Kupieren

Kupieren
Vordergrund: ohrkupierter Boxer, Hintergrund: schwanzkupierter Boxer

Unter Kupieren (französisch: couper = abschneiden) versteht man das operative Entfernen (Amputation) von einigen Schwanzwirbeln bei Pferden und Hunden, das Kürzen des Schwanzes bei Schafen und Schweinen, die modebedingte Verkleinerung von Ohren bei Hunden, das Verstümmeln von Schnäbeln beim Geflügel, das Enthornen von Rindern sowie das Entfernen von Katzenkrallen und Stimmbändern. Angeborene Verkürzungen des Schwanzes fallen hingegen nicht unter den Begriff und werden als Brachyurie bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Pferde

Fahrpferden (siehe auch Fahrsport) und manchen anderen Pferden wurden früher regelmäßig die Schweifrüben kupiert. Es gilt oder galt vor allem bei schweren Pferderassen zum Teil als ästhetisch, weil dadurch ihre massive und aufgrund der Muskeln „gespalten“ wirkende Kruppe („Spaltkruppe“) betont wurde.

Daneben wird und wurde zum Teil das Argument angeführt, das Kupieren verringere die Gefahr, dass bei Fahrpferden Leinen eingeklemmt wurden. Allerdings wurde Warmblüter-Pferderassen, die als Fahrpferde eingesetzt wurden, fast nie die Schweifrübe kupiert, ohne dass es zu Komplikationen gekommen wäre. Zudem erfüllt das Kurzschneiden der Schweife teilweise den gleichen Zweck wie das Kupieren und kann - vor allem wenn es mit dem zeitintensiveren Einflechten der Schweifhaare kombiniert wird - das Einklemmen von Leinen ebenso verhindern. Tatsächlich wird heute selbst bei wettbewerbsorientierten Fahrprüfungen nur ca. 20 % der (unkupierten) Pferde der Schweif eingebunden, ohne das es zu Probleme mit den Leinen kommt.[1] Zeitgründe sollten für diesen geringen Anteil keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen, da Flechten oder Einbinden von Schweifen und Mähnen beispielsweise in Spring- und Dressurprüfungen durchaus üblich sind.

In verschiedenen Ländern der EU ist das Kupieren – außer in Fällen medizinischer Notwendigkeit – trotz Widerstands mancher Züchter inzwischen verboten und gilt als Tierquälerei. Dazu gehören Deutschland (§ 6 Tierschutzgesetz; zuvor bereits Verbote in den 1930er Jahren),[2] Österreich (Tierschutzgesetz (TSchG) § 7, BGBl. I Nr. 118/2004 idF BGBl. I Nr. 35/2008)[3] und die Schweiz (Tierschutzverordnung, 2. Kapitel: Tierhaltung und Umgang mit Tieren, 3. Abschnitt: Verbotene Handlungen, Art. 21.a).[4] Pferde mit kupierten Schweifen dürfen auf Schauen der Verbotsländer, einschließlich der Körvorstellungen, oft nicht mehr vorgestellt werden. Die Durchsetzung der Verbote ist jedoch nicht immer sichergestellt. So war in einer Körung in den Niederlanden noch im Jahr 2004 trotz Verbotes nur ein einziger von ca. 90 Hengsten nicht kupiert. Aus Belgien ist hingegen bekannt, dass Züchter nach dem Verbot im Jahr 2002 zunächst noch versuchten, ihre Fohlen für das Kupieren ins benachbarte Frankreich zu schicken, weil das Kupieren dort legal und Tierärzte willig waren, die angebliche medizinische Notwendigkeit zu bestätigen; die Fohlen wurden jedoch nicht auf belgischen Schauen zugelassen.[1]

Schweine

abgebissener Schwanz; Grund für das Kupieren von Schweinen

In der Massentierhaltung werden, um Kannibalismus bei zu engen Haltungsbedingungen vorzubeugen, die Schwänze von Zuchtschweinen nach wenigen Lebenstagen ohne Narkose kupiert. Dies geschieht durch das Abzwicken des Schwanzes mittels einer Zange. Gemäß § 5 Tierschutzgesetz (Deutschland) ist in Deutschland für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln eine Betäubung nicht erforderlich. Der Eingriff darf nur durch einen Tierarzt oder eine in Tierschutzaspekte eingewiesene mit Schweinen umgehende Person erfolgen. Bei älteren Tieren muss eine Narkose oder eine Verwendung schmerzstillender Mittel erfolgen.[5]

