König Saul

König Saul

Nach der Bibel war Saul (hebr. שאולŠā’ûl oder Sha'ul - „der Erbetene“) um 1000 v. Chr. der erste König Israels. Bisher gibt es keinerlei außerbiblische Zeugnisse für die Existenz dieses Stammesfürsten oder Königs, die zeitlich genaue Fixierung seiner Regierungszeit ist ebenfalls extrem schwierig.

Inhaltsverzeichnis

Biblisches Zeugnis

Saul, der Sohn des Kisch aus Gibea im Gebiet des Stammes Benjamin, markiert mit seiner Herrschaft den Übergang von einem losen Zusammenschluss einzelner Stämme Israels zu einem festgefügten Staat. Zwar trat er wie die charismatischen Richter vor ihm in einer kritischen Situation als politisch-militärischer Führer in Erscheinung, legte aber im Gegensatz zu ihnen sein Mandat anschließend nicht nieder.

Die biblischen Erzählungen zu Saul finden sich im 1. Buch Samuel (1 Sam 9-31 EU). Danach schlug er die Ammoniter in einer offenen Feldschlacht und befreite damit die von ihnen belagerte Stadt Jabesch in Gilead. Dieses Gebiet scheint zu seinem Stammesgebiet gehört zu haben, denn die Leute von Jabesch begruben später seinen Leichnam und die seiner Söhne „unter einem Tamariskenbaum“ (1 Sam 31,11-13 EU). In der Siegesfreude wurde er anschließend auf der alten Kultstätte Gilgal durch das Volk zum König gewählt und nach 1 Sam 10,1 EU vom Propheten Samuel zum König und zum Messias gesalbt. Dies führte zu einer Gegenreaktion der Philister, die seinerzeit die starke Macht der Küstenstädte und der fruchtbaren Ebene verkörperten. Saul konnte sich trotz zahlreicher Kämpfe nie entscheidend gegen diesen Gegner durchsetzen und vereinte vor allem die Stämme des nördlichen Berglandes (Ephraim), des Ostjordanlandes Gilead und zeitweise auch das Gebiet der großen Städte in der Jesreel-Ebene, sowie des davidischen Stammesgebietes Benjamin und Juda.

Er residierte in seinem Heimatort Gibea und begann mit der Schaffung staatlicher Strukturen, die aber erst von seinen Nachfolgern erfolgreich ausgebaut werden konnten. Unter anderem baute er ein kleines, stehendes Söldnerheer auf und ordnete die Vertreibung von Totenbeschwörern und Wahrsagern an. Im kultisch-religiösen Bereich kam es mehrfach zu Unstimmigkeiten mit dem Propheten Samuel, der ihn zunächst zum König gesalbt hatte, ihn schließlich jedoch im Auftrag Gottes verwarf.

Saul wurde von seinem Sohn Jonathan unterstützt, und auch David, der Krieger aus dem südlichen Bergland konnte bald die Anerkennung des Königs gewinnen und wurde sein Schwiegersohn. Allerdings neidete Saul nach der Bibel seinem Schwiegersohn zunehmend dessen Erfolge und Beliebtheit.

Rembrandt: David spielt Harfe vor Saul.

In seinen depressiven Stimmungen wähnte er sich einerseits von Jonathan und David, andererseits von Samuel bedroht. Nach 1 Sam 16-26 EU trachtete er David wiederholt nach dem Leben. Dabei fiel er selbst zweimal in dessen Hand. Der spätere Thronfolger schonte jedoch das Leben Sauls.

Nach mehreren Scharmützeln und Kämpfen besiegten seine ständigen Widersacher, die Philister, das Heer Israels schließlich beim Gilboa-Gebirge. Dort stürzte sich der König in sein eigenes Schwert, um nicht lebend in die Hände der Feinde zu fallen. Die Philister hängten ihn und Jonathan an den starken Mauern Beth-Scheans auf (2 Sam 31,10 EU). Sein Erbe trat sein Sohn Ischbaal an, der allerdings von Männern Davids (angeblich gegen dessen erklärten Willen) ermordet wurde.

