- Kindersitz
-
Ein Kindersitz, auch Rückhaltevorrichtung genannt, ist eine an die geringe Körpergröße von Kindern angepasste Sitzgelegenheit. Im Speziellen wird damit zumeist ein Sitz für den sicheren Transport von Kindern in Fahrzeugen bezeichnet, der über Befestigungssysteme für den Sitz und Rückhaltesysteme für das Kind verfügt, oder zumindest die Sitzposition des Kindes so erhöht, dass der für den Sitzplatz vorgesehene fahrzeugeigene Sicherheitsgurt nicht am Hals entlang, sondern über die Schulter verläuft.
Inhaltsverzeichnis
Regelung in Deutschland
Kraftfahrzeuge
Nach § 21 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung dürfen Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die kleiner als 150 cm sind, in Kraftfahrzeugen nur mit Rückhalteeinrichtungen für Kinder (Kindersitze) mitgenommen werden. Kinder, die jünger als 12 Jahre alt, aber größer als 150 cm sind, dürfen demnach ohne Kindersitz transportiert werden, ebenso Kinder, die älter als 12, aber kleiner als 150 cm sind. Im letzten Fall empfiehlt die Polizei jedoch dennoch die Verwendung eines Kindersitzes, um die passgerechte Führung des Sicherheitsgurtes zu gewährleisten.
Kindersitze müssen amtlich genehmigt und geeignet sein. Die amtliche Genehmigung erfolgt durch die Vergabe nach der ECE-Regelung Nr. 44 an den Hersteller.
Seit April 2008 dürfen nur noch solche Kindersitze genutzt werden, die nach ECE44/03 oder höher geprüft sind. Ob dies der Fall ist, erkennt man an den ersten zwei Ziffern der 8-stelligen Zulassungsnummer auf dem orangefarbenen ECE-Prüfsiegel, denn diese zeigen die Prüfversion an. Beginnt die Nummer mit 00, 01 oder 02, so ist der Sitz veraltet. Bei 03 oder 04 ist der Sitz zulässig, wobei 03 technisch gleichwertig mit 04 ist.[1]
Geeignet sind die Kindersitze, wenn diese dem Gewicht und der Größe des Kindes entsprechend ausgeführt sind. Nach ECE Nr. 44 unterscheidet man
- Klasse 0: bis zu einem Gewicht von 10 kg (entgegen der oder quer zur Fahrtrichtung ausgeführt)
- Klasse 0+: bis zu einem Gewicht von 13 kg (entgegen der Fahrtrichtung ausgeführt)
- Klasse 0+-I: von Geburt bis 18 kg (gegen Fahrtrichtung, oder ab 9 kg in Fahrtrichtung)
- Klasse I: von 9 bis 18 kg (in oder gegen Fahrtrichtung)
- Klasse II: von 15 bis 25 kg (zumeist in Fahrtrichtung)
- Klasse II-III: von 15 bis 36 kg (in Fahrtrichtung)
- Klasse III: von 22 bis 36 kg (nur Sitzerhöhung in Fahrtrichtung)
- Klasse I-III: von 9 bis 36 kg
Die Gewichtsangaben sind Maximalwerte. Ein durchschnittlich gebautes Kind wächst von der Größe her deutlich früher aus dem Sitz heraus, als dass es das Gewichtslimit erreicht.[2] Die Prüfpuppen im Normungsprozess sind kleiner und leichter als das Maximalgewicht. So wird beispielsweise in der Klasse 0+ mit einer Puppe von 11 kg geprüft.[3]
Auf Sitzplätzen, die lediglich mit einem Beckengurt ausgestattet sind (z. B. der Mittelsitz auf der hinteren Sitzbank bei vielen PKW), ergibt die Verwendung eines erhöhenden Kindersitzes keinen Sinn. Allerdings ist es nach § 21 Abs. 1 a, Satz 3 nur dann zulässig, ein Kind ab dem vollendeten dritten Lebensjahr ohne Kindersitz auf einem solchen nur mit Beckengurt gesicherten Sitzplatz zu transportieren, wenn andere Möglichkeiten zur Befestigung eines Kindersitzes (z. B. auf dem Beifahrersitz) ausgeschöpft sind.
Die Mitte der Rückbank ist einer Studie zufolge der sicherste Platz im Auto für ein Kind, da der zusätzliche Raum mehr Schutz bei einem Seitenaufprall bietet als ein Kindersitz.[4] Die Crashtests von ADAC und Stiftung Warentest haben hierzu keine Aussagekraft, weil sie nur die Beschleunigungskräfte am Kind messen, aber nicht das Eindringen eines anderen Fahrzeugs in den Innenraum berücksichtigen. Kindersitze lassen sich in der Mitte jedoch nicht immer befestigen, weil kleinere Fahrzeuge dort oft nur einen Beckengurt haben und Isofix-Halterungen in der Regel nur an den seitlichen Sitzen vorhanden sind. Es gibt aber einige, wenige Kindersitze, die sich rückwärts gerichtet auch mit dem Beckengurt befestigen lassen.
