Leihmutter

Leihmutter

Eine Leihmutter (selten auch als „Surrogatmutter" bezeichnet) ist eine Frau, die für die Dauer einer Schwangerschaft ihre Gebärmutterverleiht“, um anstelle einer anderen Frau ein Kind zur Welt zu bringen.

Inhaltsverzeichnis

Varianten

Reproduktionsmedizinisch gibt es dafür folgende Möglichkeiten:

  1. Der Embryo, der das genetische Potential der bestellenden Eltern hat, kann der „Tragemutter“ implantiert werden. Die genetische Mutter, die den Auftrag gegeben hat, wird später die soziale, die „Sorgemutter“ sein. Die soziale Mutter und die gebärende Frau sind verschiedene Personen.
  2. Die „Tragemutter“ kann mit dem Sperma des Mannes des auftraggebenden Paares inseminiert werden. Dann sind genetische und austragende sowie gebärende Frau identisch, die soziale Mutter ist „lediglich“ die Frau des genetischen Vaters.

Deutschland

In Deutschland verbietet das im Januar 1991 in Kraft getretene Embryonenschutzgesetz (ESchG) jegliche ärztliche Leistung bei Leihmutterschaften, nicht bestraft wird das Vorgehen der Leihmutter oder die den Auftrag erteilenden Personen.[1] Diese ärztlichen Handlungen sind Straftaten und werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet, § 1 Abs. 1 ESchG. Die Vermittlung von Leihmüttern ist in Deutschland nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz gesetzlich verboten.

Innerhalb der Europäischen Union ist die Rechtslage jedoch unterschiedlich – in diesem Zusammenhang hat das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht eine Tabelle zur Übersicht herausgebracht.[2]

Zivilrechtlich stellt sich die Frage, wer als Mutter des Kindes gilt, falls es trotz bestehender Verbote zu einer Leihmutterschaft kommt. In Deutschland regelt dies der 1997 neu eingefügte § 1591 BGB: Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.

Die in § 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG legaldefinierte Bezeichnung Ersatzmutter (Eine Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen) ist jedoch in der deutschen Umgangssprache nicht üblich.

Andere Länder

Erlaubnis (Auswahl)

In Russland[3] und in den Vereinigten Staaten[4][5] sind Leihmutterschaften unter anderem für homosexuelle Paare möglich und werden in Anspruch genommen. Auch in Belgien[6] und Griechenland sind Leihmutterschaften erlaubt.[2] Ebenso sind im Vereinigten Königreich, Israel, in Australien, Spanien und in den Niederlanden Leihmutterschaften erlaubt.

Russland

Die Leihmutterschaft über IVF, darunter auch kommerziell, ist in Russland rechtmäßig,[3] dabei ist sie praktisch für alle interessierten Erwachsenen verfügbar.[7] Es muss eine bestimmte medizinische Indikation zur Leihmutterschaft geben: Mangel der Gebärmutter, Deformierung der Gebärmutterhöhle oder -hals, Synechia der Gebärmutterhöhle, somatische Erkrankungen als Gegenanzeige gegen Schwangerschaft, wiederholte fehlgeschlagene IVF-Versuche, wenn die eingepflanzten Embryos höher Qualität zu keiner Schwangerschaft führten.[3]

Das erste russische Leihmutterschafts-Programm wurde 1995 im Institut für Geburtshilfe und Gynäkologie in St. Petersburg erfolgreich realisiert.[8] Die öffentliche Meinung im Land ist leihmutterschafts-freundlich; es kommen häufig die Fälle vor, dass z.B. ein berühmter Sänger bzw. eine prominente Geschäftsfrau die Leihmutterschaft offen in Anspruch nimmt und eine ganz positive Berichterstattung bekommt.

Einige russische Frauen, wie z. B. Jekaterina Zacharowa,[8] Natalija Klimowa,[9] Lamara Keleschewa,[10] sind durch die postmortalen Leihmutterschafts-Programme Großmütter geworden, d.h. ihre Enkel wurden nach dem Tod ihrer Söhne In-Vitro gezeugt.

Die Registrierung der durch die Leihmutterschaft geborenen Kinder ist vom Familiengesetzbuch der Russischen Föderation (Art. 51-52) und Föderalen Gesetz zu Akten des Zivilstandes (Art. 16) geregelt. Dazu wird eine Einwilligung der Leihmutter gefordert. Außer der Einwilligung ist weder Adoption noch Gerichtsurteil erforderlich. Der Namen der Leihmutter wird niemals auf der Geburtsurkunde des Kindes erwähnt.

Im Gesetz gibt es keine Voraussetzung, dass das Kind zu wenigstens zu einem Wunschelternteil genetisch verbunden sein soll.