Nach 1 Sam 28 EU zeigte sich Saul am Ende seines Lebens nicht gottesfürchtig, da er vor seiner letzten Schlacht die Hexe von Endor aufsuchte, obwohl das Gesetz den Israeliten dies klar verbot. Der aus dem Scheol gerufene Geist des bereits verstorbenen Propheten Samuel bestätigte nur die bereits erfolgte Verwerfung Sauls und kündigte seinen Tod in der bevorstehenden Schlacht an. Gefasst ging Saul schließlich in den Tod und zu Samuel in den Scheol.

Historischer Hintergrund

Das erstarkende Stammeskönigtum des Saul und seiner Söhne im Norden bedrohte die Handelswege der Ägypter und die stärkeren Städte der Ebene und des Küstengebietes, so dass es zunächst durch die Philisterdekapolis um Gat bekämpft und schließlich durch den Feldzug des Pharao Scheschonk zerschlagen wurde. Alle in seiner Siegesstele genannten Orte des Kernlands des Stammesgebietes Sauls wurden - wie archäologische Befunde belegen - im 10. Jahrhundert zerstört und aufgegeben. [1]

Von Kritikern werden die Episoden um David und Saul, die vermutlich an alte Heldensagen anknüpfen, als davidische Propaganda aus der Zeit angesehen, als David bereits das Haus Sauls bei den Nordstämmen beerbt hatte,[2] oder als Umdeutungen aus noch späterer Zeit, als das Deuteronomistische Geschichtswerk entstand.

Tatsächlich hatte wohl David mit seinen Leuten die Gunst der Stunde genutzt, sich teilweise mit den Philistern aktiv oder passiv verbündet und nach Sauls Untergang seinen Machtbereich nach Norden ausgedehnt. Von Jerusalem aus errichtete er ein neues Königtum. Obwohl die Bibel versucht, die hehren Absichten Davids und den göttlichen Segen zu betonen, gibt es in ihr noch etliche Spuren des alten Zwistes zwischen dem Norden (Israel) unter Saul und den südlichen Bergstämmen (Juda) unter David.

Musikalische Bearbeitung

Oratorium Saul von Georg Friedrich Händel.

Quellenangaben

  1. Vgl. Israel Finkelstein / Neil A. Silberman: David und Salomo. München 2006, S. 57ff.
  2. Eugen Drewermann bezeichnet diese Berichte als „die nachgereichten Darstellungskünste priesterlicher Hofschreiber“, (Das Königreich Gottes in unserer Seele. Predigten über die Bücher Samuel und Könige. München/Zürich 1999, S.106.)

Literatur

  • Walter Dietrich: Die Herrschaft Sauls und der Norden Israels. In: Cornelis G. den Hertog u. a. (Hrsg.): Saxa loquentur. Studien zur Archäologie Palästinas / Israels. Ugarit-Verlag, Münster 2003, S. 39-59. ISBN 3934628346
  • Georg Hentschel: Saul. Schuld, Reue und Tragik eines Gesalbten. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2003. ISBN 3-374-02044-5 (Gestalten der Bibel, Bd 7).
  • David Wagner: Geist und Tora. Studien zur göttlichen Legitimation und Delegitimation von Herrschaft im Alten Testament anhand der Erzählungen über König Saul. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2005. ISBN 3-374-02272-3 (Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte, Bd 15).
  • Israel Finkelstein, Neil A. Silberman: David und Salomo. C.H.Beck, München 2006. ISBN 3-406-54676-5
  • Klaus-Peter Adam: Saul und David in der judäischen Geschichtsschreibung. Studien zu 1 Samuel 16 – 2 Samuel 5. Mohr Siebeck, Tübingen 2007. ISBN 978-3-16-148932-7 (Forschungen zum Alten Testament, Bd 51).

Weblinks



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