Karl Stülpner

Karl Stülpner
Grab von Karl Stülpner auf dem Friedhof Großolbersdorf

Karl Stülpner, eigentlich Carl Heinrich Stilpner, (* 30. September 1762 in Scharfenstein; † 24. September 1841 ebenda) war ein erzgebirgischer Volksheld.

Karl Stülpner

Der Soldat, Wildschütz, Schmuggler, Fabrikant und Lebenskünstler, ist wohl die legendenumwobenste und zugleich umstrittenste Person des Erzgebirges. Vielen ist er vor allem als verwegener Jäger und Beschützer der Armen, als "sächsischer Robin Hood" bekannt. Jedoch ist nicht alles, was in Romanen und volkstümlichen Theaterstücken ihm zugeschrieben wird, tatsächlich belegt.

Stülpner lebte in einer Zeit dramatischer Umbrüche (Französische Revolution, Napoleon-Kriege, beginnende Industrialisierung), die insbesondere in Sachsen eine Zeit sozialer Ungerechtigkeit war. Junge Männer wurden willkürlich zum Militärdienst eingezogen. Durch ein jahrhundertealtes, verschachteltes, kaum durchschaubares System von Belehnungen, Beleihungen, Diensten, Abgaben und Zöllen war das Einkommen der Oberschicht gewährleistet. Den Bauern blieb in schlechten Erntejahren kaum etwas für den Eigenbedarf. Die Landbevölkerung hungerte, während die Wälder voll mit Wild waren - dieses durfte nicht angetastet werden: Es gehörte dem Kurfürsten. Erhebungen (wie 1790) wurden brutal niedergeschlagen. So verwundert nicht, dass ein Wilddieb und Schmuggler zum Volkshelden wurde: Er wagte die praktische Selbsthilfe gegen die Ungerechtigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Stationen seines Lebens

Kindheit und Jugend

Geboren als achtes Kind einer Tagelöhner- und Landarbeiterfamilie, verlässt er frühzeitig das Elternhaus, um seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. In Chemnitz lässt er sich 1780 für acht Jahre als kurfürstlich sächsischer Musketier anwerben, desertiert 1785 auf dem Rückmarsch von einem Manöver. In den folgenden Jahren ist er ständig auf der Flucht. Sein Weg führt ihn über Böhmen, Ungarn, Österreich, Baden, Hessen schließlich nach Hannover, wo er in ein Dragonerregiment gepresst wird. Er desertiert erneut, wird bald darauf in ein preußisches Infanterieregiment gepresst. Er nimmt am Ersten Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich teil und wird 1793 bei Kaiserslautern verwundet. 1794 desertiert er nochmals und kehrt schließlich nach Scharfenstein zurück.

Wildschütz

Zwischen 1794 und 1800 lebt Stülpner relativ unbehelligt in Scharfenstein. Alles, was über ihn als Wildschütz erzählt wird, ist wohl in diese Zeit einzuordnen. Stülpner erwirbt sich einen Ruf als Unterstützer und Beschützer der Armen, aber auch als Schmuggler und Räuber. Es entsteht eine Art stillschweigende Übereinkunft zwischen Stülpner und den Scharfensteinern: Stülpner unterstützt die Bedürftigen, versorgt sie mit Fleisch und Schmuggelware, dafür schützen ihn die Scharfensteiner vor der Justiz. Mehrmals entgeht Stülpner knapp der Verhaftung. In dieser Zeit beginnt auch Stülpners Beziehung zu Johanna Christiane Wolf, der Tochter des Ortsrichters, die später seine Frau wird. Stülpners Tochter Johanna Eleonora kommt 1799 zur Welt, nachdem bereits 1796 ein Sohn tot geboren wurde.

Erste Ehe und Rückkehr zum Militär

1800 kehrt Stülpner freiwillig in die sächsische Armee zurück, wohl aus der Überlegung heraus, dass die Tochter einen Vater braucht, der sie versorgen kann. Durch Fürsprache einiger Freunde wird er nicht als Deserteur bestraft, seine Dienstverpflichtung lautet jedoch nun auf Lebenszeit. 1806 nimmt Stülpner an der Schlacht bei Jena teil und gerät in französische Gefangenschaft, kann jedoch fliehen. 1807 stellt er ein Gesuch auf Entlassung, um seine kranke Mutter zu pflegen. Als das Gesuch abgelehnt wird, desertiert Stülpner abermals und begibt sich nach Daubitz in Böhmen. Christiane Wolf übernimmt die Pflege der Mutter und folgt Stülpner nach Böhmen, nachdem die Mutter gestorben ist. Erst in Böhmen können Stülpner und Christiane Wolf heiraten. Christiane Wolf war die Tochter des Ortsrichters von Scharfenstein. Sie lebte von 1777 - 1807 im Ortsrichterhaus in Scharfenstein.

