- Animieren
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Animation (von lat. animare, „zum Leben erwecken“) ist im engeren Sinne jede Technik, bei der durch das Anzeigen von Einzelbildern für den Betrachter ein bewegtes Bild geschaffen wird. Die Einzelbilder können gezeichnet, im Computer berechnet, oder sie können fotografische Aufnahmen sein. Bei der Wiedergabe einer solchen Sequenz mit ca. 24 Bildern pro Sekunde entsteht beim Betrachter die Illusion einer annähernd flüssigen Bewegung. Dies hat aber auch zur Folge, dass ein 90 Minuten langer Film aus 129 600 Einzelbildern besteht und dementsprechend der Aufwand für die Erstellung hoch ist.
Die Animation analysiert die in der Natur gefundenen Bewegungen, setzt sie aber nicht nur 1:1 in der Synthese um, sondern bietet auch die Möglichkeit diese verzerrt oder mit verändertem Timing umzusetzen, um dramatische oder komische Effekte zu erzielen.
Der größte Teil der weltweiten Animation wird für den Trickfilmbereich produziert, für Kino oder Fernsehen, zur Unterhaltung oder Werbung. Daneben existiert der Bereich der bewegten Visualisierung in Naturwissenschaft, Architektur, Design, oder Lehre.
Inhaltsverzeichnis
Klassische Animationstechniken
Von Anfang an Teil der Filmgeschichte, wurden Animationstechniken ständig weiterentwickelt und sind bis heute gebräuchlich. Dabei hat jede Technik ihre eigene Ästhetik hervorgebracht. Die Entscheidung für eine bestimmte Animationstechnik wird heute vor allem unter kommerziellen Gesichtspunkten getroffen, wodurch der Großteil sämtlicher Trickproduktionen entweder Zeichentrick oder 3D-Computeranimation ist, weil diese beiden Techniken sich am besten für industrielle Produktion mit vielen spezialisierten Arbeitsabläufen eignen. Alle anderen Techniken werden hauptsächlich im Kurzfilm, in der Werbung und an Filmhochschulen verwendet. Sie erfordern auch eher eine künstlerische Herangehensweise und eine zentrale Person im Arbeitsablauf.
Stop Motion oder Objektanimation
- Puppentrickfilm
- Hier werden Puppen innerhalb eines Bühnenbildes in kleinen Schritten von Bild zu Bild verändert, damit sie sich im fertigen Film flüssig bewegen. Üblicherweise besitzen die Puppen ein Skelett mit schwergängigen Gelenken, damit sie die Pose, in die der Animator sie biegt, auch beibehalten.
- Beispiele: Das Sandmännchen oder Tim Burtons The Nightmare Before Christmas.
- Claymation (sog. Knetfigurenfilm)
- Die Figuren bestehen aus Knetgummi oder Ton, in neuerer Zeit teilweise auch mit auswechselbaren Plastikteilen (z. B. für Mundbewegungen).
- Beispiele: Nick Parks Chicken Run – Hennen rennen oder Pingu.
- Brickfilm
- Hier werden sämtliche Figuren und Kulissen aus Legosteinen zusammengesetzt.
- Pixilation
- Bei Pixilation werden Schauspieler genauso einzelbildweise abgefilmt wie Objekte.
- Beispiel: Norman McLarens A Chairy Tale.
- Collagefilm (auch Objekttrick genannt)
- Hier werden beliebige Materialien unter der Kamera zu Bildern zusammengesetzt.
- Beispiele: die Filme Jan Švankmajers.
Marionettenfilme und Handpuppenfilme (wie die Muppet Show) gehören nicht hierzu, da diese und ihre Bewegungen in Echtzeit abgefilmt werden.
