen. Über 2500 Häftlinge starben auf dem „Todesmarsch“, auf den die gehfähigen Häftlinge des Lagers am 9. April 1945 geschickt worden waren und der diese über Quedlinburg, Aschersleben, Köthen, Bitterfeld, Prettin nach Wittenberg und in einigen Fällen bis nach Genthin führte. Unzählige Häftlinge starben nach ihrer Befreiung in den Krankenhäusern der Umgebung oder noch nach der Rückkehr in ihre Heimat an den Folgen ihres Aufenthaltes in diesem Konzentrationslager.

Vernichtung durch Arbeit

Stele „Vernichtung durch Arbeit“ (von Wolfgang Roßdeutscher)

Den Hauptgrund für das Sterben der Häftlinge in Langenstein-Zwieberge bildete eine Methode, die als „Vernichtung durch Arbeit“ bezeichnet wurde und auch in anderen Konzentrationslagern Anwendung fand und auf einem Kreislauf der „indirekten Massenvernichtung“ beruhte. Bei Arbeitszeiten von bis zu 12 Stunden pro Tag wurde nur minimale medizinische Versorgung gewährt. Die stetige Verschlechterung der Ernährungslage führte zu körperlicher Entkräftung, vermehrter Anfälligkeit für Infektionen und somit reduzierter Arbeitsleistung. Dies zog eine brutalere Misshandlung durch Kapos, Vorarbeiter oder SS-Bewacher nach sich.

Die Todeskiefer

Die außerhalb des Lagers, aber dicht hinter dem Lagerzaun stehende „Todeskiefer“ diente der Erhängung von Flüchtlingen. Die Folterungen und Hinrichtungen fanden vor den Augen der nicht gerade im Arbeitseinsatz befindlichen Häftlinge statt. Manchmal mussten die Lagerinsassen ihre Kameraden sogar selbst erhängen. Die anderen Inhaftierten wurden gezwungen, das Tötungsritual vom Inneren des Lagerzauns aus mit anzusehen.

Am 7. September 1944 wurden 6 Flüchtlinge nach einem gescheiterten Fluchtversuch gehängt. Die Gruppe hatte sich unter Führung des russischen Häftlings Andrej Iwanowitsch, eines ehemaligen Obersts der Roten Armee, organisiert. Iwanowitsch bat einen französischen Häftling namens Nevrenz Tzareghian, der in der SS-Bäckerei arbeitete, ausreichend Brot für die sechs Flüchtlinge zu stehlen. Nachdem Tzareghian das Brot entwendet hatte, kam es jedoch zu einem verheerenden Zwischenfall. Der Fluchtversuch scheiterte, zwei Wochen später wurden drei der Kameraden von der SS gefangen und mehrere Tage lang grausam misshandelt. Unter ihnen befand sich ein 17jähriger Häftling, der in Folge der Folter Andrej Iwanowitschs Namen preisgab. Daraufhin wurde Iwanowitsch befohlen, die Fässer unter den Todeskandidaten wegzustoßen. Iwanowitsch aber antwortete dem SS-Mann: „Du bist das Scheusal, also hänge sie selber.“ Diese Weigerung führte dazu, dass Iwanowitsch von dem SS-Mann gehängt wurde. Wahrscheinlich lebte er noch als er von der Todeskiefer abgenommen und in eine mit Beton gefüllte Grube eingelassen wurde (siehe Grabplatte am Gedenkort „Todeskiefer“ innerhalb der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge). Die Entdeckung bisher unveröffentlichter Dokumente in französischen und amerikanischen Archiven stellt die Behauptung des „lebendigen Begräbnisses“ von Andrej Iwanowitsch jedoch in Frage.[4] Die Todeskiefer kann nicht nur als Symbol des Leidens und des Grauens begriffen werden, sondern auch als Zeichen neuen Mutes und des Widerstandes.

