Kumulierte Verteilungsfunktion

Kumulierte Verteilungsfunktion

Die (kumulative) Verteilungsfunktion F(x) wird in der Wahrscheinlichkeitstheorie verwendet, um die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer reellen Zufallsvariable X zu beschreiben. In der Regel spricht man einfach von einer Verteilungsfunktion. Die explizite Kennzeichnung als kumulativ kann helfen, Verwechslungen mit der Wahrscheinlichkeitsfunktion oder Dichtefunktion zu vermeiden.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,Σ,P) wird die Verteilungsfunktion einer reellen Zufallsvariablen :X: \ \Omega \to\R meist als diejenige Funktion F_X : \R \to \R definiert, die angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Zufallsvariable einen Wert kleiner oder gleich x annimmt:[1]

F_X(x) = P(X \le x)=P(\lbrace\omega\in \Omega | \  X(\omega )\leq x\rbrace),\quad x\in\mathbb{R}

Wenn klar ist, bezüglich welcher Zufallsvariablen die Verteilungsfunktion definiert ist, so wird diese mit F(x) angegeben.

Gelegentlich findet sich auch eine leicht abweichende Definition, siehe den Abschnitt alternative Definition.

Eigenschaften von Verteilungsfunktionen

Verteilungsfunktion der Chi-Quadrat-Verteilung mit 3 Freiheitsgraden

Jede Verteilungsfunktion F:\R\rightarrow [0,1] hat folgende Eigenschaften:

  1. F ist monoton steigend.
  2. F ist rechtsseitig stetig.
  3. \lim_{x \to -\infty} F(x) = 0 und \lim_{x \to \infty} F(x) =  1.

Rechnen mit Verteilungsfunktionen

Ist von einer Zufallsvariablen die Verteilungsfunktion bekannt, so kann man die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der die Zufallsvariable Werte zwischen zwei reellen Zahlen annimmt:

P(a<X \leq b) = P(X \leq b) - P(X \leq a) = F(b) - F(a)
Beispiel

Beim Würfeln errechnet sich die Wahrscheinlichkeit eine Zahl zwischen 3 und 5 einschließlich zu würfeln zu

P(2 < X \leq 5) = F(5) - F(2) = {5 \over 6} - {2 \over 6} = {3 \over 6} = {1 \over 2}.

Überlebenswahrscheinlichkeit

Beschreibt die Verteilungsfunktion F(t) die Wahrscheinlichkeit das Auftreten eines Defektes in einem System zum Zeitpunkt t, dann erhält man die Wahrscheinlichkeit für das einwandfreie Funktionieren (Überleben) über t hinaus

P(X>t) = 1 - F(t)\, ,

wobei X den Zeitpunkt des Defektes (oder Todes) bezeichnet.

Bezieht man sich nicht auf den Zeitpunkt 0, sondern auf einen späteren Zeitpunkt t0 > 0, dann erhält man die bedingte Überlebenswahrscheinlichkeit

P(X>t_{0}+t|X>t_{0}) = \frac{1 - F(t_{0}+t)}{1 - F(t_{0})}.

Mit der Beziehung für die Überlebenswahrscheinlichkeit ergibt sich sofort eine Beziehung für die Restlebensdauer


\begin{align}
F(t+t_{0}|t_{0}) & = P(X\leq t+t_{0}|X>t_{0})\\
&= \frac{P(X\leq t+t_{0})-P(X\leq t_{0})}{P(X>t_{0})}\\
&= \frac{F(t+t_{0})-F(t_{0})}{1-F(t_{0})}
\end{align}

Weiteres

  • Zu jeder Funktion F: \mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R} mit den oben genannten Eigenschaften (monoton nicht-fallend, rechtsseitig stetig, Grenzwerteigenschaften) existiert genau eine Verteilung PF über (\mathbb{R}, \mathbb{B}), das F die zu PF gehörige Verteilungsfunktion ist. In der Literatur wird dieser Sachverhalt manchmal Korrespondenzsatz genannt[2].

Alternative Definition

Gelegentlich wird in der Literatur die Verteilungsfunktion mit echt-kleiner statt mit kleiner-gleich definiert,[3] also

F(x) = P(X < x),\quad x\in\R

Bei stetigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen stimmen beide Definitionen überein; bei diskreten Verteilungen unterscheiden sie sich darin, dass bei der „echt-kleiner“-Definition die Verteilungsfunktion an den Sprungstellen nicht rechtsseitig, sondern linksseitig stetig ist. Beispielsweise ergibt sich für die Binomialverteilung die Verteilungsfunktion bei der „kleiner-gleich“-Definition als

P(X \le x) = \sum_{k=0}^{\lfloor x \rfloor}{n \choose k}p^k (1-p)^{n-k},

bei der „echt-kleiner“-Definition hingegen als

 P(X < x) = \sum_{k=0}^{\lceil x-1 \rceil}{n \choose k}p^k (1-p)^{n-k} .

Im Prinzip sind aber beide Definitionen gleichwertig.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Robert B. Ash: Real Analysis and Probability. Academic Press, New York 1972. ISBN 0-12-065201-3. Definition 5.6.2.
  2. Schmitz, N Vorlesungen über Wahrscheinlichkeitstheorie, Teubner, 1996
  3. z.B. Marek Fisz: Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Elfte Auflage, Berlin 1989, Definition 2.2.1, Seite 51.

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