Kurt Flasch

Kurt Flasch

Kurt Flasch (* 12. März 1930 in Mainz) ist ein deutscher Philosophiehistoriker, spezialisiert auf die Philosophie der Spätantike und des Mittelalters. Unter anderem befasste er sich eingehend mit dem Werk des Augustinus von Hippo, Dietrich von Freiberg, Meister Eckhart und Nikolaus von Kues.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Flasch besuchte von 1936 bis 1940 die Volksschule in Mainz-Kastel, von 1940 bis zum Abitur im Sommer 1949 das Realgymnasium Mainz. Er studierte vom Herbst 1950 bis Januar 1952 Philosophie an der Albertus-Magnus-Akademie in Walberberg bei Bonn (von 1925 bis 1975 Sitz der Philosophisch-Theologischen Hochschule der deutschen Dominikanerprovinz Teutonia bzw. der Dominikaner in Deutschland), ab Sommersemester 1952 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Philosophie, Geschichte, Gräzistik und Germanistik. Hier wurde er auch im Jahr 1956 unter Johannes Hirschberger (Erstgutachter) und Max Horkheimer (Zweitgutachter) promoviert und 1969 habilitiert. Von 1970 bis 1995 war Flasch Ordinarius für Philosophie im Philosophischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Rufe auf andere Lehrstühle in Wien und Freiburg im Breisgau während dieser Zeit lehnte er ab, hielt aber zahlreiche Gastvorlesungen, unter anderem an der Sorbonne in Paris.

Flasch verfasste und verfasst stimulierende Gesamtdarstellungen der mittelalterlichen Philosophie im Ganzen wie auch von Denkerpersönlichkeiten im Einzelnen, wobei er – so nicht wenige Kritiker – in der Auswahl der berücksichtigten Autoren teilweise einseitig verfährt und daher in der Setzung der Interpretationsakzente nicht unumstritten ist. Unbestrittene Verdienste besitzt seine (weitestgehend redaktionelle) Herausgabe der Werke von Dietrich von Freiberg, Berthold von Moosburg und anderer Autoren im Corpus Philosophorum Teutonicorum Medii Aevi, das von 1977 an im Felix Meiner Verlag, Hamburg, erschien. Die sich deutlich an Nietzsche anlehnende, dezidiert christentumskritische Sicht der intellektuellen Entwicklungen in der europäischen Philosophie fasste Flasch im WS 1994/95 in seiner Bochumer Abschiedsvorlesung „Warum ich nicht mehr Christ sein kann“ zusammen.

Einige bedeutende Akademien führen ihn als Mitglied, so zum Beispiel die Accademia Nazionale dei Lincei, die älteste noch bestehende Akademie der Welt, deren Mitgliedschaft die höchste akademische Ehre ist, die in Italien vergeben werden kann. Aber auch der Accademia Toscana de Scienze e Lettere und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gehört er an. Letztere verlieh ihm im Jahr 2000 den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa. Im Jahr 2009 erhielt Flasch den Hannah-Arendt-Preis[1] sowie die Ehrendoktorwürde der Universität Basel[2]. 2010 wird er mit dem Lessing-Preis für Kritik[3] sowie mit dem Essay-Preis Tractatus ausgezeichnet.

Werke (Auswahl)

  • Aufklärung im Mittelalter, 1989
  • Augustin. Einführung in sein Denken. Reclam, Stuttgart 1980, 3. Aufl 2003 ISBN 3-15-009962-5
  • Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Macchiavelli Reclam, Stuttgart 1986, ISBN 3-15-008342-7
  • Eva und Adam. Wandlungen eines Mythos. C.H. Beck Verlag, München 2005, ISBN 3-406-52763-9
  • Das philosophische Denken im Mittelalter. 2. erw. Aufl. Reclam, Stuttgart 2001.
  • Dietrich von Freiberg. Philosophie, Theologie, Naturforschung um 1300. Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-465-03301-1
  • Die geistige Mobilmachung. Die deutschen Intellektuellen und der Erste Weltkrieg. Ein Versuch. Alexander Fest Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-8286-0117-0
  • Kampfplätze der Philosophie. Große Kontroversen von Augustinus bis Voltaire. Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-465-04055-2
  • Meister Eckhart. Die Geburt der „Deutschen Mystik“ aus dem Geist der arabischen Philosophie. C.H. Beck Verlag, München 2006, ISBN 3-406-54182-8
  • Meister Eckhart. Philosoph des Christentums, Verlag C.H. Beck, München 2010 ISBN 978-3-406-60022-7
  • Nikolaus von Kues. Geschichte einer Entwicklung. Vorlesungen zur Einführung in seine Philosophie. Frankfurt am Main (3) 2008, ISBN 978-3-465-04059-0 [Rezension: Th. Ricklin in: NZZ, 23. März 1999]
  • Ordo dicitur multipliciter. Eine Studie zur Philosophie des 'ordo' bei Thomas von Aquin. Diss. phil. masch. Frankfurt a. M. 1956 (dort Anhang: „Lebenslauf“, der bis dahin die o.g. Daten enthält)
  • Philosophie hat Geschichte. Band 1: Historische Philosophie. Beschreibung einer Denkart. Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-465-03267-5
  • Philosophie hat Geschichte. Band 2: Theorie der Philosophiehistorie. Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-465-03431-7
  • Über die Brücke. Mainzer Kindheit 1930–1949. H. Schmidt Universitätsdruckerei, Mainz 2002, ISBN 3-935647-13-1
  • Vernunft und Vergnügen. Liebesgeschichten aus dem Decameron. C.H. Beck Verlag, München 2002, ISBN 3-406-48959-1
  • Was ist Gott? Das Buch der 24 Philosophen, Lateinisch-Deutsch, erstmals übersetzt und ediert von Kurt Flasch; Verlag C. H. Beck, München 2011 ISBN 978-3-406-60709-7
  • Was ist Zeit? Augustinus von Hippo. Das XI. Buch der Confessiones. Historisch-philosophische Studie. Text - Übersetzung - Kommentar. Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-465-03374-4

Literatur

  • Vittorio Hösle: Wie soll man Philosophiehistorie betreiben? Kritische Bemerkungen zu Kurt Flaschs philosophiehistorischer Methodologie. In: Philosophisches Jahrbuch 111 (2004), 140-147.
  • Gustav Seibt: Die leibliche Begabung zur Geschichte. Zum 80. Geburtstag von Kurt Flasch, dem urbansten philosophischen Schriftsteller Deutschlands, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 59 vom Freitag, 12. März 2010, S. 13.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://derstandard.at/fs/1250003510796/Hannah-Arendt-Preis-an-Kurt-Flasch
  2. http://www.unibas.ch/index.cfm?uuid=269CA8153005C8DEA330291E01EBAA62&&IRACER_AUTOLINK&&
  3. http://derstandard.at/1256745224084/Lessing-Preis-fuer-Kritik-2010-an-Kurt-Flasch

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