Die Kinder, die von nicht verheirateten heterosexuellen Paaren oder Single-Wunscheltern durch Leihmutterschaft über IVF abstammen, werden im Einklang mit Analogie de Jus (Art. 5 des Familiengesetzbuches) registriert. Dazu kann ein Gerichtsurteil benötigt werden. Am 5. August 2009 hat das St. Petersburger Gericht den Streit um die Frage, ob eine Single-Frau eine Leihmutterschaft auftragen darf, definitiv gelöst und das Standesamt genötigt, die 35-jährige Single-Wunschmutter Natalja Gorskaja als Mutter von ihrem durch Leihmutterschaft geborenen Sohn einzutragen.[7]

Am 4. August 2010 hat das Moskauer Gericht beschlossen, dass ein Single-Mann, der ein Leihmutterschafts-Programm unter Einsatz von gespendeten Eizellen aufgetragen hat, als einziger Elternteil seines Sohns registriert werden darf; somit ist er der erste Mann in Russland geworden, der sein Recht auf Vaterschaft durch Gerichtsprozess verteidigt hatte.[11] Der Namen der Leihmutter wurde auf die Geburtsurkunde nicht eingetragen, der Vater galt als einziger Elternteil. Danach wurden noch viele identische Urteile im Bezug von Single-Männern, die durch Leihmutterschaft Väter geworden sind, von russischen Gerichten gefallen. Somit können alle Single-Eltern, unabhängig von ihrem Geschlecht bzw. ihrer sexuellen Orientierung, ihren Kinderwunsch in Russland erfüllen.

Liberale Gesetzgebung macht Russland für Fortpflanzungstouristen ein attraktives Reiseziel, wo viele Repro-Medizin-Techniken erlaubt sind. Wunscheltern begeben sich nach Russland für Eizellenspende aufgrund des fortgeschrittenen Alters oder ihres Familienstandes (Single-Frauen und -Männer) oder wenn eine Leihmutterschaft in Frage kommt. Ausländer haben die selben Rechte für assistierte Fortpflanzung wie russische Bürger. Im Laufe von 3 Tagen nach der Geburt erwerben die Wunscheltern die russische Geburtsurkunde mit den beiden Namen darauf. Genetische Beziehung zum Kind (im Fall der Spende) macht keinen Unterschied.[12]

Komplette Koordination und rechtliche Begleitung der Leihmutterschafts-Programme und Spende-Programme werden in Russland u.A. von der Moskauer Agentur „Rosjurconsulting“ angeboten.

Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich sind Leihmutterschaften durch das Gesetz über menschliche Befruchtung und Embryologie seit 2008 erlaubt.[13]

Ukraine

Seit 2002 ist die Leihmutterschaft, sowie die Leihmutterschaft in Kombination mit Ei-/Samenspende in der Ukraine legal. Leihmutterschaft ist offiziell durch Paragraf 123 des Familienrechts der Ukraine und die Richtlinie 771 des Gesundheitsministeriums der Ukraine geregelt. Nach dem Gesetz hat ein Spender oder eine Leihmutter keine elterlichen Rechte. Das geborene Kind ist rechtlich das Kind der zukünftigen Eltern.

Charkiw[14] war das erste Zentrum in der Ukraine, in dem ein Leihmutterschaftsprogramm realisiert wurde.

Frankreich

In Frankreich ist 2008 ein Gesetzentwurf zur Erlaubnis von Leihmutterschaften im Senat befürwortet worden.

Georgien

Seit 1997 ist in Georgien die Leihmutterschaft und Sperma- oder Eizellspende gesetzlich zugelassen. Laut diesem Gesetz besitzt der Spender oder die Leihmutter kein Elternschaftsrecht. Nach georgischer Gesetzgebung wird bereits in der Geburtsurkunde nur das auftraggebende Paar als Eltern registriert. Diese rechtliche Festlegung geschieht auch dann, wenn Spermien und Eizellen nicht vom auftraggebenden Paar, sondern von fremden Spendern stammen. Die Geburtsurkunde wird innerhalb eines Tages nach der Geburt des Kindes ausgestellt. Die Leihmutter wird in der Geburtsurkunde nicht eingetragen. Somit unterscheidet sich die Geburtsurkunde des Kindes, das durch Leihmutterschaft geboren wurde, nicht von den Urkunden anderer Kinder. Zur Eintragung des Paares in der Geburtsurkunde des Kindes ist die Zustimmung der Leihmutter nicht erforderlich. Für die Registration des Paares als Eltern des Kindes sind folgende Unterlagen erforderlich: durch das Paar abgeschlossener Vertrag über die Leihmutterschaft, durch die Klinik für In-vitro-Befruchtung ausgestellte Bescheinigung über die Übertragung des Embryos in die Gebärmutter der Leihmutter und durch die Entbindungsklinik ausgestellte Bescheinigung über die Entbindung. Die Prozedur der Ausstellung der Geburtsurkunde ist einfach und es ist nicht erforderlich, dafür einen Anwalt zu nehmen. Nach Erhalt der Geburtsurkunde haben die Eltern jederzeit das Recht, das Kind in ihr Herkunftsland mitzunehmen. Dies gilt jedoch nicht mehr für Deutschland.[15]

Wenn die Spermien vom auftraggebenden Vater, die Eizellen jedoch nicht von der auftraggebenden Mutter stammen, ist zur Eintragung der Frau in die Geburtsurkunde des Kindes die registrierte Ehe des Paares erforderlich. Nur aufgrund der Heiratsurkunde des Paares kann die Frau in die Geburtsurkunde des Kindes als Mutter eingetragen werden.