2D-Animation
- Zeichentrickfilm
- Das Ausgangsmaterial der Einzelbilder sind viele Zeichnungen, die sich Bild für Bild voneinander unterscheiden und, in der richtigen Reihenfolge auf Film aufgenommen, eine flüssige Bewegung erzeugen. Diese werden heutzutage üblicherweise eingescannt und digital weiterbearbeitet. Die Zeichnungen können aber auch direkt von der Kamera aufgenommen werden, und es kann nicht nur mit Bleistift auf Papier gezeichnet werden, sondern jede zeichnerische oder malerische Technik ist möglich. In der einfachsten Version sind dies Strichmännchen, wie sie gern für Daumenkinos benutzt werden. Als „Stick Figure Theatre“ waren Strichmännchenparodien von Kinoklassikern ein Bestandteil der 80er-Jahre MTV-Show Liquid Television, heute werden sie oft als Vektoranimation in Flash oder anderen Programmen erstellt.
- Sand-auf-Glas-Animation
- Auf einen Leuchttisch wird Sand gestreut, der im Bild schwarz erscheint. Mit der Hand oder mit Werkzeugen wird der Sand einzelbildweise bewegt, was sehr weiche Formen und Bewegungen erzeugt und sich besonders gut für das Morphen eignet.
- Beispiele: Filme von Ferenc Cakó oder Caroline Leaf.
- Nadelbrettanimation
- Diese spezielle Technik wurde von Alexandre Alexeieff entwickelt. Tausende von Nadeln, die dicht an dicht in einem Brett stecken, können hineingedrückt oder herausgezogen werden. Von der Seite beleuchtet erzeugen ihre Schatten ein Bild ähnlich einer Gravur.
- Öl-auf-Glas-Animation
- Ähnlich der Sand auf Glas Animation wird auf einem Leuchttisch gearbeitet. Mit Ölfarbe wird direkt auf das Glas gemalt. Die Farbe bleibt lange weich, kann weggewischt, übermalt und mit Werkzeugen bearbeitet werden. Die Ergebnisse stehen in ihrer Farbwirkung der echter Ölbilder kaum nach.
- Beispiele: Filme von Aleksandr Petrov oder Jochen Kuhn.
- Zeichnen oder Kratzen direkt auf Film
- Mit Folienstift oder -farbe wird direkt auf blankes Filmmaterial gezeichnet oder mit Nadel bzw. Messer auf schwarzes Filmmaterial gekratzt. Die Resultate sind meist sehr grob und wackelig. Auch der Tonstreifen kann direkt bearbeitet werden, was zu kratzenden und knisternden Geräuschen führt.
- Beispiele: Norman McLarens Blinkity Blank oder Lines Vertical, Szenen aus Hideaki Annos Neon Genesis Evangelion.
- Kinoxen oder Rotoskopie
- Vorhandenes Realfilmmaterial wird auf eine Mattscheibe projiziert und Bild für Bild abgezeichnet.
- Beispiel: Filme von Max Fleischer (Gulliver), Georges Schwizgebel oder Richard Linklater.
- Legetrickfilm (auch Flachfigurenfilm genannt)
- Ausgeschnittene Formen, meist Körperteile (wie bei einem Hampelmann), werden unter der Kamera zurechtgelegt.
- Beispiele: die Animationen von Terry Gilliam in den Filmen von Monty Python. – Die Serie South Park bedient sich zwar der Legetrick-Ästhetik, wird aber komplett mit einem Computerprogramm für 3D-Animation produziert.
- Scherenschnittfilm
- Eine Sonderform des Flachfigurenfilms, bei der die Elemente wie beim Schattenspiel nur als dunkle Silhouetten erkennbar sind.
- Beispiele: die Filme von Lotte Reiniger.
Experimentelle Animation
Hierunter fallen alle übrigen Techniken, wie Zeitmanipulationen (Zeitlupe und Zeitraffer), das Erstellen von Animationen aus vorhandenem, recyceltem Filmmaterial (Found Footage), ein großer Teil des Abstrakten Films, aber auch (noch) namenlose Trends und Moden der Motion Graphic, wie sie in Werbung und TV-Design aktuell eine große Rolle spielen.
