Kuckucksuhr

Kuckucksuhr
Klassische Kuckucksuhr

Die Kuckucksuhr wird traditionell vor allem im Schwarzwald gefertigt. Sie hat weltweiten Bekanntheitsgrad erlangt. Häufig handelt es sich um eine Wanduhr, deren mechanisches Pendelwerk mit Kettenzug und Schlagwerk ausgestattet ist. Die Grundform des Gehäuses ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts meist einem Bahnwärterhäuschen mit Schrägdach nachempfunden und mit mehr oder weniger aufwändig geschnitzten Holzornamenten verziert. Die eigentliche namensgebende Besonderheit der Kuckucksuhr besteht jedoch im Schlagwerk. Als akustisches Zeitsignal dient ein mechanischer Kuckuck, der beweglich im Gehäuse hinter einer türähnlichen Klappe über dem Zifferblatt angebracht ist, und meist zur jeden vollen Stunde heraus geschwenkt wird. Zusätzlich ertönen dazu ein oder mehrere Kuckucksrufe, zur vollen Stunde je nach Anzahl der Stunden (volle Stunden werden gezählt), meist zusammen mit einem Gong. Der „Kuckucksruf“ wird traditionell durch ein Paar unterschiedlich hoher Orgelpfeifen im Inneren der Uhr erzeugt. Einige Patente kommen jedoch auch mit nur einer Flöte aus. Je nach Ausführung wird der mechanische Kuckuck – traditionell aus Holz geschnitzt und bemalt, heute oft aus Kunststoff – passend zum Kuckucksruf bewegt oder öffnet den Schnabel. Zusätzlich können außen an der Uhr noch andere bewegliche Zierelemente angebracht sein, die sich (meist nur zur vollen Stunde) mitbewegen (Tänzer, weitere Vögel). Heute werden neben den traditionell mechanischen Kuckucksuhren auch elektro-mechanische Modelle angeboten mit Quarzuhrwerk, elektronisch erzeugtem Kuckucksruf, sowie Kettenzug- und Pendelattrappen.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Heute ist das Uhrwerk einer Kuckucksuhr meist einem herkömmlichen Schlaguhrwerk ähnlich, besitzt jedoch zusätzlich die sogenannte „Vogelstange“, einer Schwenkvorrichtung, die den „Kuckuck“ bei Schlagauslösung in Richtung Klappe bewegt. Die Klappe wird dabei mit einem Drahtbügel geöffnet, der am Fuß des Vogels befestigt ist. Am Ende des Schlagvorgangs wird die Vogelstange wieder in Gegenrichtung geschwenkt und damit die Klappe geschlossen.

Die Auslösung des Kuckucksrufs erfolgt durch zwei grundsätzlich unterschiedliche Prinzipien. Bis ins Zwanzigste Jahrhundert hinein wurde das Schlagwerk in der Regel durch eine Schlossscheibe gesteuert. Auf diese historische Funktionsweise der Kuckucksuhr wird hier nicht eingegangen, sondern nur auf das heute übliche Ineinanderspiel von Stufenrad und Auslösehebel. Während sich das Gewicht am Uhrwerk-Kettenzug permanent nach unten bewegt, ist die Schlagauslösung blockiert. Mit dem Stundenzeiger ist ein Stufenrad mit zwölf Stufen gekoppelt. Befindet sich der Minutenzeiger in „Zwölf-Uhr-Stellung“ löst sich für einen kurzen Moment eine Sperre und ein vertikal verzahnter Auslöserhebel fällt auf das Stufenrad, also je nach Uhrzeit unterschiedlich tief. Um Zwölf Uhr ist die Stufe am kleinsten und der Auslöser fällt am tiefsten. Die Blockierung wird gelöst und das Schlag-Kettenzug setzt sich in Bewegung und treibt ein Nockenrad an, welches die „Bedienung“ des Schlagwerks übernimmt. Dabei werden zeitversetzt über ein Drahtgestänge zwei mit kleinen Gewichten oder Holzblöcken beschwerte Blasebälge angehoben und wieder losgelassen. Jeder Blasebalg pumpt Luft in eine kleine Pfeife, wodurch der Kuckuckston entsteht (zuerst der hohe Ton, dann der tiefere). Der Eindruck eines Kuckucksrufs kommt nur zustande, wenn das Auslösen der Pfeifen im richtigen Abstand zueinander liegt. Das Nockenrad löst nach der zweiten Pfeife noch den Schlag auf eine Tonfeder (Gong) aus und kann zusätzlich noch andere Zierelemente wie außen angebrachte Vögel, Tänzer usw. bewegen.