Bei Kindersitzen der Klassen 0, 0+ und I, die auf dem Rücksitz entgegen der Fahrtrichtung montiert sind, lässt sich mit Hilfe eines Babyschalenspiegels leicht feststellen, ob es dem Kind gut geht.
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat zur Information und Unterstützung von Eltern die Broschüre Kinder sichern im Auto – Ratschläge, Tipps, ISOFIX[5] sowie ein 16-Minuten–Video entwickelt. Darin werden Hinweise zur richtigen Verwendung von Kindersitzen gegeben.[6]
Fahrräder und Mofa
Auf Fahrrädern und Mofas dürfen Kinder unter 7 Jahren nur von einer mindestens 16 Jahren alten Person mitgenommen werden, wenn ein besonderer Sitz (Kindersitz/Fahrrad) vorhanden ist. Bei dieser Ausführung – entweder am Lenker (Fahrrad) oder am Gepäckträger angebracht – dürfen die Füße der Kinder nicht in die Speichen gelangen können.
Regelung in Österreich
Kfz
In Österreich müssen alle Kinder, die kleiner als 150 cm und jünger als 14 Jahre[7] sind mit einem Kinderrückhaltesystem oder einer Kindersitzerhöhung gesichert sein. Kinder, die vor ihrem 14. Geburtstag eine Körpergröße von 150 cm erreichen, müssen nur mit einem entsprechenden Sicherheitsgurt gesichert werden. Auch Kinder, die kleiner sind, aber 14 Jahre oder älter sind, dürfen ohne Kindersitz transportiert werden, hier wird aber empfohlen, eine Sitzerhöhung zu verwenden, bis das Kind die entsprechende Größe erreicht hat.
Fahrrad
Kinder bis 12 müssen - ohne Androhung einer Strafsanktion - seit Juli 2011 am Fahrrad einen Helm tragen. Auch im Kindersitz oder Anhänger.
Gehen
Auf Wanderungen bietet sich eine Rückentrage an. Eine meist vorhandene ausklappbarer Stütze erlaubt es, das Alugestell am Boden abzustellen, um das Kind hineinzusetzen oder zu versorgen - dabei ist Handsicherung nötig. Die sanfteste, leichteste Form ist ein Tragetuch, mit dem besonders kleine Kinder vor oder hinter dem Körper mitgetragen werden können. Überwiegend textile Sitze kommen mit ein wenig Versteifung doch ohne Tragegestell aus.
Regelung in der Schweiz
Ab dem 1. April 2010 ist auch in der Schweiz ein Kindersitz für Kinder unter 12 Jahren und bis zu einer Größe von 150 cm Pflicht. Je nach Gewicht muss das Kind in einer Babyschale, auf einem Kindersitz oder einem speziellen Sitzpolster sitzen. Die entsprechenden Vorrichtungen müssen die Sicherheitsstandards des UNO-Abkommens in der Version 03 erfüllen (UN-ECE, Nr. 44). Die Angabe dazu findet sich auf der Etikette aller Kindersitze. Die älteren Versionen 01 und 02 dürfen ab dem 1. April 2010 nicht mehr verwendet werden.
Regelung in den Niederlanden
In den Niederlanden ist gemäß Artikel 59 Nr. 1 Reglement verkeersregels en verkeerstekens 1990 (RVV 1990)[8] ein Kindersitz für Personen unter 18 Jahren, die kleiner als 135 cm sind, Pflicht.
Regelung in den Vereinigten Staaten von Amerika
In den USA unterscheiden sich die Vorschriften zur Sicherung von Kindern im Auto von Staat zu Staat. In einigen Bundesstaaten dürfen Kinder bereits ab vier Jahren ohne Kindersitz mitfahren und in anderen ist eine Kindersitzerhöhung bis zum vollendeten neunten Lebensjahr vorgeschrieben. Von amerikanischen Behörden wird aber empfohlen, dass Kinder, die kleiner als 4’ 9” (ca. 145 cm) sind, mit einem Kindersitz gesichert werden sollten. Grundsätzlich wird auch geraten, den sogenannten 5-Schritte-Test mit dem Kind (ohne Sitzerhöhung) durchzuführen. Zum einen sollten die Knie des Kindes bei aufrechtem Sitzen bis zum Sitzrand reichen und die Füße sollten den Boden berühren, ansonsten wird das Sitzen für das Kind unbequem und es rutscht weiter nach vorne, was die Erwachsenengurte für das Kind noch gefährlicher macht. Der Schultergurt sollte exakt über die Schulter verlaufen und nicht am Hals kratzen und der Beckengurt sollte nicht direkt auf dem Bauch liegen. Außerdem muss das Kind über eine längere Zeit so angenehm sitzen können. Sollte einer dieser fünf Punkte nicht zutreffen wird geraten, unabhängig von der Größe und dem Alter des Kindes unbedingt eine Sitzerhöhung zu benutzen.