Geflügel

Hahn mit kupiertem Schnabel

In der heutigen Massentierhaltung kommt es bei den Tieren zu ausgeprägtem kannibalistischen Verhalten. Dem wird dadurch begegnet, dass dem Geflügel die Schnäbel so stark kupiert werden, dass sie gerade noch in der Lage sind, Futter und Wasser aufzunehmen. Nach § 6 TierSchG ist dies in Deutschland erlaubt, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass den Tieren ohne Kupieren größerer Schaden droht.

Katzen

Das Entfernen der Krallen von Katzen ist in verschiedenen Ländern der EU verboten und gilt als Tierquälerei.

Rinder

Rinder mit kupierten Hörnern

Das übliche Enthornen von Rindern im Alter von einem Jahr ist gesetzlich erlaubt, obwohl immer wieder darauf hingewiesen wird, dass die Hörner für das Rind eine wichtige Funktion besitzen (Herdenverhalten, Rangordnung, Milchqualität) und das Enthornen Auswirkung auf die gesamte Physis des Tieres hat. Diesem entgeht man heute dadurch, dass vermehrt hornlose Rinderrassen gezüchtet werden.

Nach § 6 TierSchG ist es in Deutschland erlaubt, die Schwänze von unter drei Monate alten männlichen Kälbern zu kürzen, wenn belegt wird, dass dies zur Tiernutzung notwendig ist. Ein legitimer Grund ist das Verhindern von Kannibalismus in der Intensivhaltung von Rindern. Bei Vorliegen einer tierärztlichen Indikation, die den Eingriff gebietet, besteht im Einzelfall eine Ausnahme vom Amputationsverbot.

Entfernen der Stimmbänder

Das operative Entfernen der Stimmbänder bei Versuchstieren ist in der EU verboten.

Hunde

Rechtliche Bestimmungen

In vielen Ländern Europas ist das Kupieren bei Hunden mittlerweile verboten, in der Schweiz seit 1997, in Deutschland seit 1987 (Ohren) und 1998 (Schwanz), in Österreich seit 2000. Ausnahmen sind Amputationen aus medizinischer Indikation (z. B. Tumore, Schwanzabriss) oder in Deutschland bei jagdlicher Nutzung nach § 6 TierSchG. Dieses Kupierverbot gilt auch dann, wenn der Eingriff in den Ländern durchgeführt wird, wo dies noch erlaubt ist. In die Schweiz und einige andere europäische Länder dürfen kupierte Hunde auch nicht mehr eingeführt werden (Ausnahmen sind Kurzbesuche von Ausländern, ein Nachweis der Amputation infolge medizinischer Indikation oder nachweisliches Kupieren vor Inkrafttreten der Bestimmungen).

Das Kupieren der Ohren eines Dobermann fügt dem Tier langanhaltende Schmerzen zu, die nicht auf einem vernünftigen Grund beruhen. Die Maßnahme ist deshalb tierschutzwidrig und strafbar. Dies gilt auch dann, wenn der Eingriff an den Ohren nicht in Deutschland, sondern im Ausland vorgenommen wurde, wo dies noch erlaubt ist. Denn wer seinen Hund nur deshalb kurzfristig ins Ausland bringt, um dort die Ohren kupieren zu lassen, macht sich strafbar, weil der Hund die Schmerzen nicht nur unmittelbar beim Eingriff hat. Diese Schmerzen dauern vielmehr noch mehrere Wochen während der Nachbehandlung (2-4 Wochen) an. Ein vernünftiger Grund für das Kupieren der Ohren liegt im Sinne des Tierschutzgesetzes nicht vor (AG Neunkirchen, Az. 19.536/93).