Bei jedem einzelnen „Schlag“ wird der vertikal verzahnte Auslöserhebel mittels eines an das Nockenrad gekoppelten rotierenden Nockenelements um einen Zahn angehoben und durch die Sperre, die den Auslöserhebel außerhalb des Schlagbetriebes oben hält, bei jedem Zahn eingerastet. Bei zwölf Uhr kann sich das Nockenelement also zwölf mal drehen, bis der Auslöserhebel wieder an seinem Ausgangspunkt angelangt ist und das Schlagwerk wieder blockiert wird.

Bei sehr aufwendig animierten Außendekorationen kann ein weiteres Schlagwerk im Einsatz sein oder es gibt ein weiteres „Türchen“ für die Wachtel, die im Viertel- oder Halbstundentakt schlägt. Derartige Uhren haben dann drei Kettenzugwerke.

Je nach Ausführung müssen Kuckucksuhren heute alle 24 Stunden bis 8 Tage neu aufgezogen werden. Zum Aufziehen müssen wie bei anderen Kettenzugwerken die abgesenkten Gewichte von Hand wieder hochgezogen werden. Dass die Kettenzuguhrwerke in der Regel die geringere Laufzeit haben als Federuhrwerke, wird dadurch teilweise kompensiert, dass die Laufreserve jederzeit direkt an der Position der Gewichte ersichtlich ist und eine Beschädigung des Uhrwerks durch unkontrolliertes Aufziehen („Überziehen“) nicht möglich ist. Einige Modelle besitzen wie andere Schlaguhren einen Schlagabsteller, der es ermöglicht, den Kuckucksruf zum Beispiel nachts abzustellen.

Die ersten Kuckucksuhren

Mechanischer Kuckuck, 1650

Die Ursprünge der Kuckucksuhr liegen im Dunkeln.

1629 erwähnte der Augsburger Patrizier Philipp Hainhofer auf einer Reise nach Dresden erstmals eine Kuckucksuhr. Sie gehörte Kurfürst August von Sachsen.

1650 beschrieb Athanasius Kircher in dem weit verbreiteten Handbuch zur Musik Musurgia Universalis (1650) eine mechanische Orgel mit verschiedenen Figurenautomaten, darunter auch eine mechanische Kuckucksfigur. Dieser Kuckuck öffnet automatisch den Schnabel und bewegt Flügel und Schwanzspitze. Gleichzeitig ertönt der Kuckucksruf, erzeugt von zwei Orgelpfeifen, die auf eine kleine oder große Terz gestimmt sind.

1669 schlug Domenico Martinelli in seinem Buch Horologi Elementari vor, den Kuckucksruf für die Anzeige der Stunden zu verwenden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war der Mechanismus für eine Kuckucksuhr bekannt.

Die ersten Schwarzwälder Kuckucksuhren

Frühe Kuckucksuhr, Schwarzwald, um 1760–1780 (Deutsches Uhrenmuseum, Inv. 03-2002)

Wer die ersten Schwarzwälder Kuckucksuhren konstruiert hat, ist umstritten. Bereits die beiden ersten Geschichtsschreiber über die Schwarzwälder Uhrmacherei widersprechen sich in dieser Frage. Markus Fidelis Jäck behauptete 1810, dass Franz Anton Ketterer aus Schönwald zu Beginn der 1730er-Jahre als erster Kuckucksuhren gefertigt habe. Franz Steyrer hingegen berichtet in seiner Geschichte der Schwarzwälder Uhrmacherkunst (1796), dass Michael Dilger in Neukirch und Matthäus Hummel 1742 anfingen, Kuckucksuhren zu bauen. Wolfgang Altendorff schreibt die erste Schwarzwälder Kuckucksuhr dagegen Franz Anton Ketterers Vater Franziskus Ketterer (* 1676; † 2. Juli 1753 in Schönwald) zu. Zu weiteren frühen Kuckucksuhrmachern zählen die beiden Brüder Andreas und Christian Herr, geb. 1812 und 1814, die in einem kleinen Bauernhaus in der Nähe von Triberg im Schwarzwald die Herstellung von Kuckucksuhren betrieben.