Sanktionen
Wer ein Kind ohne jede Sicherung im Auto mitnimmt, dem droht ein Bußgeld in Höhe von 40 Euro und ein Punkt. Ohne oder im nicht mehr zugelassenen Kindersitz der Prüfnormen ECE 44/00, ECE 44/01 oder ECE 44/02, aber mit Gurt, droht ein Verwarnungsgeld von 30 Euro. Im Schadenfall können und werden seitens der Versicherung Anspruchsleistungen gemindert.
Wird eine rückwärtsgerichtete Babyschale trotz aktiviertem Airbag auf dem Beifahrersitz verwendet, droht ein Verwarnungsgeld in Höhe von 25 Euro. Fehlt der entsprechende Warnhinweis, so werden 5 Euro Verwarnungsgeld erhoben.
In Österreich droht Verkäufern von Kindersitzen, die nicht den Sicherheitsstandards genügen, eine Geldstrafe von 5000 €. Dies gilt auch für private Verkäufe.[9]
Drei Kindersitze im Fond
Drei Kindersitze nebeneinander sind häufig nur in Fahrzeugen mit Einzelsitzen problemlos montierbar. Moderne und sichere Kindersitze sind breiter geworden und können meist nur mit einem Dreipunkt-Sicherheitsgurt befestigt werden. Auch wenn die Rückbank breit genug ist, so macht häufig die Form der Rückbank mit einem dicken Höcker in der Mitte oder stark ausgeprägte Lehnen sowie im Polster verdeckte Gurtschlösser die Montage von drei Kindersitzen im Fond unmöglich.
Im März 2007 hat die Zeitschrift Auto-Bild 152 PKW überprüft, mit dem Ergebnis, dass sich in nur 21 PKW drei Sitze kinderleicht nebeneinander montieren lassen, bei 29 weiteren passten drei Kindersitze knapp auf die Rückbank und waren schwierig zu montieren.[10]
Bei der Auswahl der Kindersitze muss deshalb auf Gurtausrüstung und Platzangebot Rücksicht genommen werden.[11] Bei Autotests beurteilt der ADAC als einer der wenigen Tester regelmäßig unter der Rubrik Kindersicherheit die Anzahl der maximal zu montierenden Sitze.[12]
Siehe auch
Weblinks
Commons: Kindersitze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- www.autokindersitz.at, reine Infoseite, gesponsert vom öst. Verkehrsministerium
- Informationsseite der Kreispolizeibehörde Unna
- Stiftung Warentest: Autokindersitze
- Verbraucherinformationen der Unfallforschung der Versicherer (UDV) zu Kindersitzen
- ADAC: Datenbank mit Autotests mit Testkriterium Kindersicherheit
- Kindersitze - Test & Vergleich
Einzelnachweise
- ↑ Polizeipräsidium Mannheim, Jugendverkehrsschule Mannheim: Häufige Fragen zum Kindersitz
- ↑ Polizeipräsidium Mannheim, Jugendverkehrsschule Mannheim: Vergleich von Babyschalen
- ↑ EU-Norm R44: Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Rückhalteeinrichtungen für Kinder in Kraftfahrzeugen („Kinder-Rückhaltesystem“); Seite 59
- ↑ Nano: Verfeinerte Crashtests für sichere Kindersitze im Auto; auf: 3sat.de, 5. Juli 2007
- ↑ Unfallforschung der Versicherer: Kinder sichern im Auto (PDF)
- ↑ Unfallforschung der Versicherer: Kinder sichern – aber richtig!
- ↑ Kindersitze in Österreich: Kindersitze in Österreich
- ↑ Reglement verkeersregels en verkeerstekens 1990 (RVV 1990) – Autogordels en kinderbeveiligingssystemen
- ↑ Autokindersitz.at: Schleudersitz statt Lebensretter: Veraltete Kindersitze sind gefährlich und Veralteter Kindersitz – große Gefahr: Vom Schnäppchen zum Schleudersitz
- ↑ Von Meier: Praxistest Kindersitze – Das wird eng; Auto-Bild 13/2007
- ↑ ADAC:Wie sichere ich mehrere Kinder (z. B. im Rahmen einer Fahrgemeinschaft)?
- ↑ ADAC: Beschreibung des ADAC-Autotest-Verfahrens (PDF)
Kategorien:- Fahrzeugsicherheit
- Autozubehör
Wikimedia Foundation.