Krankenversicherungspflicht

Krankenversicherungspflicht

Die Versicherungspflicht im Sinne der deutschen Sozialversicherung bezeichnet den im Sozialgesetzbuch (SGB) normierten grundsätzlichen Versicherungszwang und das Zustandekommen der Versicherung kraft Gesetzes. Entsprechende Regelungen gibt es für alle Zweige der Sozialversicherung: Unfall-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Ein Antrag, ein Versicherungsvertrag oder eine besondere Entscheidung des zuständigen Versicherungsträgers ist für das Entstehen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen - abweichend von einer privaten Versicherung - Sozialversicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht erforderlich. Sie entsteht in der Regel unabhängig von einer Anmeldung oder von der Beitragszahlung (Ausnahme: Künstlersozialversicherung). Um Leistungen in der Rentenversicherung in Anspruch nehmen zu können, müssen Beiträge gezahlt worden sein. Hier ist einerseits die Dauer der Beitragszahlung für den Grundanspruch als auch für die Höhe des Leistungsanspruches ausschlaggebend. In den anderen Versicherungszweigen genügt lediglich das Vorliegen der Versicherungspflicht und der Eintritt des entsprechenden Versicherungsfalles, um Leistungsansprüche zu haben. Seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform 2007 sind die Leistungsansprüche jedoch eingeschränkt, wenn die geschuldeten Beiträge nicht gezahlt sind (Der Leistungsanspruch ruht kraft Gesetzes). Nur noch bei akuten Erkrankungen tritt dann die gesetzliche Krankenkasse ein. Bei einigen Leistungen ist jedoch eine - u. U. von der Einhaltung von Fristen abhängige - Antragstellung erforderlich.

Rechtsgrundlagen der Versicherungspflicht: Krankenversicherung § 5 SGB V und § 2 KVLG 1989; Pflegeversicherung §§ 20 f. SGB XI; Rentenversicherung §§ 1 f. SGB VI; Arbeitslosenversicherung § 25 ff. SGB III; Unfallversicherung § 2 SGB VII

Wer fällt unter die Versicherungspflicht?

Zu den versicherungspflichtigen Personen zählen grundsätzlich:

  • alle Beschäftigten (Arbeitnehmer, Befreiung möglich), Auszubildenden, Praktikanten, Rentner, Studenten (Befreiung möglich), selbstständigen Landwirte sowie deren mitarbeitende Familienangehörige sowie Handwerker (Befreiung möglich) und Künstler,
  • bestimmte behinderte Menschen und
  • Bezieher von Arbeitslosengeld I oder II, Übergangsgeld oder bestimmter anderer Entgeltersatzleistungen
  • Personen, die zuletzt (irgendwann) gesetzlich krankenversichert waren und nicht privat versichert sind (z. B. Rückkehrer aus dem Ausland).

Der Kreis der pflichtversicherten Personen erweitert sich in der gesetzlichen Unfallversicherung auf:

  • Kinder während des Besuchs von Kindergärten,
  • Schüler während des Besuchs von allgemein bildenden Schulen,
  • Studierende während des Besuchs von Hochschulen,
  • Pflegepersonen,
  • Helfer beim Bau eines steuerbegünstigten oder öffentlich geförderten Familienheimes,
  • Hilfeleistende bei Verkehrsunfällen,
  • Lebensretter,
  • Gefangene,
  • Rehabilitanden,
  • Ehrenbeamte und ehrenamtliche Richter
  • Blutspender sowie
  • bestimmte ehrenamtlich Tätige und
  • einige Selbstständige usw.

Die Versicherungspflichtigen stellen damit den größten Personenkreis in der deutschen Sozialversicherung.

Keine Sozialversicherungspflicht besteht für:

  • Selbstständige (z. B. Unternehmer, im Regelfall, ausgenommen Landwirte, Künstler und Handwerker),
  • Freiberufler (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte), und
  • Beamte, Richter, Lehrer an Privatschulen, Mitglieder von geistlicher Genossenschaften die kein oder nur ein geringes Entgelt beziehen (z.B. Mönche, Diakonissinnen) und Geistliche, sofern sie Ansprüche auf Beihilfe und Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall haben oder gleichartige Leistungen erhalten. Beamte und Richter (außer Richter kraft Auftrag) sind in der Rentenversicherung auch dann nicht versicherungspflichtig, wenn die letztgenannten Voraussetzungen nicht zutreffen.
  • Soldaten der Bundeswehr
  • geringfügig Beschäftigte („Minijob“)
  • ausländische Besatzungsangehörige deutscher Schiffe, die ihren Wohnsitz im Ausland haben (nur in der Krankenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung)
  • Mitglieder von Vorständen (nur in der Arbeitslosenversicherung und nur für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören)
  • Personen, die ehemals privat versichert waren.

In der Pflegeversicherung ist eine Befreiung nicht möglich, eine Versicherungsfreiheit ist nicht vorgesehen. Es gilt die Regel "Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung": Jeder, der krankenversichert ist (egal, ob privat oder gesetzlich), ist auch pflichtversichert in der Pflegeversicherung.

Erfüllt jemand die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht, dann tritt diese Kraft Gesetzes ein. Sie beginnt damit um 0:00 Uhr des Tages, an dem die Voraussetzungen erfüllt werden. Eine meist erforderliche Anmeldung durch bspw. den Arbeitgeber hat nur formalen Charakter und keine Bedeutung für die Versicherungspflicht.

Die Ausnahmen von der Versicherungspflicht sind im jeweiligen Sozialgesetzbuch im Anschluss an die Regelungen zur Versicherungspflicht ausdrücklich geregelt: Ausschluß von der Versicherungspflicht, Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag. Darüber hinaus gibt es keine Möglichkeiten, aus der Versicherungspflicht herauszufallen, wenn man dem Grunde nach zum versicherungspflichtigen Personenkreis zählt.

Siehe auch

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