- Krankenhausfunk
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Krankenhausfunk (auch: „Krankenhausradio“, „Krankenhaussender“, „Patientenfunk“, „Patientenradio“ oder „Patientensender“) ist eine Form des Einrichtungsfunks in Krankenhäusern und karitativen Einrichtungen, wie z. B. Senioren-Wohnanlagen.
Der Krankenhausfunk dient vom Grundsatz her der Unterhaltung und Information der Patienten bzw. Bewohner dieser Häuser und wird, bis auf wenige Ausnahmen, ehrenamtlich betrieben. Die Reichweite ist dabei in den meisten Fällen auf das Haus-Kabelnetz in die Patientenzimmer der Einrichtung beschränkt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die ersten Krankenhausradios in Deutschland wurden in den 1960er-Jahren parallel und unvernetzt gegründet. Auslöser waren in den meisten Fällen Tonband-Amateure, die ihr Hobby einer sozialen Sache zur Verfügung stellen wollten. Teilweise initiierten auch Krankenhaus-Mitarbeiter und Seelsorger die Stationsgründung, da das Mittel Radio zur Unterhaltung und Versorgung mit Informationen der Patienten in einem Krankenhaus erkannt wurde.
So entstand im niedersächsischen Uelzen 1966 ein heute noch aktiver Krankenhausfunk. Er ist somit der heute älteste aktive Sender dieser Art in Deutschland. Weitere Patientenradios starteten 1969 in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg) und in Greven (Nordrhein-Westfalen).
Die jüngste bekannte Neugründung ist 2006 in Hamburg erfolgt. (Stand November 2007)
Verbreitung in Deutschland
Derzeit gibt es 82 aktive Krankenhausfunk-Stationen in Deutschland (Stand Dezember 2008).
Bundesland Anzahl Baden-Württemberg 25 Bayern 1 Berlin 1 Brandenburg 0 Bremen 0 Hamburg 3 Hessen 7 Mecklenburg-Vorpommern 0 Niedersachsen 10 Nordrhein-Westfalen 31 Rheinland-Pfalz 1 Saarland 1 Sachsen 0 Sachsen-Anhalt 0 Schleswig-Holstein 2 Thüringen 0 Verbreitung außerhalb Deutschlands
Bekannt sind Krankenhausradios in der Schweiz und, in größer Anzahl und über einen Dachverband organisiert, in Großbritannien und Irland.
Organisation und Technik
Der Aufbau eines Krankenhausradios ist grundsätzlich mit erheblichen Kosten verbunden. Dazu zählen die Anschaffung geeigneter Gerätschaften, Verkabelung und entsprechende Infrastruktur für die hausinterne Verteilung. Ein weiterer Posten sind die laufenden GEMA Gebühren, die sich nach Hausgröße und Hörerzahl richten. Je nach Bundesland sind auch Genehmigungen bei den Behörden erforderlich. Eine Sendelizenz ist nur dann erforderlich – wenn das Programm über Antenne oder Kabel ausgestrahlt wird. In Bezug auf die persönlichen Inhalte spezieller Sendungen mit Patienten ist der Datenschutz zu beachten.
Oftmals werden auch ausgemusterte Geräte privater und öffentlicher Rundfunkanstalten als kostenlose Spenden für technische Ausstattungen verwendet. Den Gegenpart bilden die innovativen Techniker, die auch preiswertes DJ-Equipment für Sendeanlagen verwenden. Je nach Sendedauer und Umfang der Produktionen reichen die Anlagen von semiprofessioneller Technik bis hin zu komplexen Sendeanlagen mit Redaktionsräumen und kompletten Selbstfahrer-Studios.
Als Idee zu fehlenden Finanzmitteln haben sich einige Radiosender in Zusammenarbeit mit Technikern und Entwicklern selbst entsprechende Anlagen und Geräte gebaut. In der Gruppe gleichgesinnter Einrichtungen werden diese technischen Erfahrungen und Entwicklungen gern und kostenlos weitergegeben, um auch finanzschwachen Einrichtungen zu helfen. Geschickte Eigenbauten und Modifikationen liefern das zugehörige Sparpotential. Das Krankenhausradio-Elmshorn[1] ist einer der wenigen Sender, der gleichgesinnte Einrichtungen unterstützt. Eine eigene Technikseite bietet kostenlose Schaltungen und Informationen zum Nachbau an. Eine Besonderheit ist die Verfügbarkeit der Unterlagen, denn Lizenzprobleme gibt es hier nicht. Alle Schaltungen wurden von eigenen Konstrukteuren und Technikern entworfen und können daher ohne Schutzrechte nachgebaut werden.