Böhmen

Stülpner betreibt verschiedene Handelsgeschäfte und gründet schließlich eine Zwirnfabrik, die ihm einen gewissen Wohlstand bringt. Nachdem 1813 in Sachsen Generalamnestie verkündet wird, kehrt er zurück und kauft das Haus, in dem er geboren wurde. 1820 lässt er sich jedoch in ein Schmuggelgeschäft hineinziehen und muss Sachsen wieder verlassen. Im gleichen Jahr stirbt seine erste Frau.

Zweite Ehe

1823 heiratet Stülpner in Böhmen Anna Veronika Ventzora, mit der er bereits seit 1821 einen Sohn hat. Über diese Zeit ist wenig bekannt, doch scheint die Ehe nicht sehr glücklich gewesen zu sein. Stülpner verlässt Anna bereits 1828, während sie mit dem zweiten Sohn schwanger ist, und kehrt nach Sachsen zurück.

Die späten Wanderjahre

Stülpner zieht durch seine Heimatregion und erzählt bereitwillig Geschichten aus seinem Leben. Legenden entstehen, in denen sich Wahrheit, Wunschvorstellung und Wildhüter-Romantik vermischen. Stülpner trägt wohl selbst einen guten Teil dazu bei. Volkstümliche Schriftsteller greifen die Stülpner-Legende auf, 1832 wird das erste Buch geschrieben, Gedichte und Theaterstücke folgen. Um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, verkauft Stülpner 1835 seine Lebensgeschichte an den Verleger Schönberg. Das Buch erscheint, wird aber kurz darauf verboten. Stülpner kann allerdings vor Gericht eine Entschädigung durchsetzen. Dennoch ist er wieder vollkommen mittellos und von Altersschwäche gezeichnet. 1839 kehrte er in seinen Heimatort Scharfenstein zurück. Die letzten zwei Jahre seines Lebens war er krank und halbblind. Bis zu seinem Tode wurde er dann aus der Armenkasse versorgt. Karl Stülpner starb am 24. September 1841 in Scharfenstein im Alter von fast 79 Jahren. Sein Grab ist noch heute auf dem Friedhof in Großolbersdorf erhalten.

Verfilmung

  • Die siebenteilige Serie Stülpner-Legende des Fernsehens der DDR (1973) mit Manfred Krug in der Hauptrolle schildert in freier Adaption einige legendäre Episoden aus Stülpners Leben etwa aus der Zeit von 1795 bis 1800.

Literatur

  • Kurt Arnold Findeisen: Der Sohn der Wälder. Der Lebensroman des Raubschützen Karl Stülpner. Leipzig 1934.
  • Erich Loest: Stülpner-Novelle. in: Erich Loest: Etappe Rom. Zehn Geschichten. Verlag Neues Leben. Berlin 1975. (Nachdruck in: Erich Loest: Bauchschüsse. Zehn Erzählungen. Linden-Verlag. Leipzig 1990.)
  • Hermann Lungwitz: Altes und Neues über Karl Stülpner. Benutzung der Schönberg'schen Aufzeichnungen. Verlag Löseke. Ehrenfriedersdorf 1887.
  • Johannes Pietzonka: Karl Stülpner - Legende und Wirklichkeit. Sachsenbuch. Leipzig 1998. ISBN 3-910148-33-6.
  • Wolfgang Riemer: Wahre Geschichten um Stülpner Karl. Tauchaer Verlag. Taucha 1993. ISBN 3-910074-15-4.
  • Carl Heinrich Wilh. Schönberg: Carl Stülpner's merkwürdiges Leben und Abenteuer. Zschopau 1835. (Reprint Leipzig 1973).
  • Karl Sewart: Mich schießt keiner tot. Die Geschichte des Volkshelden Karl Stülpner. Chemnitzer Verlag. Chemnitz 1994. ISBN 3-928678-14-0.
  • Friedrich von Sydow: Der Wildschütz Carl Stülpner. Sondershausen 1832.
  • Max Wenzel: Der Stülpner Karl. Die Geschichte des erzgebirgischen Wildschützen. Sachsenbuch. Leipzig 1997. ISBN 3-89664-009-7.
  • Eduin Milan: Leben, Taten und Ende Karl Stülpner's. Verlag der J. G. Walde'schen Buchhandlung. Löbau 1858.
  • Hermann Heinz Wille: Der grüne Rebell. Verlag Neues Leben. Berlin 1980.
  • Jens & Joerg G. Fieback: Hörbuch „Karl Stülpner – Robin Hood der sächsischen Wälder”, Zeitbrücke Verlag 2011, ISBN: 978-3-9814717-0-0

Ehrungen

Im Jahre 2000 wurde der am 29. Dezember 1998 in der Volkssternwarte Drebach (Erzgebirge) entdeckte Planetoid 1998 YH27 nach Karl Stülpner benannt. Er trägt jetzt die offizielle Bezeichnung (13816) Stülpner und bewegt sich zwischen den Planeten Mars und Jupiter um die Sonne.

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