- Kanzlermehrheit
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Kanzlermehrheit ist eine informelle Bezeichnung für eine bestimmte Mehrheit der Mitglieder des deutschen Bundestags. Sie wird in den Medien und in der politischen Diskussion verwendet. In der Verfassung wird diese Mehrheit als „Mehrheit der Mitglieder des Bundestages“ umschrieben und im Artikel 121[1] als „die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl“ definiert. Somit ist die Kanzlermehrheit eine absolute Mehrheit.[2]
Ohne Überhangmandate hat der Deutsche Bundestag gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BWahlG 598 Sitze; für die Kanzlermehrheit sind dann mindestens 300 Stimmen erforderlich. Im Fall von Überhangmandaten erhöht sich die Anzahl der nötigen Stimmen entsprechend. Damit unterscheidet sich die Kanzlermehrheit von der einfachen Mehrheit, bei der es sich um die Mehrheit der Abstimmenden (unabhängig von der Mitgliederzahl und Enthaltungen) handelt, und der Zwei-Drittel-Mehrheit.
Die Kanzlermehrheit wird zunächst bei Abstimmungen benötigt, die den Bundeskanzler direkt betreffen:
- Wahl des Bundeskanzlers (außer im dritten Wahlgang; fehlende Kanzlermehrheit begründet ein Recht des Bundespräsidenten, den Bundestag aufzulösen)
- Abwahl des Bundeskanzlers (konstruktives Misstrauensvotum)
- Vertrauensfrage
Darüber hinaus kann durch die Kanzlermehrheit der Einspruch des Bundesrates bei nicht zustimmungsbedürftigen Gesetzen zurückgewiesen werden (Art. 77 GG). Auch Gebietsänderungen der Länder nach Art. 29 Abs. 7 GG bedürfen der absoluten Mehrheit im Sinne des Art. 121 GG, ebenso die Errichtung bundeseigener Mittel- und Unterbehörden (Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG) und die Aufhebung eines Beschlusses eines internationalen Organs im Spannungsfall (Art. 80a Abs. 3 S. 2 GG).
Für andere Abstimmungen genügt in der Regel die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten (einfache Mehrheit, vgl. Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG). In einigen Fällen schreibt das Grundgesetz aber auch eine Mehrheit von zwei Dritteln der Abstimmenden (z. B. für die Feststellung des Spannungsfalles, Art. 80a Abs. 1 S. 2 GG) oder – als höchste Hürde – der Mitglieder des Bundestages (insbes. für die Grundgesetzänderung, Art. 79 Abs. 2 GG) vor.
Für das Erreichen einer Kanzlermehrheit genügen (außer im Falle einer Minderheitsregierung) die Stimmen der Abgeordneten der Regierungsfraktion bzw. der Fraktionen der Regierungskoalition. Für die politische Arbeit des Parlamentes wird es als wichtig angesehen, dass eine Regierung in wichtigen Fragen tatsächlich über eine stabile Kanzlermehrheit verfügen kann, und diese von den Abgeordneten der eigenen Fraktion(en) gebildet wird. Ist dies wegen mangelnder Fraktionsdisziplin oder z. B. wegen Fraktionsaustritten von Abgeordneten nicht mehr gewährleistet, kann dies zu einer Regierungskrise führen.
Siehe auch
Weblinks
Wiktionary: Kanzlermehrheit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- Augsburger Allgemeine: K wie Kanzlermehrheit
- Wahl des deutschen Bundeskanzlers
- Focus: Die Kanzlerwahl (1994)
Belege
- ↑ Grundgesetz Art. 121 GG Artikel 116-146 auf der Webseite des Bundestages
- ↑ Was unterscheidet die Mehrheit von der Kanzlermehrheit? Die Welt vom 12. November 2002
Kategorie:- Politik (Deutschland)
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