Im 19. Jahrhundert fand sich der Kuckuck ebenso in Lackschilduhren als auch in Rahmenuhren, bevor die Bahnhäusleuhr alle anderen Formen der Kuckucksuhr innerhalb weniger Jahre vom Markt verdrängte.

Die Bahnhäusle-Uhr

Links: Bahnhäusleuhr von Friedrich Eisenlohr, 1850/1851; rechts: Kreuzer, Glatz & Co., Furtwangen, 1853/1854 (Deutsches Uhrenmuseum, Inv. 2003-081)
Jagdstück, Schwarzwald, um 1900, Deutsches Uhrenmuseum, Inv. 2006–015
Kuckucksuhr in Schonach, erbaut etwa im Maßstab 50:1

Im September 1850 rief Robert Gerwig, der Direktor der Großherzoglich Badischen Uhrmacherschule in Furtwangen, zu einem Wettbewerb für ein zeitgemäßes Uhrendesign auf.

Der folgenreichste Entwurf stammt von Friedrich Eisenlohr, der als Architekt für die meisten Bauten entlang der badischen Staatseisenbahn verantwortlich war. Eisenlohr versah die Fassade eines Bahnwärterhäuschens mit einem Zifferblatt. Das Urbild der heute noch als Souvenir beliebten Kuckucksuhr war geboren.

Um 1860 entfernte sich die Bahnhäusleuhr deutlich von der ursprünglich eher strengen grafischen Form. 1862 bot Johann Baptist Beha aus Eisenbach zum ersten Mal reich verzierte Kuckucksuhren mit geschnitzten Beinzeigern sowie Gewichten in Form von Tannenzapfen an.

Seit dieser Zeit ist die Bahnhäusleuhr mit üppigen dreidimensionalen Pflanzen- und Tierschnitzereien ein Dauerbrenner als Souvenir. Im Ausland gilt die Kuckucksuhr nicht nur als Symbol für den Schwarzwald, sondern für ganz Deutschland, aufgrund der kulturellen Gleichheiten und der Verbreitung der Uhren auch für die Schweiz und Österreich.

Bedeutung in der populären Kultur

Die Kuckucksuhr ist in zahlreichen Comics und Zeichentrickfilmen verwendetes Requisit, wobei der Kuckuck fast immer − im Unterschied zu den handelsüblichen Kuckucksuhren – an einem Pantographen befestigt ist und ein Stück aus der Uhr herausschnellen kann.

In Fritz Benschers sehr beliebten Quizsendung Tick-Tack-Quiz, die zwischen 1958 und 1967 in der ARD zu sehen war, erhielt der unterlegene Kandidat als Trostpreis eine Kuckucksuhr.

Siehe auch

Literatur

  • Schneider, Wilhelm: Zur Entstehungsgeschichte der Kuckucksuhr. In: Alte Uhren. Heft 3, 1985, S. 13–21.
  • Schneider, Wilhelm: Frühe Kuckucksuhren von Johann Baptist Beha in Eisenbach im Hochschwarzwald. In: Uhren. Heft 3, 1987, S. 45–53.
  • Richard Mühe, Helmut Kahlert, Beatrice Techen: Kuckucksuhren. München 1988.
  • Schneider, Wilhelm: Die eiserne Kuckucksuhr. In: Uhren, 12. Jg., 1989, Heft 5, S. 37–44.
  • Helmut Kahlert: Erinnerung an ein geniales Design. 150 Jahre Bahnhäusle-Uhren. In: Klassik-Uhren. 2002, H. 4, S. 26-30.
  • Jüttemann, Herbert: Die Schwarzwalduhr. Badenia-Verlag, Karlsruhe 2000. ISBN 978-3-89735-360-2
  • Johannes Graf: Erfolgsgeschichte der Schwarzwälder Kuckucksuhr. In: Klassik-Uhren. 2006, H. 5.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Kuckucksuhr – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Kuckucksuhren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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