Katharina Rutschky

Katharina Rutschky

Katharina Rutschky (* 25. Januar 1941 in Berlin; † 14. Januar 2010 ebenda) war eine deutsche Publizistin.

Rutschky trat als streitbare Intellektuelle und Essayistin sowie durch die Prägung des Begriffs Schwarze Pädagogik hervor. Sie war bekannt für ihre Kritik am Missbrauch mit dem Missbrauch und dem sexuellen Generalverdacht gegen Männer.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Rutschky wurde als Tochter eines Schlossers und einer Hausfrau 1941 in Berlin geboren.[2] Ihre Familie war sozialdemokratisch geprägt. Allerdings wurde Rutschky erst 2009 Mitglied der SPD.[3] Ihre erste Schulzeit verbrachte sie in Kniebis bei Freudenstadt. Als Zehnjährige zog sie mit ihrer Familie 1951 nach Kassel, wo sie im Alter von 15 Jahren Mitglied der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken wurde[4] und 1960 das Abitur machte. An der Universität Göttingen und an der FU Berlin studierte sie Germanistik und Geschichtswissenschaft, nach dem Staatsexamen Soziologie und Pädagogik. Zu Beginn ihres Studiums 1960 wurde sie Mitglied des Berliner SDS.[5] Ihre wichtigsten Lehrer waren Eberhard Lämmert, Klaus Mollenhauer, Herwig Blankertz, Dieter Claessens und der Psychoanalytiker Gerhard Maetze.[6]

Bekannt wurde sie 1977 durch ihre Herausgeberschaft einer Quellensammlung zur Pädagogik des 18. und 19. Jahrhunderts, der sie den prägnanten Titel Schwarze Pädagogik gab. Das Buch war ein „Abfallprodukt“ ihres in den 60er Jahren begonnenen, aber nie vollendeten Promotionsprojektes „Die Konstruktion des bürgerlichen Sozialcharakters bei Jean-Jacques Rousseau“.[7] 1986 gab sie die Doktorarbeit der Soziologin Margarete Freudenthal neu heraus. In ihrem Buch Erregte Aufklärung. Kindesmissbrauch: Fakten und Fiktionen (1993) prangerte sie den „Missbrauch mit dem Missbrauch“ an, etwa wenn der Vorwurf sexuellen Missbrauchs im Kampf um das Sorgerecht als Waffe gegen die Väter eingesetzt wird. 2001 veröffentlichte sie ein Buch über Hunde.

Seit 1971 war Rutschky verheiratet mit dem Journalisten Michael Rutschky.[8] Seit 1984 wohnte sie mit Mann, Hund und Katze in Berlin-Kreuzberg.[9] Sie blieb kinderlos. 1973 erwarb sie ihren ersten Hund.

Wirkung

Am 30. Mai 1999 erhielt Rutschky den Heinrich-Mann-Preis für Essayistik. Sie sei „eine der wichtigsten Nachkriegsessayistinnen gewesen“, urteilte Jan Feddersen.[10] Ihr Verhältnis zum Feminismus beschrieb sie einmal mit den beiden Sätzen: „Ist Feministin in Italien, wohin sie seit zehn Jahren reist, um sich bei den Philosophinnen der Gruppe Diotima in Verona weiterzubilden und inspirieren zu lassen. Ist Antifeministin in Deutschland, weil hier das Niveau des Feminismus politisch und intellektuell über das private von Alice Schwarzer nicht hinausgekommen ist.“[11] Sie bezeichnete sich als Agnostikerin, die der Meinung war, „dass die monotheistischen Religionen mit einer ausgefeilten und anspruchsvollen Tradition religiös Talentierten mehr zu bieten haben als aller Ethnokitsch“.[12]

Rutschky war eine entschiedene Verteidigerin der 68er-Generation, der sie angehörte.[13] Von der Interpretation der 68er-Bewegung durch Wolfgang Kraushaar[14] und Götz Aly[15] grenzte sie sich ab.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Monografien
  • Erregte Aufklärung : Kindesmissbrauch: Fakten & Fiktionen Klein, Hamburg 1992. ISBN 3-922930-05-0
  • Emma und ihre Schwestern. Ausflüge in den real existierenden Feminismus. München; Wien: Hanser, 1999, 158 S., ISBN 3-446-18766-9
  • Der Stadthund : von Menschen an der Leine Rowohlt, Reinbek 2001. 223 S. ISBN 3-498-05758-8
  • Deutsche Kinder-Chronik : Wunsch- und Schreckensbilder aus vier Jahrhunderten Parkland-Verlag, Köln 2003. ISBN 3-89340-042-7
Herausgeberin
  • Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung. Herausgegeben und eingeleitet von Katharina Rutschky. 8. Aufl. München 2001. (Erstausgabe: Frankfurt a.M. u.a. 1977.)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Furchtlos und unabhängig: Katharina Rutschky
  2. Ironisch, intellektuell und lebensfroh – Nachrufe in der taz vom 15. Januar 2010.
  3. Nachruf von Thomas Schmid
  4. http://debatte.welt.de/mitglieder/2451/Katharina%2BRutschky
  5. http://debatte.welt.de/mitglieder/2451/Katharina%2BRutschky
  6. Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost. Zit. nach http://leserattenforum.leserattenbuecher.de/thread.php?threadid=5302&sid=a8e7c1bca2ce97a32e23534e4fadb25b
  7. http://debatte.welt.de/mitglieder/2451/Katharina%2BRutschky
  8. Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost. Zit. nach http://leserattenforum.leserattenbuecher.de/thread.php?threadid=5302&sid=a8e7c1bca2ce97a32e23534e4fadb25b
  9. Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost. Zit. nach http://leserattenforum.leserattenbuecher.de/thread.php?threadid=5302&sid=a8e7c1bca2ce97a32e23534e4fadb25b
  10. http://www.freitag.de/politik/1002-rutschky-essayistin-nachruf-feminismus
  11. Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost. Zit. nach http://leserattenforum.leserattenbuecher.de/thread.php?threadid=5302&sid=a8e7c1bca2ce97a32e23534e4fadb25b
  12. Wege zum Glauben. Der Katholik Christian Heidrich schreibt über Bekehrungen. Will er denn auch den Leser bekehren? In: Berliner Zeitung, 25. März 2002.
  13. Berliner Zeitung vom 15. Januar 2010: „Und kochen konnte sie auch noch. Zum Tod der Publizistin Katharina Rutschky“
  14. Vgl. http://www.welt.de/print-welt/article555663/Es_ging_um_die_Kuehltruhe.html
  15. Vgl. http://www.taz.de/1/archiv/dossiers/dossier-revolte-und-liebe-die-68er/artikel/1/in-welcher-k-gruppe-waren-sie-denn/

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