Kupieren der Rute

Für das Kupieren der Rute werden von Befürwortern verschiedene Gründe angeführt. Zum Beispiel soll bei kurzhaarigen Rassen ein Verletzungsrisiko vermieden werden durch Anschlagen des von Fell nur ungenügend gepolsterten Schwanzes. Jagdlich geführten Hunden soll bei der Arbeit im dichten Holz eine höhere Beweglichkeit ermöglicht werden, deshalb darf dieser Eingriff bei solchen Tieren auch heute noch durchgeführt werden. Eine kupierte Rute benachteiligt den Hund aber in Sachen Gesten der Verständigung und bei der Bewegung wie beim Lauf durch Kurven, bei Sprüngen usw. Das Kupieren der Rute bei Hunden ist in Deutschland laut § 6 des TierSchG, bis auf die in Absatz 1a und 1b genannten Ausnahmen, verboten.

Das Kupieren der Rute bei Hunden wird in einem Alter von 1-3 Tagen vorgenommen, heutzutage meist unter Vollnarkose. Durch wissenschaftliche Untersuchungen wurde die Behauptung widerlegt, dass die Hunde keine Schmerzen hätten (wenn dies ohne Narkose durchgeführt wird). Danach empfinden neugeborene Hunde Schmerzen wesentlich stärker als ausgewachsene Hunde.[6] Bei dem Eingriff wird die Haut zirkulär mit einem Skalpell eingeschnitten und zurückgezogen und der Schwanz wird zwischen den Wirbeln gekappt. Ein Vernähen ist in der Regel nicht notwendig, da sich die Wunde innerhalb kurzer Zeit verschließt, wird aber heutzutage oft gemacht. Bei älteren Hunden ist das Kupieren des Schwanzes ein weitaus aufwendigeres Operationsverfahren. Es bedarf neben einer adäquaten Schmerz- oft auch einer auf den Eingriff folgenden Antibiotikatherapie.

Bei einem anderen Verfahren bewirkt ein straffes Gummiband das Absterben der Rute. Diese Methode wird von vielen englischen Züchtern angewendet. Das Gummiband unterbricht die Blutzufuhr zum Rutenende hin und führt so zur Bildung einer Gangrän. Nach zwei bis drei Tagen fällt der abgestorbene Teil der Rute ab.

Kupieren der Ohren

Kupiertes Ohr bei einem American Staffordshire Terrier

Das Kupieren der Ohren wird in der Regel im Alter von 7-14 Wochen durchgeführt. Dies erfolgt in Vollnarkose. Dabei wird das Ohr in einer Metallklemme („Kluppe“) eingeklemmt. Diese gibt die spätere Form des Ohres. Vor dem Einklemmen in der Kluppe müssen die Ohren genauestens abgemessen werden, damit gleichgroße Ohren geschnitten werden. Nachdem das Ohr beschnitten wurde, werden die Ränder vernäht, damit sich ein Wundrand bildet. Die Ohren werden dann unter Spannung über den Kopf des Hundes mit Klebeverband befestigt, damit sich die Wundränder nicht zusammenziehen können und somit die neue Form der Ohren zerstört wird. Nach dem Eingriff sollte aufgrund der Infektionsgefahr eine adäquate Antibiotikatherapie durchgeführt werden und postoperativ eine angemessene Schmerztherapie.

Nach einer Woche werden dann die Ohren für mehrere Wochen bis Monate in einem Gestell, welches auf dem Kopf platziert wird, eingespannt oder mittels Tampons hochgeklebt. Dies ist notwendig, da der Knorpel des Ohres nicht hart genug ist, um das Ohr in aufrechter Position zu halten. Dieser Vorgang ist zum Teil langwierig, wenn das Ohr nicht adäquat kupiert wurde.

Aufgrund von falsch angelegten Kluppen, zu lang oder zu schmal geschnittenen Ohren oder unsachgerecht durchgeführtem Hochbinden gibt es manchmal Schwierigkeiten. Es kann passieren, dass entweder nur ein Ohr steht oder beide Ohren nicht zum Stehen kommen. In solchen Fällen sind erneute Korrekturoperationen notwendig, wie z. B. das Einsetzen von Silikonstäbchen in das Ohr zur Stabilisierung, ebenso werden Muskelstraffungen am Kopf oder Hautentfernungen durchgeführt.

Ausstellungsverbot

Seit 2002 gilt beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) ein Ausstellungsverbot für Hunde aus dem In- und Ausland, deren Ohren nach dem 1. Januar 1987 kupiert wurden oder deren Rute nach dem 1. Juni 1998 amputiert wurde.

