Kampfmittelräumdienst

Kampfmittelräumdienst

Der Kampfmittelräumdienst (kurz: KRD), auch Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) oder Munitionsbergungsdienst (MBD), dient der zivilen Kampfmittelbeseitigung in Deutschland.

Die Kampfmittelräumdienste sind zuständig für herrenlos gewordene Kampfmittel (Bomben, Granaten, Munition, Waffen), die vor 1945 produziert wurden sowie um Munition der Armeen des ehemaligen Warschauer Paktes. Einen Schwerpunkt bilden die Entschärfung und Entsorgung von Blindgängern – also nicht detonierter Munition. Kennzeichnend für diese ist, dass sie nicht fachgerecht „entsorgt“ – also z. B. vergraben, versenkt oder unfachmännisch gesprengt wurde. Um herrenlose, moderne Munition der NATO kümmert sich in Deutschland die Bundeswehr. Bei der Zuständigkeit für die Sicherung ehemals militärisch genutzter Anlagen muss man auf der Suche nach der Zuständigkeit den Einzelfall betrachten. Die Kostenaufteilung für die Durchführung dieser Aufgaben regelt Artikel 120 Grundgesetz, in Verbindung mit dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz.

Die Organisation der Kampfmittelräumdienste obliegt den Bundesländern. Da es sich um eine Aufgabe der allgemeinen Gefahrenabwehr handelt findet man die grundsätzliche Zuständigkeit bei den Landesinnenministerien. Die operativen Aufgaben nehmen Dienststellen der Polizei (Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen), der Feuerwehr (Hamburg) und bis 31. Mai 2011[1] des Katastrophenschutzes (Schleswig-Holstein) wahr. Die Länder Thüringen, Hessen und Bayern aber behalten sich lediglich die Aufsicht über Unternehmen der Kampfmittelbeseitigung vor. In diesen Ländern gibt es daher keine Staatlichen Kampfmittelräumdienste.

Die meisten Bundesländer haben auf der Grundlage ihrer Landesverwaltungs-, Polizei- oder Sicherheits- und Ordnungsgesetze Landesverordnungen erlassen, die den Umgang mit und die Verfahrensweisen in Bezug auf Kampfmittel im Detail regeln.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kampfmittelräumdienste haben sehr unterschiedliche Ausbildungen. Einen Ausbildungsberuf gibt es in diesem Bereich nicht. Viele sind von der NVA und Bundeswehr ausgebildete Munitionsfachleute / Feuerwerker und verfügen über die Ausbildung / Prüfung als Sprengberechtigte. Eine Spezialdisziplin ist die Auswertung alliierter Luftbilder, auf denen sich Kriegshandlungen nachvollziehen lassen. In diesem Bereich sind oft Vermessungstechniker tätig. Als ungelernte Kräfte kommen so genannte Räumstellenhelfer / Munitionsarbeiter zum Einsatz.

Die Aufgaben des Kampfmittelräumdienstes bestehen aus:

  • Aufklärung (Auswertung von Luftbildern, Archivalien, Zeugenaussagen) sowie Untersuchungen vor Ort
  • Flächensondierung und Bescheinigung der Freiheit von Kampfmitteln
  • Flächenräumung (hier meist die Fachaufsicht über zugelassene Vertragsfirmen)
  • Beseitigung (Gefährdungsbeurteilung, Entschärfen, Abtransportieren, Zerlegen und Vernichten)

Die Bedeutung der KMBD wird auch Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs deutlich, wenn man sich die Räumstatistiken der Länder ansieht, allein in Schleswig-Holstein werden pro Jahr noch rund 100.000 Stück Munition sichergestellt und der Vernichtung zugeführt. Auch kommt es durch Alterung der nach wie vor gefährlichen Kampfmittel statistisch zu einer Selbstdetonation pro Jahr. Darüber hinaus sind bis in die 1970er Jahre bis zu 1,5 Millionen Tonnen Kriegsmunition allein in Nord- und Ostsee[2] versenkt worden. In der jüngeren Vergangenheit, auch durch gestiegenes Umweltbewusstsein der Bevölkerung, wird diese als erhebliche Gefahr wahrgenommen.

Der Erfassung der Gefahr und der Entwicklung alternativer Beseitigungsmethoden der Kampfmittelentsorgung widmet sich Schleswig-Holstein federführend, als durch maritime Gefahren am stärksten betroffenes Bundesland. Seit dem Jahr 2008 versucht die Landesregierung, unter Beteiligung der übrigen Küstenanrainer und des Bundes, Lösungsansätze für dieses gesamtgesellschaftliche Problem zu erarbeiten. Den Umfang dieser Arbeiten beschränken die dem dortigen Kampfmittelräumdienst des Amtes für Katastrophenschutz zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Einzelnachweise

  1. Pressemeldung: Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, vom 18. März 2011
  2. Munitionsversenkung im Meer: Informationen des Landwirtschaftsministeriums Schleswig-Holstein

Weblinks

 Commons: Kampfmittelräumdienst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch


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