Programme
Die Programme sind in der Regel sehr unterschiedlich und abhängig vom Träger. Grundsätzlich findet ein lockerer Moderationsstil Anwendung, der sich deutlich vom restlichen Radioprogramm absetzen soll. Moderatoren können bei einem Kliniksender ihre eigenen Programme zusammenstellen – was mittlerweile bei fast allen kommerziellen Sendern unmöglich geworden ist. Das erklärt auch den zunehmenden Enthusiasmus der Mitarbeiter, in diesem Medium mit der Musikauswahl noch etwas bewegen zu können. Diese persönliche Freiheit beschert dem Klinikradio auch die notwendige Frische im Programm – die eine klare Unterscheidung zu kommerziellen Sendern ermöglicht. Formatradio findet an dieser Stelle kaum Anwendung – da die meisten Mitarbeiter ehrenamtlich und mit einem eigenen Musikgeschmack Sendungen gestalten.
Wortanteil
Zwischen den einzelnen Titeln gewinnen Informationsblöcke zunehmend an Bedeutung. In einem Kliniksender können lokale Nachrichten verlesen und entsprechend locker aufbereitet werden. Da viele der Einrichtungen von „Laien“ betreut werden, entsteht oftmals eine lustige – aber sehr unterhaltsame Moderation, die bei professionellen Sendern kaum eine Chance hätte. Somit bieten sich Krankenhaussender auch als Karrieresprungbrett für Nachwuchsmoderatoren an – die in diesen Räumlichkeiten entsprechende Erfahrungen sammeln und vertiefen können.
Therapeutische Bedeutung
Die Wahrnehmung von Musik ist nachweislich an der Genesung kranker Menschen beteiligt. Der psychologische Aspekt der Zuwendung gewinnt besondere Bedeutung, wenn der Moderator für die Patienten in Zimmer 103 einen Wunschtitel spielt. So fühlen sich Patienten verstanden und erhalten das Gefühl, im Fokus der Einrichtung zu stehen. Hier gewinnt der Satz "der Hörer gestattet dem Modeartor, bei ihm zu sein" an Bedeutung. Zu besonderen Anlässen (Weihnachten und sonstige Feste) werden vielfach Sondersendungen produziert - oder gesangliche Darbietungen aus zentralen Räumlichkeiten des Klinikums in die Zimmer der Patienten übertragen. Dazu gehört auch der hausinterne Gottesdienst. Einige Kliniken werben bereits mit der vorhanden Einrichtung eines hauseigenen Radiosenders.
Nachwuchs/Personal
Es wird zunehmend schwieriger, ehrenamtliche Mitarbeiter für das Krankenhausradio zu gewinnen. Erhöhte Sorgfaltspflicht und grundlegende Kenntnisse im Umgang mit verschiedenen Musikstilrichtungen erschweren vielen jungen Menschen den Zugang. Bedenkt man die durchschnittlichen Alterklassen der Patienten, liegt der Durchschnitt bei 65 Jahren. Leider wird oftmals nicht verstanden, dass gerade jene Generation mit den modernen Titeln der Hitparaden überfordert ist – noch der Geschmack ansatzweise getroffen wird. So haben bereits einige Einrichtungen nach weit über 20jähringer Arbeit ihre Tätigkeit ersatzlos einstellen müssen. Hinzu kommt noch der extreme Konkurrenzdruck der zahlreichen Radio – und TV Sender, die mit ihren „Action“ Konzepten ein klares Gegenteil zum Krankenhausradio bilden.
Literatur
- Hubert Schmölzl (Hrsg.): Schere-Tupfer-Mikrofon. Krankenhausradios in Deutschland. Sach+Fach-Verlag, Werne 2007, ISBN 978-3-00-023255-8.
Einzelnachweise
Kategorien:- Hörfunk
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