Belege

  1. a b Eberhard Holin. Ein Elend ohne Ende? Das Kupieren bei Kaltblut-Pferden. Teil 2 - Kupieren heute. Auf welsh-pony.de (abgerufen 23. Oktober 2008)
  2. § 6 Tierschutzgesetz, auf den Seiten des Bundesministeriums des Innern (abgerufen 23. Oktober 2008)
  3. Tierschutzgesetz (TSchG) § 7, BGBl. I Nr. 118/2004 idF BGBl. I Nr. 35/2008 (pdf-Datei; abgerufen 23. Oktober 2008)
  4. Tierschutzverordnung. 2. Kapitel: Tierhaltung und Umgang mit Tieren, 3. Abschnitt: Verbotene Handlungen, Art. 21.a. Stand 1. September 2008 (abgerufen 23. Oktober 2008)
  5. Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen.
  6. Erhardt W, Henke J, Haberstroh J: Anästhesie und Analgesie beim Klein- und Heimtier. Schattauer Verlag, Stuttgart, New York, 2004,371 ISBN 3-7945-2057-2

Weblinks


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  • Kupieren — (frz.), schneiden, abschneiden; (Wein) verschneiden; (Pferden und Hunden) den Schwanz stutzen; die Weiterentwicklung einer Krankheit in ihren ersten Anfängen hemmen (Abortivkur; s. Abortiva); im Kartenspiel: abheben, auch s.v.w. stechen; in der… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • kupieren — kupieren:1.⇨abschneiden(1)–2.⇨beschneiden(1) …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • kupieren — Vsw per. Wortschatz fach. (19. Jh.) Entlehnung. Entlehnt aus frz. couper schneiden in verschiedenen technischen Bedeutungen; dieses zu frz. coup Schlag, Streich .    Ebenso nndl. couperen, nfrz. couper, nschw. kupera, nnorw. kupere; Coup. ✎ Brunt …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • kupieren — ku|pie|ren 〈V. tr.; hat〉 1. abschneiden, lochen, knipsen 2. aufhalten, unterdrücken (Krankheit) 3. 〈Kart.〉 abheben ● Schwanz, Ohren eines Rassehundes kupieren stutzen, kürzen; der Hund ist gut, schlecht, nicht kupiert [<frz. couper… …   Universal-Lexikon

  • kupieren — ku|pie|ren 〈V.〉 1. einen Hund, ein Pferd kupieren Schwanz u. (od.) Ohren stutzen; oV 2. eine Fahrkarte kupieren lochen, knipsen 3. Wein kupieren verschneiden 4. eine Krankheit kupieren in den ersten Anfängen unterdrücken 5. Karten kupieren… …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • kupieren — ku·pie·ren; kupierte, hat kupiert; [Vt] ein Tier / etwas kupieren den Schwanz und die Ohren (eines Hundes, eines Pferdes o.Ä.) kürzer schneiden ≈ stutzen …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Kupieren (Begriffsklärung) — Unter Kupieren (französisch: couper = abschneiden) versteht man im Allgemeinen etwas abzuschneiden, kürzen oder zu stutzen. Im Speziellen versteht man darunter das operative Entfernen beispielsweise von Schwanzwirbeln bei Hunden, siehe Kupieren… …   Deutsch Wikipedia

  • kupieren — kupi̲e̲|ren [aus frz. couper = schneiden, abschneiden]: verkürzen, eine Krankheit im Anfangsstadium unterdrücken, sie zum Stillstand bringen, sie an ihrem normalen Ablauf hindern …   Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke

  • kupieren — ku|pie|ren <aus fr. couper »(ab)schneiden«, altfr. couper, wohl eigtl. »die Spitze abschlagen«, dies zu spätlat. cuppa »Becher«>: 1. a) abschneiden; b) lochen, knipsen. 2. durch Schneiden kürzen, stutzen …   Das große Fremdwörterbuch

  • kupieren — ku|pie|ren <französisch> ([Ohren, Schwanz bei Hunden oder Pferden] stutzen; Medizin im Entstehen unterdrücken) …   Die deutsche Rechtschreibung

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