Computeranimation
Heutzutage sind Ästhetik und Produktionsweise nicht mehr so fest miteinander verknüpft wie früher. Daher entstehen viele 2D-Animationen mittels spezieller Software ganz oder teilweise im Computer, oder das in klassischer Manier aufgenommene Material wird digitalisiert und im Computer weiterbearbeitet. Seit etwa 1980, als sowohl Vorlagen eingescannt werden konnten als auch die entstehenden Datenmengen technisch handhabbar wurden, erfährt diese Technik eine rasante Entwicklung und kommerzielle Erfolgsgeschichte. Die aus dem CAD entstandene CGI-Technik ermöglichte es schließlich, auf jegliche digitalisierte Vorlage zu verzichten und sämtliche Bildobjekte komplett im Rechner zu erzeugen. Grundlage sind oftmals Vektordaten der Objekte in zwei oder drei Dimensionen. Informationen über das Aussehen und die Bewegungen sämtlicher Objekte werden zusammengefügt, bis schließlich jedes nötige Einzelbild berechnet und in der gewünschten Bildauflösung gerendert werden kann.
Unter Fachleuten wird seit der Oscar-Nominierung von Happy Feet gestritten, ob Filme, in denen die Bewegungen ihrer Figuren ausschließlich mittels Motion Capture erzeugt wurden, überhaupt als Animationsfilme gelten, oder vielmehr zu Marionetten- und Handpuppenfilmen gehören. Allerdings sind alternative Eingabemöglichkeiten für Bewegungen von CGI-Figuren schon lange in Gebrauch, vorzugsweise solche, die sich aus der Puppenspieltechnik herleiten.
Im Zusammenhang mit der Animation am Computer unterscheidet man prinzipiell zwischen zwei Techniken: Keyframe-Animation und Bild-für-Bild-Animation. Bei der Keyframe-Animation (oder auch Schlüsselbild-Animation) werden Werte der zu animierenden Objekteigenschaften zu bestimmten Zeitpunkten in der Animationssoftware festgelegt (=Keyframes). Die Objektwerte für die zwischen den Keyframes liegenden Zeitpunkte werden mit Hilfe mathematischer Interpolation von der Animationssoftware berechnet. Bei der Bild-für-Bild-Animation werden die Einzelbilder wie in einem Daumenkino einzeln erstellt.
Animation in der Lernpsychologie
In der Lernpsychologie ist Animation im weiteren Sinne ein Verfahren der Wissensvermittlung, bei dem dafür geeignete Inhalte multimedial aufbereitet und in festgelegtem zeitlichem Ablauf dem Lernenden präsentiert werden. Der Ursprung dieser Methode liegt zum einen in den bewegten Grafiken von Lehrfilmen, zum anderen in den vorgeführten Experimenten, zum Beispiel von Lehrern im Unterricht.
Animierte Bilder haben gegenüber statischen Repräsentationen den Vorteil, Veränderung explizit abbilden zu können. Sie stellen jedoch auch hohe Verarbeitungsanforderungen an die Lernenden. Daher sollten Sie mit Bedacht eingesetzt und auf Sachverhalte beschränkt werden, die tatsächlich von einer bewegten Darstellung profitieren. Häufig werden jedoch selbst solche Medienbestandteile animiert und damit effekthascherisch überbetont, die dafür weitestgehend ungeeignet sind, wie zum Beispiel Texte.
Nach den Gestaltungskriterien für Multimedia nach R. Mayer sollten Animationen eher mit gesprochenem als geschriebenem Text begleitet werden (Modalitätsprinzip). Der Kommentar sollte dabei zeitlich nah zum kommentierten Abschnitt der Animation präsentiert werden (Kontiguitätsprinzip; zeitliche Kontiguität).
Literatur
- Harold Whitaker, John Halas: Timing for Animation. ISBN 0240517148
- Ollie Johnston, Frank Thomas: The Illusion of Life: Disney Animation. ISBN 0786860707
- Mayer, R. E. (2001). Multimedia Learning. New York: Cambridge University Press. ISBN 0521787491
Siehe auch
Weblinks
- History of Animation (engl.)
- Disney's 12 principles of animation (engl.)
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