Indien

In Indien ist die kommerzielle Leihmutterschaft legal;[16] 2008 kam es zu dem Fall des Babys Manji, das nach der zwischenzeitlich erfolgten Scheidung der ursprünglichen Auftraggeber paradoxerweise bereits als Waisenkind auf die Welt gekommen war. Mit der Thematik der Leihmutterschaft in Indien beschäftigt sich der Dokumentarfilm Google Baby.

Japan

In Japan hat die Japanische Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie (日本産科婦人科学会, Nihon sanka fujinka gakkai, engl. The Japan Society of Obstetrics and Gynecology) Oktober 1983 In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer untersagt. 2001 wurde dieser Beschluss auf einer Generalversammlung kollektiv bestätigt.[17] Die Gesellschaft hat jedoch keine Durchsetzungsmöglichkeit dieses Beschlusses. So gab es laut Hiro Netsuya (根津八 紘) zwischen 1999 und 2008 15 Versuche von Leihmutter-Schwangerschaften, 8 davon erfolgreich.[18] Daher hat sich April 2008 der Japanische Wissenschaftsrat für ein prinzipielles Verbot von Leihmutter-Schwangerschaften auf gesetzlicher Basis ausgesprochen.[19]

Kanada

In Kanada sind Leihmutterschaften erlaubt.

Vereinigte Staaten

In den Vereinigten Staaten sind Leihmutterschaften in einigen Bundesstaaten erlaubt, beispielsweise in Kalifornien.[20]

Verbot (Auswahl)

In der Schweiz, in Österreich, in Dänemark und in Schweden sind Leihmutterschaften verboten.[2] In Spanien sind Leihmutterschaften nicht verboten, aber Leihmutterschaftsverträge sind nichtig. Norwegen untersagt die Leihmutterschaft auf seinem Staatsgebiet, duldet jedoch Leihmutterschaft im Ausland, sofern nicht die Leihmutter auf der Geburtsurkunde erscheint.

Verwandte Themen

Quelle

  1. Embryonenschutzgesetz (bei Juris)
  2. a b c Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht (Archivversion) (Archivversion vom 10. Oktober 2010)
  3. a b c Svitnev K. Legal regulation of assisted reproduction treatment in Russia. Reprod BioMed Online. 2010;20:892–894"
  4. WAZ:Immer mehr Frauen in den USA vermieten ihren Bauch
  5. queer Samenbank hat schwule Paare im Visier
  6. Ärzteblatt:Belgien: Leihmutterschaft auch für homosexuelle Paare möglich
  7. a b Svitnev K. Surrogacy and its legal regulation in Russia. Reprod BioMed Online, 2010. Supplement 3. Abstracts of the 5th Congress of the World Association of Reproductive Medicine
  8. a b Geschichte der Leihmutterschaft in Russland
  9. Paternity Beyond the Grave RT (Russia Today TV)
  10. I. Pulya. Posthumous Grandchildren
  11. Moskauer Gericht entscheidet: Single-Männer können Väter durch Leihmutterschaft werden
  12. K. Svitnev. In limbo: legalization of children born abroad through surrogacy. Abstracts of the 26th Annual Meeting of ESHRE, Rome, Italy, 27 June – 30 June, 2010
  13. Queer:GB: Elternschaft von Homos erleichtert
  14. Internationales Zentrum der Leihmutterschaft "La Vita Felice"
  15. http://www.tiflis.diplo.de/Vertretung/tiflis/de/03/Einreise__Visabestimmungen/DD__Leihmutterschaft,property=Daten.pdf
  16. Daily News:India's surrogate mother business raises questions of global ethics (englisch)
  17. 会員へのお知らせ. Nihon Sanka Fujinka Gakkai, 28. Mai 2009, abgerufen am 6. Juni 2009 (japanisch).
  18. 61歳の母親が「孫」代理出産 国内最高齢か. Yomiuri Shimbun, 21. August 2008, abgerufen am 6. Juni 2009 (japanisch).
  19. 代理懐胎を中心とする生殖補助医療の課題 -社会的合意に向けて-. Japanischer Wissenschaftsrat, 8. April 2008, abgerufen am 6. Juni 2009 (japanisch).
  20. Newsweek Magazine:The Curious Lives of Surrogates

Literatur

  • Susanne Benöhr-Laqueur: Leihmutterschaft und Kindesverkauf via Internet: Der Fall "Baby Donna." In: DIE HEBAMME, Band 22, Heft 2/2009, S. 84–87, doi:10.1055/s-0029-1233334
  • Stacy Ziegler: Pathways to Parenthood: The Ultimate Guide to Surrogacy. Brown Walker Press, 2004, ISBN 1-58112-434-1.
  • Zara Griswold: Surrogacy Was the Way: Twenty Intended Mothers Tell Their Stories. Nightengale Press, 2006, ISBN 1-933449-18-7.

Weblinks

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