Bewachung des Lagers

Die Häftlinge wurden zunächst von einem SS-Totenkopftrupp unter der Führung von Oberscharführer Paul Tscheu bewacht. Nach der Errichtung des Lagers wurde er Lagerkommandant von Langenstein-Zwieberge. Insgesamt haben ungefähr 500 Männer die Häftlinge des Lagers bewacht. Dies waren einerseits Angehörige der SS und andererseits Luftwaffensoldaten des nahe gelegenen Fliegerhorstes Halberstadt.

Die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge

Gedenktafel an der Mahn- und Gedenkstätte
Briefmarke der DDR, 1973

Am 11. September 1949 wurden am Ort der Massengräber ein Mahnmal und Gedenktafeln eingeweiht. Später wurde die Mahn- und Gedenkstätte umgestaltet und am 7. September 1968 übergeben. Seit dem 12. September 1976 gibt es auf dem Gelände der Gedenkstätte ein Museum. In den 1990er Jahren wurde die Dauerausstellung der Gedenkstätte überarbeitet und im Jahre 2001 eingeweiht. Außerdem finden jährlich zum Anlass der Befreiung des Lagers, die „Tage der Begegnung“ statt. Während eines Wochenendes zu Beginn des Monats April kehren ehemalige Häftlinge des Lagers gemeinsam mit ihren Angehörigen nach Langenstein-Zwieberge zurück und kommen dabei mit Schülern, Studenten und Auszubildenden aus der Region in Kontakt.

Anlässlich des Gedenktages am 27. Januar 2009 bereiteten Jugendliche einer 12. Klasse des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums Halberstadt eine Gedenkveranstaltung von Schülern für Schüler[5] vor. Jeder Einzelne der 18-jährigen führte eine kleine Gruppe von Schülern der 5. Klassen seiner Schule durch die Gedenkstätte und das ehemalige Lagergelände. In ihrer Einladung an die 11- bis 12-Jährigen schrieben die 17- bis 18-Jährigen: „da die Stimme der ehemaligen Häftlinge beginnt, schwächer zu werden, liegt es nun also an uns, neue Formen des Gedenkens zu finden, um die Erinnerung an die Geschehnisse zur Zeit des Nationalsozialismus zu bewahren. Deshalb wird diese Gedenkveranstaltung von Schülern für Schüler vorbereitet.“

Bekannte Gefangene des Lagers

Siehe auch

Literatur

  • Ellen Fauser (Hrsg.): Die Kraft im Unglück. Erinnerungen an Langenstein-Zwieberge - Außenlager des KZ Buchenwald. Halberstadt o. J.
  • Georges Petit: Rückkehr nach Langenstein. Erfahrungen eines Deportierten. Hürth bei Köln: Edition Memoria 2004. ISBN 3930353229
  • Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt (Hg). Verortet. Erinnern und Gedenken in Sachsen-Anhalt. Magdeburg 2004.
  • Paul Le Goupil und Roger Leroyer. Erinnerung an Langenstein-Zwieberge. Aussenlager von Buchenwald. (Deutsche Übersetzung von Gesine Daifi).

Weblinks

 Commons: Langenstein-Zwieberge concentration camp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Der Langensteiner Pfarrer Hager beschreibt dies in seinem Buch: „Protokoll des Unbegreiflichen“ mit den Worten: „Was wir sahen, waren fahle abgemagerte Gestalten im Dämmerlicht der Nacht daherkommend, Kolonne auf Kolonne in blauweiß gestreifter Sträflingskleidung und in Holzschuhen, von Wachmannschaften und Hunden begleitet.“
  2. Es wurde als Projekt „B II“ mit dem Tarnnamen „Malachit“ entwickelt, wobei „B II“ vermutlich die Verlagerung eines Teils der Zuliefererindustrie („B“) für Mittelbau Dora („II“) in die Thekenberge bedeutete.
  3. Das Jägerprogramm sah den Bau von Jagdflugzeugen vor, die Aufgabe des A 4-Programms war die Herstellung der „Wunderwaffe“ V2.
  4. Vgl. Le Goupil und Leroyer, o.J., S. 27 f.
  5. http://www.jugendstil-magazin.de/videoportal.php?section=beitraege&id=09-02-1-langenstein
51.84444444444411.023333333333

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