Kurzspeicherkapazität

Kurzspeicherkapazität

Die Kurzspeicherkapazität ist laut einem Modell der so genannten „Erlanger Schule der Informationspsychologie“ das eigentliche physikalische Maß der Intelligenzunterschiede. Die Kapazität des „Arbeitsspeichers“ C des menschlichen Kurzzeitgedächtnisses (gemessen in Bit) ist das Produkt aus der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit S (in Bit pro Sekunde) und der Gedächtnisspanne D in Sekunden, also

C (Bit) = S (Bit/sec) x D (sec)

Gegenüber dem Intelligenzquotienten (IQ), der eine relative Größe ist, die auf den Median einer bestimmten Bevölkerung bezogen ist, besitzt C den Vorzug, eine absolute Größe zu sein.

Dem Physiker Helmar Frank (der zu dieser Thematik 1962 sein erstes Buch vorlegte) war in seiner Dissertation die Aufgabe gestellt worden, über das Problem nachzudenken, wie viel Information ein Mensch bei einer komplexen Kunstdarbietung, etwa bei einem Bühnenbild, überhaupt aufnehmen und gedanklich verarbeiten kann und wie viel einfach vorbeirauscht. Frank kam dabei auf die Idee, die Durchlassfähigkeit unseres Verstandes, aber auch seine Lernfähigkeit in Analogie zu der Theorie von Claude Shannon als eine Kanalkapazität zu begreifen, und er gelangte auf diese Weise zur Definition der Kurzspeicherkapazität.

Auf dieser theoretischen Grundlage entwickelte der Psychologe Siegfried Lehrl den Kurztest der Allgemeinen Intelligenz (KAI), bei dem die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit als Lesegeschwindigkeit gemessen wird. Andere Forscher messen die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit als Wahlreaktionszeit zwischen einfachen Handlungsalternativen.

Die Kurzspeicherkapazität und damit der IQ sollen in Zusammenhang stehen mit der Energie-Spektraldichte des EEG bei evozierten Potentialen und mit dem Energiestoffwechsel des Gehirns.

In standardisierten Tests haben Personen mit einem IQ von 130 eine Kurzspeicherkapazität von 140 Bit, mit einem IQ von 112 von 105 Bit und mit einem IQ von 94 von 70 Bit. Aus solchen Daten lässt sich erkennen, dass die Kurzspeicherkapazität im Unterschied zum IQ nicht auf die Gaußsche Normalverteilung normiert ist. Stattdessen weist sie eine logarithmisch-normale Verteilung auf.

Literatur

  • S. Lehrl, A. Gallwitz, L. Blaha und B. Fischer: Geistige Leistungsfähigkeit. Theorie und Messung der biologischen Intelligenz mit dem Kurztest KAI. Ebersberg: Vless 1992, 2. Aufl. ISBN 3-88562-041-3.
  • P.Kline: The handbook of psychological testing, darin: The BIP, S.639

Weblinks


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